Sie gaben vor, Stromverträge zu vermitteln. Tatsächlich haben die drei Männer ältere Menschen in deren Wohnungen bestohlen. Ein Täter hat gestanden.

Stuttgart - Sie sind jung, sehen adrett aus und können reden ohne Punkt und Komma. Die drei Männer klingeln bei älteren Menschen an der Wohnungstür und lügen, sie würden Strom- und Gasverträge vermitteln. Man könne richtig etwas sparen, behaupten sie. Während einer der „Vermittler“ das Opfer in ein Gespräch verwickelt, stehlen die anderen alles, was wertvoll erscheint.

 

Mit dieser Masche haben zwei Brüder und ein 26 Jahre alter Komplize mehrere ältere Menschen in Stuttgart bestohlen. In einem Fall wurden die Täter massiv gewalttätig. Der 26-Jährige steht jetzt vor dem Landgericht, das Brüderpaar mit spanischem Familiennamen ist flüchtig.

„Sie stellen eine löbliche Ausnahme dar“, sagte Norbert Winkelmann, Vorsitzender Richter der 19. Strafkammer. Der 26-Jährige habe sich etwas Seltenes bewahrt: ein schlechtes Gewissen. Von diesem geplagt war er zusammen mit seinem Arbeitgeber zur Polizei gegangen und hatte sich gestellt. Er hat seine Komplizen benannt und den Fall einer 90-jährigen Frau aus dem April 2018 gestanden, der vom Opfer gar nicht angezeigt worden war. All das fließt positiv in die Urteilsfindung ein.

Opfer erleidet Brüche im Gesicht

Das Trio war mit seiner perfiden Masche von März bis Juni vergangenen Jahres in Stuttgart unterwegs. Rund ein Dutzend ältere Menschen sollen die Täter bestohlen haben. Sie nahmen Bargeld und Schmuck, Uhren sowie Goldmünzen – alles, was sich verscherbeln ließ. Insgesamt sollen die Männer so ungefähr 15 000 Euro erbeutet haben.

Anfang April 2018 suchten die Männer einen 70 Jahre alten Mann an der Reinsburgstraße in der Innenstadt heim. Angeblich wollten sie ihm einen TV-Kabelanschluss verkaufen. Sie stahlen Goldmünzen, die sie für 4750 Euro in Ludwigsburg verkauften.

Dort ist bestimmt noch mehr zu holen, so wohl die Einschätzung der Täter. Also gingen sie am 11. April erneut zu dem 70-Jährigen. Offenbar war der Senior jedoch misstrauisch geworden. Er ließ sich nicht mehr so leicht ablenken. Die Situation geriet außer Kontrolle.

Einer der Brüder schlug den Mann in seiner Wohnung zu Boden, der 26-jährige Angeklagte setzte sich auf die Brust des Opfers, um es bewegungsunfähig zu machen. Die Täter erbeuteten 300 Euro in bar. Der Geschädigte erlitt durch die Schläge mehrere Frakturen im Gesicht.

In einigen Fällen fielen den Kriminellen Bankkarten inklusive Geheimnummer in die Hände. Der Angeklagte wurde gefilmt, als er im Stuttgarter Osten 900 Euro abhob. Insgesamt soll er rund 2800 Euro Beuteanteil bekommen haben.

Der Mann wandert hinter Gitter

„Mit ihrem Geständnis haben Sie es den betagten Opfern erspart, hier als Zeuge auftreten zu müssen“, so Richter Winkelmann. Es sei aber auch klar, dass der von Verteidigerin Jasmin Wanka-Bachmeyer vertretene Angeklagte und seine Komplizen das persönliche Sicherheitsgefühl der Opfer schwer beeinträchtigt hätten. Der Fall des verletzten 70-Jährigen sei besonders schlimm, sagte der Richter. Zwar habe der Angeklagte nicht selbst zugeschlagen, er müsse sich das Tun seines Mittäters aber zurechnen lassen.

Am Ende verurteilte die 19. Strafkammer den Vater einer Tochter, der einst auf der Straße gelebt hat, wegen schweren Raubs, gefährlicher Körperverletzung, Computerbetrugs und wegen schweren Bandendiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten.