Er soll eine Invasion von Russen oder Außerirdischen gefürchtet haben und wollte autark leben. Mit Komplizen baute und hortete er Waffen, unter anderem aus Wühlmausfallen. Nun hat das Landgericht Mannheim sein Urteil über einen selbst ernannten „Druiden“ gefällt.

Mannheim - Für einen Zusammenbruch des Staates wollten sie gerüstet sein: Ein selbst ernannter „Druide“ und seine Mitstreiter häuften teils eigens gebaute Waffen, Munition und Sprengstoff an. Am Freitag verurteilte das Landgericht Mannheim den 71-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Zudem muss der Mann wegen Volksverhetzung 130 Tagessätze à zehn Euro zahlen. Er hatte den Holocaust geleugnet und gegen Juden gehetzt. Drei Komplizen hatte das Gericht bereits im Januar zu Bewährungsstrafen verurteilt.

 

„Er war extrem in Gewaltfantasien verstrickt“, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsverkündung. Mehrfach habe der Mann seine staatsfeindliche Gesinnung gezeigt. „Natürlich ist das alles nicht so professionell gewesen, aber es hätte gereicht, um Menschen zu gefährden oder zu töten.“ Neben dem Geständnis wertete das Gericht vor allem zugunsten des Mannes, dass seit den Taten schon viele Jahre vergangen seien und er seither nicht mehr gegen das Waffenrecht verstoßen habe. Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden.

Der Staatsanwalt hatte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten auf Bewährung für den Angeklagten gefordert. Wegen der Volksverhetzung plädierte er auf eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 15 Euro. Die Verteidigung wollte nur eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe für ihren Mandanten sowie 50 Tagessätze à fünf Euro.

Mitarbeiter des LKA demonstriert Waffen

Der 71-Jährige sei Anführer und Galionsfigur gewesen, sagte die Richterin. Anfangs bestand gegen ihn sogar der Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Die Bundesanwaltschaft ermittelte nach einigen Treffen mit möglichen Gesinnungsgenossen an mehreren Orten in Deutschland. Befürchtet wurde nach Ausführungen der Richterin, dass es ihm gelänge, mehrere Leute um sich zu scharen.

Vorausgegangen war dem Urteil eine Verständigung zwischen den Parteien, wonach eine mildere Strafe bei einem Geständnis erfolgen sollte. Das kürzte das Verfahren erheblich ab.

Der Mann mit langen weißen, leicht gelblichen Haaren und ebensolchem Bart gilt als Kopf eines Quartetts, das sich aus Angst vor Anarchie ein Waffenarsenal angelegt hatte. In der Liste der Anklage stehen unter anderem aus Wühlmausfallen hergestellte Schussapparate, Schießkugelschreiber, ein Flammenwerfer, diverse Schusswaffen wie eine halbautomatische Selbstladepistole, eine große Menge Patronen unterschiedlichen Kalibers und 1,4 Kilogramm Schwarzpulver.

Ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg demonstrierte in der Verhandlung mehrere der beschlagnahmten Waffen. Sie alle könnten tödlich sein, betonte der Experte.

Der Szene der „Reichsbürger“ zugerechnet

Seiner Darstellung zufolge war der vorbestrafte Angeklagte schon länger im Visier. Ein Bundeswehrsoldat habe den „Druiden“ als Heiler aufgesucht und nach einer angebotenen Waffe und fragwürdigen Aussagen die Polizei alarmiert. Fachleute hätten die Kommunikation des Mannes überwacht, Telefongespräche mitgehört und ihn observiert. Auch habe ein verdeckter Ermittler ein Waffengeschäft eingefädelt.

Bei einer Razzia 2017 schlugen die Einsatzkräfte dann zu, nahmen die Männer fest und durchsuchten unter anderem das Anwesen des „Druiden“ im Rhein-Neckar-Kreis sowie von Komplizen etwa in Rheinland-Pfalz.

Der aus dem nordhessischen Grebenstein stammende Hauptbeschuldigte soll versucht haben, auf einem Campingplatz in Sachsen-Anhalt für den Fall einer von ihm befürchteten Invasion etwa von Russen oder Außerirdischen autark zu leben. Der Senior war auch wegen rassistischer und antisemitischer Äußerungen angeklagt.

Er wird der Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zugerechnet. Diese leugnen nach Angaben des Verfassungsschutzes die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und anderen Staatsbediensteten die Legitimation ab und verstoßen immer wieder gegen geltende Gesetze.

Extremistisches Milieu wächst deutlich an

Der Angeklagte habe ein Staatsgebilde aus Stämmen schaffen wollen, sagte der LKA-Beamte. Unter anderem habe der 71-Jährige gesagt, die Bundesrepublik Deutschland sei eine Firma, Bürgermeister solle man hängen, die Polizeichefs aufsuchen und „dass es da mal krachen müsse“. Auch attestierte er dem Mann „ausgeprägten Judenhass“.

„Der überwiegende Teil dieser extremistischen Szene pflegt den Verschwörungsmythos einer politischen Elite, die zum Ziel des Machterhalts die vermeintliche Wahrheit unterdrückt“, teilte ein Sprecher des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg mit.

Allein im Südwesten gehen die Experten von etwa 3300 Personen in der Szene aus, die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern seit Ende 2016 beobachten. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes ist dieses extremistische Milieu zuletzt deutlich angewachsen.