Sabine Kurtz will für die CDU den Wahlkreis Leonberg zurückerobern. Doch wüste Attacken sind ihre Sache nicht. Die zweithöchste Repräsentantin des Landtags setzt auf Ausgleich und zückt nur gelegentlich das verbale Florett.

Leonberg/Herrenberg - Schon die Adresse verheißt eine gewisse Beschaulichkeit: Malersbuckel. Das geistige Bild eines Künstlers, der sich über den Höhen von Weil der Stadt inspirieren lässt, liegt nahe. Und tatsächlich hat der Betrachter einen prächtigen Blick auf die Häuser der alten Reichsstadt, überragt von Peter und Paul.

 

Solch pittoreske Erwägungen dürften auch eine Rolle gespielt haben, als Sabine Kurtz sich für den Termin mit der Zeitung die Landesakademie für Jugendbildung ausgesucht hat. Offiziell will die Vizepräsidentin des Landtages ihrem journalistischen Gesprächspartner die etwas abseits gelegene Bildungsstätte nahebringen, in der junge Leute jenseits des Schul- oder Ausbildungsalltags in Bereichen wie Gewaltprävention, Vereinsmanagement oder Medienkompetenz unterwiesen werden. Sabine Kurtz fühlt sich dem Haus, das keine Landeseinrichtung ist, wie der Leiter Norbert Frank betont, besonders verbunden. Sie gehört dem Trägerverein an.

Raus aus der Walkampftretmühle

Tatsächlich ist die CDU-Abgeordnete aus Leonberg hier etwas raus aus der Wahlkampf-Tretmühle, die in diesen Wochen vornehmlich im Netz stattfindet. „Die persönlichen Kontakte fehlen völlig“, sagt die 59-Jährige und erinnert sich an einen längst vergangenen Liveauftritt mit der Bundesagrarministerin Julia Klöckner: „Da waren 70 Leute da, es kommt alles ganz anders rüber.“ Doch die Frage, ob ihr der Digitalwahlkampf schwerfällt, verneint sie: „Man macht, was notwendig ist.“

Da ist sie wieder, die oft nach außen so nüchtern wirkende Politikerin, für die das Bad in der Menge nicht zu den bevorzugten Disziplinen gehört. Sabine Kurtz ficht das nicht an. Im Gegenteil: ihre ruhige Art trägt oft zur Befriedung bei, wenn es im Landtag mal wieder rund geht und AfD und Grüne politischen Häuserkampf üben. Während Muhterem Aras, die Landtagspräsidentin von den Grünen, bei Provokationen aus der rechtsnationalen Ecke aus ihrem Herzen keine Mördergrube macht, bleibt die Vize cool.

Als Volkspartei kompromissfähig

Das, so sagt Sabine Kurtz, hat mit ihrer politischen Heimat zu tun: „Als Volkspartei sind wir es gewohnt, Kompromisse zu finden und unterschiedliche Standpunkte zusammenzuführen.“ Viele von der Konkurrenz hätten es da einfacher. Eben weil die Vorstellungen der Menschen zusehends individueller wären und in Folge die Zahl der Stammwähler sinkt. „Noch nie habe ich so viele Wahlprüfsteine bekommen“, berichtet Sabine Kurtz. Das bedeutet, dass Interessenverbände oder Einzelpersonen wissen wollen, was sie von diesem oder jenem Thema denkt. Das Spektrum reicht von Behindertenarbeit, Musikerziehung bis hin zum Sport.

Oder es geht um individuelle Anliegen. Und fällt da die Antwort nicht wie gewünscht aus, sind die Reaktionen nicht immer elegant. „Unflätige Briefe habe ich schon immer bekommen“, sagt die CDU-Frau. „Doch in Zeiten des Internets fällt es immer leichter, zu später Stunde an der Tastatur seinen Frust abzuladen.“

Als Seelsorgerin gefragt

Es geht freilich auch anders. In Pandemiezeiten ist die Abgeordnete, die seit 15 Jahren dem Landtag angehört, immer öfter als Seelsorgerin gefragt. „Bei meinen Sprechstunden geht es fast immer nur um Corona.“ Als Mutter dreier erwachsener Kinder kann sie nachvollziehen, wie es ist, wenn Beruf, Erziehung und Freizeit für vier, manchmal auch mehr Menschen auf nur wenigen Quadratmetern stattfinden können. Und das für lange Zeit. „Da liegen die Nerven blank, und viele Familien sind schlichtweg verzweifelt.“

Dass es so nicht mehr weitergehen kann, steht für die Christdemokratin außer Frage: „Man kann nicht das ganze Land abschließen. Ich habe nicht mal als Kind Hausarrest bekommen.“ Die Bedrohung, so versichert Sabine Kurtz, will sie nicht herunterspielen: „Wo Bewegung ist, ist Ansteckungsgefahr. Aber die Menschen haben auch eine eigene Verantwortung.“

Eisenmann treibt Kretschmann an

Dann ist sie doch ein Stück im Wahlkampf-Modus: „Eisenmann treibt Kretschmann an“, lobt Kurtz die eigene Spitzenkandidatin. Das betreffe nicht nur die Coronapolitik. Auch in Sachen Nachhaltigkeit und Ökologie müsse sich die CDU vor dem Regierungspartner nicht verstecken: „Wir versuchen eben nur, die unterschiedlichen Belange auszutarieren. Man kann den Leuten nicht einfach den Urlaub und die Fahrt im Auto verbieten.“ Trotzdem habe ihre Partei aus Koalitionsdisziplin „sehr lange stillgehalten.“

Ob es mit den Grünen weitergehen wird, weiß Sabine Kurtz nicht. Zunächst einmal will sie ihren Leonberger Wahlkreis zurückholen, den sie vor fünf Jahren an Bernd Murschel verloren hatte. Dass sie es nun mit dem jungen Peter Seimer zu tun hat, will Kurtz nicht kommentieren: „Ich mache meinen eigenen Wahlkampf.“