Wegen schweren Menschenhandels und Sozialversicherungsbetrugs in Millionenhöhe müssen zwei Männer mehrere Jahre ins Gefängnis.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Stuttgart - Nach einer gut einjährigen Prozessdauer mit insgesamt 72 Verhandlungstagen hat das Stuttgarter Landgericht jetzt zwei Betreiber mehrerer sogenannter Flatratebordelle zu hohen Haftstrafen verurteilt. Die aus Rumänien stammenden Männer, 35 und 38 Jahre alt, müssen wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, Zuhälterei und Sozialversicherungsbetrugs in Millionenhöhe für acht Jahre und sechs Monate, beziehungsweise fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Die beiden Männer gelten als die Köpfe jener Menschenhändlerbande, von der bereits sieben Mitglieder Haftstrafen von bis zu fünf Jahren antreten mussten.

 

Die illegalen Machenschaften der beiden Hauptdrahtzieher lassen sich laut Erkenntnissen der 10. Wirtschaftsstrafkammer bis in das Jahr 2004 zurückverfolgen. Damals hätten die beiden Angeklagten beschlossen, Frauen in Rumänien anzuheuern, um sie in Deutschland als Prostituierte arbeiten zu lassen. Die jungen, zum Teil minderjährigen Frauen, die unter dem Vorwand eines gut dotierten Jobs in der Gastronomie angelockt wurden, mussten für ihre Schleuser, die ihnen gefälschte Papiere besorgten, zunächst in „Fremdbordellen“ anschaffen. Eine Razzia in einem Frankfurter Freudenhaus beendete dieses Arrangement Ende 2005.

Dann eröffnete die Angeklagten im hessischen Schifferstadt ihren ersten eigenen Club, den der Vorsitzende Richter, Claus Benning, als den „Prototyp der späteren Flatratebordelle“ bezeichnete. Zum Tagespreis von 100 Euro hätten die Freier dort „so oft sie wollten oder konnten“ mit den Prostituierten verkehren können, Speisen und Getränke inklusive. Die Frauen hätten dafür einen Wochenlohn zwischen 300 und 700 Euro erhalten. Die Anwerbung in Rumänien übernahmen die beiden Chefs größtenteils selbst, die Frauen wurden in Kleinbussen nach Deutschland transportiert und in einer Heilbronner Wohnung untergebracht.

Auch eine Verurteilung vor dem Frankfurter Landgericht nach einer Razzia im Jahr 2007 habe die Machenschaften nicht unterbinden können. Während der eine der Angeklagten das Geschäft vom Gefängnis aus und während des Freigangs organisierte, setzte sich der andere nach Spanien ab, von wo aus er nicht weniger aktiv war. Über Strohleute wurden vier neue Flatratebordelle eröffnet, darunter auch der Fellbacher „Pussy-Club“ im Rems-Murr-Kreis. Die Frauen mussten jeweils bis zu 60 Männer pro Tag bedienen und bis zu 14 Stunden am Stück arbeiten. Nach einer groß angelegten Durchsuchungsaktion der Polizei in den Etablissements im Jahr 2009 wurden das Geschäftsmodell kurzfristig geändert und unterschiedliche „Gewerbeverantwortliche“ eingesetzt. Doch Telefongespräche, welche die Polizei mittlerweile mithörte, offenbarten die tatsächlichen Strukturen und Hintermänner.

Die beiden Angeklagten seien ohne Zweifel nicht nur die Profiteure sondern auch die Verantwortlichen des Menschenhandelsystems gewesen, sagte der Vorsitzende Richter. Auch wenn man die Tageslöhne der Prostituierten sehr vorsichtig und in dubio pro reo auf 100 Euro schätze, so habe der eine Angeklagte hinsichtlich vorenthaltener Sozialabgaben doch einen Gesamtschaden von 1,8 Millionen Euro zu verantworten, der andere einen von mehr als einer Million. Zwar habe man keinen Fall körperlicher Gewalt nachweisen können, wohl aber habe es massive Drohungen gegenüber den Prostituierten gegeben und ein „übermäßiges Profitstreben der Angeklagten auf Kosten der finanziellen Belange, der Gesundheit und nicht zuletzt der Würde der Opfer“ habe das gesamte Tatgeschehen durchzogen.