Überraschung nach dem Rückzug von Jürgen Walter: Am Tag vor der Grünen-Nominierungsveranstaltung wirft die Tammer Bauamtsleiterin Edda Bühler ihren Hut für ein Landtagsmandat in den Ring.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Ludwigsburg - Die Ludwigsburgerin Silke Gericke (45) ist nach der Ankündigung von Jürgen Walter (63), nicht mehr für den Landtag zu kandidieren, nur kurz die einzige verbliebene Bewerberin um ein Grünen-Landtagsmandat des Wahlkreises Ludwigsburg gewesen. Am Freitag gab Edda Bühler (59), Architektin aus Kornwestheim und Leiterin des Bauamts in Tamm, ihre Bewerbung bekannt. „Nur wenn die Wähler wählen dürfen, haben sie die Wahl“, begründet Bühler die Kandidatur. „Es kann nicht sein, dass die Regierungspartei bei einer Nominierungsveranstaltung diese Wahl nicht bietet.“

 

Auf Bühlers politischer Prioritätenliste stehen die Mobilitätswende und der Kampf gegen den Klimawandel ganz oben. Auch die Schaffung von Wohnraum, „vor allem für weniger gut Betuchte“ und die Integration von Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund sind ihr wichtig.

Edda Bühler: „Ich lasse mich nicht instrumentalisieren“

Bühler engagiert sich seit Anfang der 80er-Jahre bei den Grünen und vertrat sie bald im Kornwestheimer Gemeinderat. Nach beruflichen Stationen andernorts, unter anderem nach dem Mauerfall in den neuen Bundesländern, „wo sich mein Blick auf Demokratie und Wahlen nachhaltig verändert hat“, wurde sie nach ihrer Rückkehr nach Kornwestheim in den aktuellen Gemeinderat und in den Kreistag gewählt. Sie sei „keine Marionette von Jürgen Walter, wie mir jetzt vereinzelt unterstellt wird“, sagt Bühler. „Ich treffe meine eigenen Entscheidungen und lasse mich von niemandem instrumentalisieren.“

Die Wahl zwischen Bühler und Gericke, die im Februar ihre Kandidatur gegen Jürgen Walter angekündigt hatte, haben die Parteimitglieder an diesem Samstagnachmittag in der Oßweiler Mehrzweckhalle. Die Terminfindungen für die Nominierung – und für diejenige im Wahlkreis 14 Bietigheim-Bissingen, bei der am Dienstag Daniel Renkonen knapp gegen Tayfun Tok unterlag – nannte Jürgen Walter als eine der Ursachen dafür, seine Kandidatur hinzuschmeißen. Er und Renkonen seien absichtlich nicht eingebunden und über Termin- und Ortsverschiebungen nicht informiert worden, so Walter. „Auch das macht klar: Es handelt sich um ein abgekartetes Spiel, wie ich es in 37 Jahren bei den Grünen nicht erlebt hatte“, bekräftigt er seine Vorwürfe gegen den Kreisvorstand.

Jürgen Walter: „Perfide Stimmungsmache“

Dieser will die Anschuldigungen nicht auf sich sitzen lassen. „Wir interpretieren Jürgen Walters Verhalten so, dass er die demokratische Selbstverständlichkeit einer Gegenkandidatur als persönliche Beleidigung empfunden hat“, sagt Marcel Hoffmann im Namen des Vorstandsteams. „Nachdem der Rückhalt für ihn in der Partei seit Jahren schwand, schien er sich einer Wiederwahl durch die Mitglieder nicht mehr sicher. Diesen persönlichen Frust nun an Ehrenamtlern auszulassen, die nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben, ist nicht akzeptabel.“

Walter weist das von sich: „Ich höre nicht auf, weil ich Angst hatte, dass ich es nicht schaffe, sondern weil ich mir diesen Umgang und diese perfide Stimmungsmache nicht mehr geben muss.“ Er kämpft seinerseits mit harten Bandagen: In einer Mail an Parteifreunde, die der Redaktion vorliegt, bezeichnet er Hoffmann als „arrogante Pappnase“ und den Kassierer Fritz Benzing als „Gericke-U-Boot“, das man „absägen“ müsse. Er sei, als er das geschrieben habe, äußerst erbost über die Intrigen gegen ihn gewesen, sagt Walter dazu. „Ich mache mir wirklich Sorgen um die Grünen unter diesem Kreisvorstand.“

Marcel Hoffmann: „Ohne Rücksicht auf die Partei“

„Herrn Walters Vorwürfe entbehren jeder Grundlage“, kontert Marcel Hoffmann. Es sei extrem schwierig gewesen, eine Halle zu finden, in die 300 Mitglieder unter Hygiene-Vorschriften passten. Sowohl Walter als auch Gericke seien informiert worden. „Wir sind entsetzt, mit welcher Brutalität Herr Walter die Kleinigkeit einer Terminfindung ohne Rücksicht auf die Partei eskaliert.“

Zur Personalie Bühler meinte Jürgen Walter am Freitag: „Ihre Kandidatur hat mich überrascht. Aber sie ist eine aufrichtige und authentische Frau, der es nicht um Pfründe, sondern um grüne Inhalte geht. Und wenn sie redet, schläft niemand ein.“ Er selbst wird nicht bei der Nominierung sein: Er hat Karten für den VfB-Kick gegen Freiburg.