Die SPD hatte zuletzt vor 20 Jahren in Stuttgart bei Landtagswahlen ein Erfolgserlebnis. Nun haben die Genossen sich im Wahlkreis IV ein Zweitmandat gesichert.

Stuttgart - Kurz vor 1 Uhr in der Frühe kommt für Katrin Steinhülb-Joos die amtliche Bestätigung. Die Schulleiterin an der Altenburgschule in Bad Cannstatt zieht über das Zweitmandat in den Landtag ein. Die 55-Jährige bannt damit den Fluch, der seit bald 20 Jahren über den Stuttgarter Genossen hängt. 2001 stellten sie zuletzt in der Landeshauptstadt Abgeordnete. Die Buchhändlerin Inge Utzt holte damals im Cannstatter Revier und den Neckarvororten ein Direktmandat, der Berufsschullehrer Rolf Gaßmann war in der Innenstadt erfolgreich, Ruth Weckenmann und Ulrich Maurer sicherten sich erneut ein Zweitmandat – auf das Maurer seit 1980 eine Art Abo hatte.

 

Den Job als Schulleiterin muss sie aufgeben

Nach 2001 ging es für die Sozialdemokraten bergab, auch am Sonntag mussten sie in Stuttgart Federn lassen, verloren 0,9 Prozentpunkte auf 11 Prozent. Steinhülb-Joos, die erst vor der Gemeinderatswahl 2019 zur SPD stieß, lag mit 13,2 Prozent deutlich über dem Schnitt. Am Montagmorgen ist sie kurz vor Schulbeginn erleichtert und dankbar. „Der Wahlkampf hat sich gut angefühlt, es gab viele positive Rückmeldungen an den Ständen, aber ich dachte, das könnte trügerisch sein“, sagt sie, „ich freue mich sehr und danke allen“. Seit neun Jahren ist sie Schulleiterin an der Altenburg-Gemeinschaftsschule. „Wir sind am Puls der Zeit, hier ploppen viele verschiedene Situationen auf, in gut 5000 Elterngesprächen habe ich ein Abbild der Gesellschaft gesehen“, so Steinhülb-Joos. 700 Schüler sind an der Schule, die Steinhülb-Joos vermissen wird, denn das Landtagsmandat ist ein Vollzeitjob. „Mein Herz schlägt für die Schule, das ist mein Lebenswerk, der Abschied fällt mir schwer“, sagt sie. In den letzten Monaten sei die Arbeit wegen der Coronapandemie und oft wechselnden Stundenplänen „mehr als eine Herausforderung“.

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Für grün-rot hat es im Land am Sonntag knapp nicht gereicht. Steinhülb-Joos, deren drei Kinder studieren, hofft dennoch auf eine Regierungsbeteiligung der Genossen. „Wir sollten der Regierung den sozialdemokratischen Stempel aufdrücken, wir müssen uns für mehr Gerechtigkeit einsetzen und brauchen mehr Personal und Ressourcen für die Schulen“, sagt die Frau , die in Bad Cannstatt geboren wurde. Die Fortsetzung von grün-schwarz sei „nicht der richtige Weg“.