Im Fall der angeklagten Mutter aus Aspach, die im vorigen Winter ihr vier Monate altes Kind umgebracht haben soll, fordert der Staatsanwalt zwölf Jahre Haft. Der Verteidiger plädiert indes auf Freispruch, weil es Zweifel an der Täterschaft seiner Mandantin geb.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Aspach - Gegensätzlicher hätten am Stuttgarter Landgericht die Plädoyers nicht ausfallen können: Für eine Mutter aus Aspach (Rems-Murr-Kreis), die im vorigen Winter ihr vier Monate altes Kind umgebracht haben soll, forderte der Staatsanwalt wegen Totschlags zwölf Jahre Gefängnis. Er ist davon überzeugt ist, dass die 25-Jährige ihren Sohn mit einem Kissen erstickt hat. Der Verteidiger ist hingegen von der Unschuld seiner Mandantin überzeugt. Der Anwalt zweifelt an der Tatversion des Staatsanwalts und spricht sich für einen Freispruch aus.

 

In dem Fall liegen keine eindeutigen Beweise vor

Tatsächlich liegen in dem Prozess keine eindeutigen Beweise dafür vor, dass die Frau ihr Kind getötet hat. Niemand hat gesehen, wie sie den Säugling umgebracht hat. Zunächst war man in dem Fall von einem plötzlichen Kindstod ausgegangen: Der Vater des Jungen hatte ihn am 12. Februar leblos in dessen Babybett entdeckt. Als der Notarzt eintraf, bestätigte er, dass vermutlich der Herzschlag des Jungen ausgesetzt hat. Doch eine Obduktion brachte Ungereimtheiten ans Licht.

So hatte die Mutter zunächst behauptet, sie habe dem Kind frühmorgens noch ein Fläschchen gegeben. Doch im Magen des Kindes fanden sich nur noch geringe Reste Milch. Da der Rechtsmediziner den Todeszeitpunkt auf den frühen Morgen festlegte, konnte dies nicht zur Fläschchen-Version der Mutter passen. Zudem entdeckte der Sachverständige im Oberkörper des Jungen kleine Einblutungen, die typisch für einen Erstickungstod sind. Kleine Schürfwunden im Gesicht des Kindes deuteten darauf hin, dass ihm jemand ein weiches Kissen auf den Kopf gedrückt hatte. Hinzu kam, dass die Ermittler glaubten, anhand forensischer Spuren nachweisen zu können, dass der Säugling mit einem blauen Kissen erstickt wurde, das am Tatort entdeckt wurde – auf der Unterwäsche des Kindes wurden zahlreiche entsprechende Fasern entdeckt.

Staatsanwalt hat keine Zweifel, dass die Frau die Täterin ist

Der Staatsanwalt geht daher davon aus, dass die 25-Jährige die Täterin ist. Ihre Behauptung, wonach der Vater des Kindes den Säugling getötet habe, sei eine Lüge. Die Angeklagte hat den Mann im Laufe ihrer zahlreichen Befragungen immer stärker belastet und dabei neue Details aufgeführt: Zunächst will sie nur gesehen haben, wie der Mann am Morgen aufgestanden sei. In einer späteren Version erklärte sie, gehört zu haben, wie er das Kind verärgert angebrüllt habe, weil es geschrien habe. Schließlich sagte die Frau aus, dass sie beobachtet habe, wie der Mann den Säugling mit dem Kissen erstickt habe.

Der Staatsanwalt geht indes von einer Kurzschlussreaktion der Frau aus: „Der Junge hat vermutlich geschrien, und Sie haben in einer spontanen Aktion so lange gedrückt, bis er still war.“ Offenbar sei die Frau in dem Moment überfordert und übermüdet gewesen, weil sie zuvor nur drei oder vier Stunden geschlafen hatte.

Verteidiger: Vielleicht ist der Vater der Täter

Der Verteidiger betonte indes in seinem Plädoyer, dass es Zweifel an der Täterschaft der Frau gebe. Selbst in dem Gutachten könne ein plötzlicher Kindstod nicht ausgeschlossen werden. Zudem habe der Vater des Kindes dem Notarzt erklärt, dass er dem Baby am Morgen das Fläschchen gegeben habe. Auch in einem Telefonat mit seiner Ex-Freundin, das abgehört worden war, habe er gesagt, dass er es „morgens gesehen“ habe. In ihrem letzten Wort beteuerte die Angeklagte ihre Unschuld: „Ich habe meinen Sohn geliebt und ihm nichts angetan.“ Das Urteil ergeht am 7. Oktober.