Ein Räuber wurde von seiner Vergangenheit eingeholt, obwohl er sich längst ins Ausland abgesetzt hatte. Mit Hilfe der DNA-Spuren wurden die Ermittler in Spanien fündig, jetzt muss sich der Mann vor dem Landgericht Stuttgart verantworten.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Normalerweise können sich Strafgefangene glücklich schätzen, wenn sie ihre Haftstrafe abgesessen haben und sich die Gefängnistore öffnen. Für einen 35-Jährigen ging es nach der Entlassung aus einem spanischen Gefängnis, in dem er wegen Wohnungseinbruchs saß, allerdings wieder hinter Gitter: Er sitzt nun in Deutschland in Untersuchungshaft. Seine DNA-Spuren legen den Verdacht nahe, dass er an einem Überfall auf einen Drogeriemarkt in Stuttgart-Vaihingen beteiligt war – vor zehn Jahren. Aufgrund der ländergrenzenübergreifenden Zusammenarbeit der Polizeibehörden muss sich der Mann seit Mittwoch vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Über seinen Anwalt ließ der Angeklagte, der keine Ausbildung hat, erklären, dass die Vorwürfe im Wesentlichen zuträfen.

 

Im Juli 2006 soll der Angeklagte gemeinsam mit einem Komplizen, dessen Identität völlig ungeklärt ist, gegen Ladenschluss einen Drogeriemarkt in der Nähe des Bahnhofs betreten haben. Der mutmaßliche Mittäter, so der Verteidiger des Mannes, habe eine Spielzeugwaffe gezogen und die Kassiererin damit bedroht, die zur Tatzeit alleine im Geschäft war. Laut Anklageschrift habe der Komplize sie bei dem Raub, bei dem das Duo Bargeld in Höhe von 4200 Euro erbeutet haben soll, in einem Büroraum mit Klebeband gefesselt. Der Angeklagte behauptete jedoch, es selbst gewesen zu sein und auch die Fesselstreifen mit den Zähnen abgebissen zu haben.

Der Komplize ist ein Phantom

Als Begründung für den Überfall nannte der 35-Jährige, dass er dem anderen Räuber Geld geschuldet habe und sich gegen den versprochenen Erlass der Schulden darauf eingelassen habe, bei der Straftat mitzumachen. Vom Diebesgut will der Angeklagte nichts abbekommen haben. Die Wahl des Drogeriemarkts soll spontan erfolgt sein, eine detaillierte Planung des Überfalls habe es im Vorfeld auch nicht gegeben.

Viele Details lassen sich nach so langer Zeit womöglich nicht mehr aufklären. Das vermutet auch ein heute 55-jähriger Hauptkommissar im Zeugenstand, ein breitschultriger Mann von Gardemaß, der den Fall damals als Sachbearbeiter begleitete. „Über den mutmaßlichen Komplizen haben wir überhaupt keine Informationen. Keine Polizeidatenbank spuckt irgendwelche Ergebnisse aus, wenn wir den Namen eingeben, den uns der Angeklagte nannte“, sagt er. Ein Phantom also. Den Mann will der Angeklagte in einem Park kennengelernt haben, als dieser während seines nur einmonatigen Deutschlandaufenthalts obdachlos gewesen sei. Doch die Identität des 35-Jährigen wirft einige Fragen auf: In Spanien und Deutschland firmierte er beispielsweise unter unterschiedlichen Namen, selten war er überhaupt irgendwo gemeldet.

Echtheit der Waffe bleibt ungeklärt

Ebenso gibt es Ungereimtheiten über die Echtheit der Waffe, die im Spiel gewesen sein soll. Das Opfer im Supermarkt will die Waffe als echte erkannt haben, der Angeklagte leugnet dies. Eine Spur von der Waffe gibt es nicht, weswegen auch der Polizeihauptkommissar kaum eine Chance sieht, in diesem Punkt zu einem klaren Ergebnis zu kommen.

Dennoch: Moderne Ermittlungsmethoden und Behördenvernetzung zeigen offenbar Erfolg bei der Strafverfolgung, und das auch noch Jahre nachdem ein Verbrechen begangen wurde. Zumindest wäre der Angeklagte ohne den DNA-Nachweis heute vermutlich auf freiem Fuß.