Bei der Landtagswahl finden Bayern und die CSU wieder ganz zu sich. Alles super im Freistaat, lautet die Parole Seehofers, während sein Herausforderer Ude verzweifelt um Stimmen kämpft.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Genau zwanzig Jahre sind es gerade her, dass der bayerische Sozialdemokrat Christian Ude seinen größten politischen Sieg landen konnte, und zwar bei der Münchner Stadtratswahl. Knapp 51 Prozent reichten ihm damals, um die Amtskette vom Vorgänger Oberbürgermeister Georg Kronawitter zu übernehmen. Allerdings hatte Ude zuvor alle gerade noch erlaubten Wahlkampfgeschütze auffahren müssen gegen einen gefährlich auftrumpfenden Peter Gauweiler von der CSU. Dem blieben immerhin satte 43 Prozent (auf die er heute noch stolz ist). Aber wie auch immer: die der SPD treue Gemeinde München – eine Ausnahme wie der CSU-OB Erich Kiesl bestätigt die Regel – blieb eine feste Burg.

 

Auch nur entfernt ähnliche Glücksgefühle wie damals werden sich bei Christian Ude, dem Landtagskandidaten, am Sonntagabend sicher nicht einstellen. Wenn es einigermaßen gut geht für die SPD, sollte sie sich bei einem Spitzenwert von zwanzig Prozent einpendeln – was natürlich viel weniger wäre als bei Udes Aufbruch in die Landespolitik allgemein (und vor allem von Ude selbst) erwartet. Mag sein, dass der Kandidat zu früh gestartet ist, durchgehalten hat er recht wacker – und bis zum Ende des Wahlkampfs kein Themenfeld unbeackert gelassen. Man hat sich bemüht.

Horst Seehofer, der bayerische Ministerpräsident, mochte Udes Aktionen einerseits locker ausstehen, wie im harmonieträchtigen Fernsehduell, beziehungsweise aussitzen. Sein zentraler Wahlkampfspot zeigte ihn entspannt auf der Bank eines Wirtshauses mit Plastiktischdecke, Heimwerkerholzwand und Pfefferstaub im Glas neben dem Salzfassl. Einfachstes Bayern. In aller Seelenruhe, legten die Bilder nahe, hatte Seehofer, bevor die Kamera ihm beikam, einen Apfel auf einem Brettl mit dem Messer zerteilt und würde wahrscheinlich auch noch einem Kanten Schwarzbrot zusprechen, bevor er am Schluss einen Schluck Leitungswasser nähme. Seltsames Wirtshaus war das, dachte man, wo einer sich die Äpfel selber schälen muss. Aber schon klar, was ausgesagt werden sollte: Hier schnitzt der Chef, der von ganz unten gekommen ist, noch höchstselbst. Was stimmt.

Der FDP fällt im Wahlkampf nicht viel ein

Bis hin zum vorgelegten „Bayernplan“, der ein paar „Inhalte“ mitteilt („beste Bildung“, „solide Finanzen“), spiegelt die CSU-Kampagne exakt Horst Seehofers Intentionen wider: keine großen Manöver, kein überflüssiges Tamtam – passt alles! Und was noch nicht passend ist – wie die Maut –, wird von Seehofer passend gemacht. Wobei es in diesem Falle hilfreich wäre, wenn Seehofer die absolute Mehrheit heimbrächte. Der Freistaat könnte sich dann wieder mehr Frech- und Freiheiten in Berlin rausnehmen.

Der FDP, immerhin fünf Jahre lang ein zähneknirschend in Kauf genommener Koalitionspartner der CSU (dennoch notorisch totgeschwiegen im Wahlkampf), ist zur eigenen Profilierung hingegen nicht übermäßig viel eingefallen. Das Spitzenpersonal (Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Wirtschaftsminister Martin Zeil) betonen gerne, man sei „dabei gewesen“ und überdies als „Kontrolleur“ im Lande unentbehrlich. Das Bild ist gar nicht mal verkehrt. Die FDP hat sich von der CSU tatsächlich mitunter den Fahrschein zeigen lassen, sie aber auch dann großzügig durchgewinkt, wenn deren Schwarzfahrten (Abgeordnetenaffäre, Fall Mollath etc.) offensichtlich waren. Ja, die FDP war immer dabei beim Regieren, aber auch irgendwie verdammt froh (zu froh!), dass sie das durfte. Erst im finalen Wahlkampf offenbarten die Liberalen, dass sie es gewesen seien, die im freistaatlichen „Saustall“ aufgeräumt hätten: „Was wäre Bayern ohne Gelb?“. Darum wird es gehen: ob die FDP, wie 2008, als selbst hartgesottene CSUler ihr eigenes Personal überhatten, genügend Zweitstimmen zusammenkratzen kann.

Hubert Aiwanger: die unberechenbare Polit-Diva

Dass sie eben dies, nämlich das Zusammenkratzen von Stimmen, noch einmal ernsthaft üben müssten, hätten sich als letzte die Grünen hinter der Spitzenkandidatin Margarete Bause gedacht. Schließlich lag die Partei im Frühsommer in der Wählergunst schon einmal knapp hinter der SPD, mit der sie inhaltlich einiges gemeinsam hat. Geschickt indes hat die CSU die wichtigsten Themen der Grünen wie Energiewende und faires Landwirtschaften okkupiert, sich, wie üblich, inhaltlich bedient – und nun sieht man halt doch auch, dass einer wie der verstorbene Sepp Daxenberger fehlt, den sogar die CSU hofiert hat, weil sie ihn fürchtete – und liebend gerne in ihren Reihen gehabt hätte.

Natürlich drückt auch ein wenig der schlechte Bundestrend auf die Erfolgsaussichten der Grünen im bayerischen Landtag. Noch mehr allerdings wohl das Bekenntnis zu einem möglichen Dreierbündnis mit der SPD und den Freien Wählern (FW), welches als Dreierbündnis allerdings nie bestätigt wurde durch Hubert Aiwanger, dem Freien Wähler schlechthin. Wüsste man’s nicht besser aus den Plenarsitzungen im Münchner Maximilianeum, fragte man sich manchmal, ob es eigentlich außer Aiwanger noch andere Freie Wähler in Bayern gibt? Richtig vorzeigbare jedenfalls nicht. Aiwanger hat nicht nur die Pole, sondern auch das Meinungsmonopol unter den Seinen (was einschließt, dass er zum Beispiel die „Renaissance der Dorfmetzgerei“ betreiben will, ein hehres Ziel). Hauptsächlich jedoch kultiviert er – mit den zehn Prozent von den letzen Wahlen im Rücken – (s)einen Urhass auf die CSU, mag aber doch nicht ausschließen, in die Rolle des Königsmachers zu schlüpfen, sollte Seehofer nicht von alleine auf den Regierungssessel kommen.

Aiwanger ist die eigentliche Diva im Münchner Landtag, wo es am Sonntag immerhin mit großer Sicherheit zur Aufhebung eines Kuriosums kommen wird. Noch nämlich sitzt Horst Seehofer, der nicht vorgesehene Nachrücker beim letzten Mal, als einzig nicht gewählter Abgeordneter, also gewissermaßen als geduldeter Gast, im Maximilianeum. Gewinnt er seinen Wahlkreis, was stark anzunehmen ist, wäre er endlich legitimiert.

Ob es zur Nobilitierung durch die absolute Mehrheit reicht, muss sich dann aber noch weisen.