Weil er einem 26-Jährigen in Bad Cannstatt ein Messer in den Rücken gerammt hat, steht ein junger Mann vor Gericht. Hintergrund scheint der Streit um ein Lokal zu sein.

Stuttgart - Ein junger Mann steht vor dem Landgericht Stuttgart, weil er einem Widersacher in einem Lokal in Bad Cannstatt ein Küchenmesser in den Rücken gerammt haben soll. Der 21-jährige Angeklagte stellt den Vorfall als eine Art Nothilfe dar.

 

Auch dieser Schwurgerichtsprozess steht unter den Zeichen der Coronapandemie. Im Landgerichtsgebäude gibt es (noch) keinen Maskenzwang, das Tragen einer Alltagsmaske wird lediglich dringend empfohlen. Im Gerichtssaal sieht es anders aus. Die Richterbank ist durch eine Spuckschutzwand aus Plexiglas geschützt, etliche Sitzreihen im Zuhörerraum sind gesperrt, um den Mindestabstand zu gewährleisten.

Ute Baisch, Vorsitzende Richterin der 1. Strafkammer, geht noch weiter. Sie hat eine Maskenpflicht für die Zuhörer verfügt. Die Prozessbeteiligten sind davon befreit. Und prompt wird ein Zuhörer, der ohne Maske auftaucht, des Saales verwiesen. Ein anderer Zuschauer, der seine Maske nicht ordnungsgemäß über Mund und Nase trägt, wird streng ermahnt. „Beim zweiten Mal lasse ich Ihre Personalien aufnehmen“, so Richterin Baisch – Gerichtsalltag in Coronazeiten.

Angeklagter stellt sich als Opfer dar

Gleich drei Verteidiger hat der junge Angeklagte an seiner Seite. Von dem ihm vorgeworfenen versuchten Totschlag und der gefährlichen Körperverletzung will er nichts wissen. Nach seiner Version des Vorfalls vom 5. November 2019 sind er und seine Freundin die Opfer.

Der Staatsanwalt trägt vor, der 21-jährige Grieche sei mit Nachbarn in Streit geraten. Drei Männer seien an besagtem Tag ins neu eröffnete Lokal des Griechen an der Martin-Luther-Straße gekommen. Es sei zu Tätlichkeiten gekommen. Als die Männer wieder auf dem Weg nach draußen gewesen seien, sei der Angeklagte ihnen gefolgt und habe einem 26-Jährigen mit einem Küchenmesser in den Rücken gestochen. Einen weiteren Stichversuch habe das Opfer abwehren können. Dann sei der Angeklagte um das Auto der Männer herumgelaufen und habe versucht, durch das halb geöffnete Fenster einen anderen der Männer zu stechen. Schließlich sei das Trio weggefahren. Kurze Zeit später nahm die Polizei den Gastwirt fest.

Der Angeklagte holt weit aus bei der Schilderung seiner Version. Über einen Bekannten seines Vaters habe er das Lokal in Bad Cannstatt bekommen. Seit September vorigen Jahres habe er renoviert. Aber über dem neuen griechischen Speiselokal stand offenbar kein guter Stern. Nachbarn aus dem Haus hätten ihm das Leben schwer gemacht. „Die wollten selber das Lokal übernehmen“, sagt er. Auch der Hausverwalter habe ihm einen Stein nach dem anderen in den Weg gelegt. „Der wollte mich raushaben“, so der Angeklagte. Das Ganze gipfelte in gegenseitigen Anzeigen. Trotzdem eröffneten er und seine Freundin ihr neues Lokal am 1. November 2019. Nur fünf Tage später wurde es blutig.

„Meine Freundin hat geblutet“

Nachbarn hätten sich bei ihm über Zigarettenkippen auf dem Boden beschwert, sagt der 21-Jährige. Fünf Minuten später seien fünf oder sechs Männer in sein Lokal gekommen und hätten ihn bedroht. Als er die Polizei rufen wollte, seien sie auf ihn losgegangen und hätten ihn mit Fäusten und Tritten traktiert. Er sei in die Küche ausgewichen und habe gesehen, dass auch seine Freundin geschlagen worden sei. „Sie hat geblutet“, so der 21-Jährige. Er habe ein Messer genommen, um die Männer zu vertreiben. Dabei sei ein 26-jähriger Angreifer ins Messer gefallen. „Ich wollte nur meine Freundin beschützen“, sagt der Angeklagte. Der Prozess wird am 8. Mai fortgesetzt.