Die gebeutelte Partei hofft weiterhin, dass zumindest ein Bewerber aus der Landeshauptstadt ins Parlament einzieht. Der letzte SPD-Landtagsabgeordnete ist zehn Jahre her. Die Hoffnungen ruhen vor allem auf zwei prominenteren Namen.

Stuttgart - Irgendwie sitzt die SPD zwischen allen Stühlen. Im Bund regiert sie mit der CDU, im Land mit den Grünen – doch trotz aller Erfolge in bundes- und landespolitischen Sachfragen von der Sozialpolitik bis zur Wohnungsbauförderung ist der Genosse Trend in den Umfragen auf der Flucht. Dazu knabbern die ausländerfeindliche AfD und die sozialpolitisch profiliertere Linke von verschiedenen Richtungen am Rand des sozialdemokratischen Wählerpotenzials. Auch personell erscheinen die Spitzengenossen gegenüber der CDU-Bundes-Mutti Angela Merkel und dem Grünen-Landesvater Winfried Kretschmann ziemlich blass. Und dann noch diese Umfragen, die die SPD näher bei 15 als bei 20 Prozent verorten. „Wir nehmen die Zahlen, die alles andere als erfreulich sind, schon ernst“, sagt Dejan Perc, der Stuttgarter SPD-Chef, „aber unsere Bilanz und der Zuspruch im Wahlkampf sind besser.“

 

Vor fünf Jahren war die SPD landesweit von 25,2 Prozent im Jahr 2006 auf 23,1 Prozent gefallen, in Stuttgart war der Rückgang von 26,4 auf 20,4 Prozent noch heftiger – und manch ein Genosse mag gar nicht daran denken, was die Landeswerte in den Umfragen, die sich um die 17 Prozent herum bewegen, für das Ergebnis in der Landeshauptstadt bedeuten könnten. „Umfragen sind keine Wahlergebnisse“, macht Perc sich und seinen knapp 2000 Mitgliedern in Stuttgart Mut.

SPD möchte Unentschlossene erreichen

Laut diesen Befragungen gebe es noch viele Unentschlossene – und „es gehört zu den klassischen Aufgaben des Wahlkampfs, die Leute zu mobilisieren“. Man werde auf Veranstaltungen und in Haustürgesprächen noch mehr als bisher den persönlichen Kontakt zu den Menschen suchen. Perc hofft, dass die gezielt ausländerfeindlichen Aussagen der AfD-Vertreter gerade im Stuttgarter Gemeinderat „viele Menschen zum Nachdenken“ bringen und zur Wahl der SPD motivieren.

Die Partei müsse aber auch ihre „gute und solide Arbeit“ in der Landesregierung deutlicher herausstellen: „Wir haben vieles von dem, was wir angekündigt haben, umgesetzt“, sagt Perc. Doch das werde zu wenig nach außen getragen. Dazu gehöre auch die S-21-Volksabstimmung, nachdem das Bahnprojekt, das – von der SPD-Führung unterstützt, von nicht wenigen an der Basis aber abgelehnt – die Partei gespalten und nicht unwesentlich zum Aufschwung der Grünen in der Landeshauptstadt und dem zeitgleich erfolgten Niedergang der SPD beigetragen hat. Insofern blickt Perc auch mit Spannung darauf, ob die Grünen erneut drei der vier Direktmandate in Stuttgart holen und die CDU nur eines erobert.

Man hofft auf von Wartenberg und Gaßmann

Für seine eigene Partei wünscht sich Perc, dass „wir unsere Erfolge nicht kleinreden“. Personell decke die Stuttgarter SPD wichtige sozialdemokratische Themen ab: Arbeit, Digitalisierung, Integration, Bildungs- und Wohnungspolitik. Dafür schickt man Stefanie Brum (Wahlkreis Stuttgart I), Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht, als neues Gesicht ins Rennen sowie den erfahrenen Ex-Stadtrat und Vertriebsingenieur Ergun Can (WK Stuttgart II). Zudem treten Marion von Wartenberg (WK Stuttgart III), Staatssekretärin im Kultusministerium, an und Rolf Gaßmann (WK Stuttgart IV), Ex-Landtagsabgeordneter sowie Vorsitzender des Stuttgarter Mietervereins und des Landesmieterbunds. Mit deren Themen verknüpft Perc auch die Hoffnung, dass es zumindest ein Kandidat des Kreisverbands, der 60 000 Euro für den Wahlkampf aufbringt, in den Landtag schafft: von Wartenberg und Gaßmann werden die besten Chancen eingeräumt. Entscheidend wird sein, dass sie besser abschneiden als andere SPD-Bewerber im Regierungsbezirk, um ein Zweitmandat zu ergattern.

Grün-Rot soll fortgesetzt werden

Am grundsätzlichen Wahlziel lässt Perc keine Zweifel. „Wir kämpfen für Grün-Rot“, sagt er. Mit den Grünen gebe es nicht nur die größte Schnittmenge, auch in der Bevölkerung werde eine Fortsetzung des Bündnisses favorisiert – wiewohl Perc fragend anmerkt, warum dies in den Umfragen nicht zu einer Stärkung der SPD führe. Vom Koalitionspartner wünsche er sich aber schon, dass auch „die Grünen so eindeutig wie die SPD sagen, mit wem sie koalieren wollen.“ Wenn dem Kreisvorsitzenden Zweifel kommen, dann betrifft es die Lage der SPD in Baden-Württemberg. Im Bund sei die Partei in den Umfragen stabil, nur im Südwesten gebe es diese Tendenz nach unten. „Wir müssen uns der Aufgabe widmen, wie wir unsere Politik vermitteln und nach außen vertreten“, fordert er. Doch jetzt habe der Wahlkampf Vorrang.

Seit 2006 kein Stuttgarter Sozialdemokrat im Landtag

Ausgangslage
: Bei der Wahl im März 2011 holte die SPD in Stuttgart 20,4 Prozent – ein historisches Tief. Und das, nachdem sie schon 2006 ein Minus von fast zehn Prozentpunkten auf 26,4 Prozent erleiden musste. Keiner der vier Stuttgarter Kandidaten schaffte es 2011 in den Landtag. Der Kreisverband hat etwa 1900 Mitglieder.

Abgeordnete:
Im Bundestag sitzt für die Stuttgarter SPD die stellvertretende Kreisvorsitzende Ute Vogt, die in Berlin Vizefraktionschefin ist. Im Landtag hat die SPD 35 Abgeordnete, keiner kommt – wie schon in der Legislaturperiode 2006 bis 2011 – aus Stuttgart. Davor war die Stuttgarter SPD mit Ruth Weckenmann, Inge Utzt und Rolf Gaßmann im Landesparlament vertreten. In der Regionalversammlung hat die SPD 15 Sitze, davon drei für die Stuttgarter Andrea Klöber, Matthias Hahn und Thomas Leipnitz. Im Gemeinderat ist die SPD mit neun Stadträten hinter der CDU und den Grünen die drittstärkste Kraft.

Termine
: Der Auftakt der Nils-Schmid-Tour war Anfang des Jahres in Stuttgart. Am Mittwoch, 2. März, kommt der Spitzenkandidat mit Ehefrau Tülay und Integrationsministerin Bilkay Öney zu einer Veranstaltung für türkischstämmige Bürger um 18.30 Uhr in die Liederhalle. Die landesweite Abschlusskundgebung mit Schmid und Parteichef Gabriel findet in Karlsruhe statt.

Die Ausgangslage der Grünen in Stuttgart bei der Landtagswahl beschreibt StZ-Redakteur Jörg Nauke hier und die der CDU beschreibt er hier.