Bei der Landtags-AfD arbeitet neuerdings ein Pressereferent, der der Partei andernorts als untragbar galt: Als Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Wiesbadener Rathaus wurde er vor knapp einem Jahr nach nur zwei Wochen entlassen – wegen Hetze im Internet.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Landtags-AfD beschäftigt einen Mitarbeiter, der für hessische Parteikollegen auf einem früheren Posten als untragbar galt. Seit einiger Zeit firmiert der Journalist und Fotograf Klaus-Peter K. als „Pressereferent“ der von Jörg Meuthen geführten Fraktion. Nun wird bekannt: Erst vor einem knappen Jahr hatte K. seinen Job als politischer Referent der Rathaus-AfD in Wiesbaden nach nur zwei Wochen verloren. Die dortige Fraktion trennte sich von ihm, nachdem als hetzerisch eingestufte Äußerungen im Internet bekannt geworden waren.

 

Die Landtags-AfD gibt dazu keinerlei Auskünfte: „Zu persönlichen oder sachlichen Verhältnissen unserer Mitarbeiter äußern wir uns grundsätzlich nicht“, teilte der Geschäftsführer dieser Zeitung mit. Offen ließ er unter anderem, wer über die Einstellung von K. entschieden habe und wie die Vorgänge in Hessen bewertet würden. Da es über den Rauswurf mehrere Medienberichte gab, dürfte dieser in Parteikreisen auch in Baden-Württemberg bekannt gewesen sein.

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Respekt vor dem Gegner in Wiesbaden erwartet

Die Wiesbadener Rathaus-AfD hatte sich Mitte November 2016 einstimmig für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit K. entschieden, der erst Anfang November bei der elfköpfigen Fraktion begonnen hatte. In einer Pressemitteilung begründete sie dies damit, man sei auf „inakzeptable Beiträge im Facebook-Account“ von K. aufmerksam geworden. Fachlich sei man mit seiner Arbeit „sehr zufrieden“ gewesen, auch menschlich habe er sich „stets einwandfrei präsentiert“. Die Trennung nach „intensiver Diskussion“ begründete Fraktionschef Eckhard Müller mit dem Satz: „Für Hass oder Beleidigungen ist absolut kein Platz.“ Dies gelte für Mandatsträger und Mitarbeiter gleichermaßen; vor der Einstellung habe man dies sehr deutlich gemacht. „Basis unserer politischen Linie in Wiesbaden ist Respekt vor politisch Andersdenkenden, auch wenn wir deren politische Positionen inhaltlich teilweise entschieden ablehnen“, wird Müller zitiert.

Zuvor hatte der „Wiesbadener Kurier“ berichtet, die Rathaus-AfD habe einen „extremen Hetzer“ eingestellt. Die Zeitung zitierte ausführlich aus Facebook-Einträgen, in denen sich der Referent höchst abfällig über den Islam, Flüchtlinge oder Spitzenpolitiker der etablierten Parteien äußert. Die Fraktion habe sich mit ihm „ein großes Problem aufgehalst“, so das Blatt.

Merkel und Seehofer als „Verbrecher“ bezeichnet

Ob und inwieweit sich K. heute von den damaligen Beiträgen distanziert, war nicht zu erfahren. Laut Medienberichten hatte er sie bedauert. Ebenso wie die Landtagsfraktion äußerte er sich nicht nach mehreren Anfragen unserer Zeitung. Auf einem Facebook-Profil, das ihm zuzuordnen sein dürfte, finden sich nach wie vor kritische Äußerungen. So schreibt K. im September in einem Kommentar zum Abgang der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel aus einer ZDF-Talkshow mit Blick auf Angela Merkel, Horst Seehofer und Frank-Walter Steinmeier: „Das sind die wahren Verbrecher in diesem Land.“ Den Jahrestag des 11. September kommentiert er mit den Worten: „Heute vor 16 Jahren starben 19 Muslime bei einem tragischen Flugzeugunglück. Denn wie wir alle wissen: Islam ist Frieden . . .“ Der Name des offenbar russland-affinen Mannes ist in dem Facebook-Account in kyrillischer Schrift geschrieben.

Eine Sprecherin des Landtags sagte, K. sei kein Mitarbeiter des Parlaments. Die AfD-Fraktion verfüge wie alle Fraktionen über eigene Mittel, um Mitarbeiter zu finanzieren. Mit wem Verträge abgeschlossen würden, wisse man nicht. Um Mitarbeiter der Landtags-AfD mit zweifelhafter Vergangenheit oder Nähe zum rechten politischen Rand hatte es mehrfach Irritationen gegeben. Fraktionschef Meuthen hatte gesagt, für ihn komme es darauf an, dass die Leute auf dem Boden der Verfassung stünden. Schon bisher fiel es der AfD teilweise nicht leicht, Mitarbeiter zu rekrutieren; mit dem Einzug in den Bundestag dürfte dies noch schwerer werden, weil es viele nach Berlin ziehen dürfte.