Die Koalition von CDU und Grünen hat sich in die neue Legislaturperiode gerettet: Trotz der Wahlpanne in Frankfurt wird ihre Ein-Stimmen-Mehrheit bestätigt. Die Grünen bleiben damit weiterhin vor der SPD.

Wiesbaden - Um 10.59 Uhr ist es endlich so weit: Landeswahlleiter Wilhelm Kanther verkündet in Wiesbaden das korrigierte amtliche Endergebnis der Landtagswahl vom 28. Oktober. Und siehe da, nichts hat sich geändert. Prozentzahlen und Sitzverteilung bleiben trotz der zahlreichen Pannen vor allem in Frankfurt haargenau so, wie am Wahlabend verkündet. Schwarz-Grün hat seine Mehrheit verteidigt und kann weiterregieren, wenn auch nur noch mit einer Stimme Mehrheit im Landesparlament.

 

Grüne bleiben zweitstärkste Partei

Und selbst die Reihenfolge von Grünen und SPD hat sich nicht mehr verändert. Die Grünen bleiben zweitstärkste Kraft mit einem hauchdünnen Vorsprung von jetzt nur noch 66 Stimmen vor den Sozialdemokraten. Damit ist auch die Möglichkeit einer Ampelkoalition vom Tisch. SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, der mit diesem Ziel noch am Vortag ein fünf Stunden langes Gespräch mit FDP und Grünen geführt hatte, nahm nur zwei Stunden nach dem amtlichen Endergebnis anstandslos die Oppositionsrolle an. Es ist zu erwarten, dass sich CDU und Grüne noch am Wochenende auf neue Koalitionsverhandlungen verständigen. Mit einem Angebot zu deren Aufnahme durch den alten und voraussichtlich auch neuen Ministerpräsidenten Volker Bouffier wurde noch für Freitagabend nach einer Sitzung des CDU-Landesvorstands im Wiesbadener Landtag gerechnet.

Der Grünen-Landesvorsitzende Kai Klose wollte sich vor einer parteiinternen Bewertung der Sondierungen noch nicht festlegen, räumte aber ein: „Allzu viele Koalitionsmöglichkeiten gibt es ja jetzt nicht mehr.“ Der einzige, der eine Ampelkoalition noch nicht ganz ausschließen wollte, war überraschend FDP-Fraktionschef René Rock, der die Grünen aufforderte zu entscheiden, ob sie trotz ihres knappen Vorsprungs trotzdem SPD-Mann Schäfer-Gümbel als Regierungschef den Vortritt lassen. Die Wahl des Grünen Tarek Al-Wazir zum Ministerpräsidenten schloss er erneut ebenso aus wie eine Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen, zu der die FDP rechnerisch gar nicht gebraucht würde. Doch fast zeitgleich zu Rocks Statement teilte Schäfer-Gümbel schon sein Bedauern mit, dass das Wahlergebnis eine solche „Reformkoalition“ nicht mehr zulasse und machte damit alle Spekulationen zunichte.

Grüne werden wohl Kultus- und Sozialminister stellen

Alles deutet also jetzt auf die Neuauflage von Schwarz-Grün hin, in der die Rolle der Grünen nach ihrem gewaltigen Stimmenzuwachs erheblich gestärkt ist. Die nur noch eine Stimme Mehrheit im Landtag hatten Bouffier und Al-Wazir schon zuvor als keinen Hinderungsgrund bezeichnet. Es gilt auch als sicher, dass die Partei neben Wirtschaftsminister Al-Wazir und Umweltminister Priska Hinz noch ein weiteres Kabinettsmitglied stellen wird, möglicherweise den Kultus- oder den Sozialminister. Die Koalitionsverhandlungen dürften aber trotzdem nicht ganz einfach sein, weil auch die CDU nach ihren schweren Verlusten um ein schärferes Profil bemüht ist.

Der Landeswahlausschuss billigte nach den vorgenommenen Korrekturen in Frankfurt und mehreren anderen Wahlkreisen einstimmig das von Kanther verlesene amtliche Endergebnis. Der Landeswahlleiter verlas gleich zu Beginn der Sitzung im Gebäude des hessischen Innenministerium eine Erklärung, in der er um Verständnis für die hoch belasteten 50 000 Wahlhelfer in Hessen bat, bei denen – zumal angesichts der Verzögerungen im landesweiten Computersystem – auch Fehler vorgekommen seien. Aus solchen Fehlern müsse man lernen, fügte der Landeswahlleiter hinzu, sie sollten keinesfalls ignoriert werden. Wie bei früheren Wahlen würden Verwechslungen oder Übermittlungspannen ja bis zum offiziellen Endergebnis in den Wahlkreisen oder spätestens auf Landesebene noch korrigiert.

Diesmal nur geringe Abweichungen nach neuer Auszählung

Im Gespräch mit unserer Zeitung sagte Kanther, die Abweichungen vom vorläufigen Ergebnis am Wahlabend seien bei den großen Parteien diesmal sogar geringer gewesen als bei der vorigen Landtagswahl 2013. In der gestrigen Sitzung korrigierte der Landeswahlausschuss nur noch kleinere Zählfehler, die noch nicht im jeweiligen Endergebnis der 55 Wahlkreise schriftlich fixiert waren. Frankfurt war nach den schon vorgenommenen Korrekturen nicht mehr dabei. Die Berichte, dass in der Stadt Wahlzettel über Nacht unversiegelt in den Stimmlokalen liegen geblieben seien, wollte Kanther nicht kommentieren. Ob dies ein Wahlfehler gewesen sei, könne im Einzelfall nur das Wahlprüfungsgericht entscheiden.