Erst Anwalt für Daimler, dann Richter über Daimler – geht das? Ja, meint das Landgericht. Kontakte zwischen Richtern und Vertretern der Autoindustrie seien in Stuttgart weit verbreitet.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Ein Richter des Landgerichts Stuttgart, der früher als Anwalt in einer Großkanzlei auch für Daimler tätig war, darf in der Dieselaffäre weiter über Klagen gegen den Autokonzern entscheiden. Die Kollegen seiner Kammer haben jetzt Anträge von Klägeranwälten abgelehnt, ihn deswegen als befangen abzulösen. Die Anwälte hatten Richter Sebastian S. vorgeworfen, sein Engagement bis 2016 nicht früh oder ausreichend genug offengelegt zu haben. Zugleich sahen sie durch seine Verfahrensführung den Argwohn erhärtet, er agiere im Sinne der Autoindustrie. Zudem hatte S. an einer Entscheidung mitgewirkt, den als industriekritisch geltenden Richter Fabian Richter Reuschle wegen des VW-Fahrzeugs seiner Ehefrau als befangen abzulösen.