Der schöne Sommer hat viele gefreut. Doch den Landwirten haben hohe Temperaturen und vor allem die ungewöhnlich lange Trockenheit Kopfzerbrechen bereitet. Wie ist die Ernte ausgefallen, und wie können die Bauern dem Klimawandel begegnen?

Stuttgart-Plieningen - Am Wochenende hat es geregnet, das war richtig schön.“ Auf das Gesicht von Landwirt Markus Bauer legt sich ein Lächeln. Trockenheit und Hitze waren die Themen, mit denen sich die Landwirte in Deutschland in diesem Sommer beschäftigten mussten – auch auf den Fildern, wenngleich hier die Auswirkungen nicht so dramatisch waren wie in Norddeutschland. „Wir sind mit einer guten Winterfeuchte ins Frühjahr gegangen“, sagt der Obmann der Sielminger Landwirte, der seinen Hof am westlichen Ortsrand von Harthausen hat. Der Winterweizen sei gut gewachsen; auch für das Mitte April gesetzte Kraut waren die Bedingungen noch gut. Ende Mai habe es dann an zwei Tagen noch jeweils 60 Liter geregnet. „Das war das letzte Wasser von oben“, sagt Bauer. Dann setzte die Trockenheit ein.

 

Immerhin hat es für Markus Bauer zu einer durchschnittlichen Getreideernte gereicht, während er beim Mais deutliche Einbußen hinnehmen musste – was schlecht war für seine Biogasanlage. Diese mäßige Ernte gilt für alles, was spät geerntet wird: Kohl zum Beispiel, aber auch Sellerie und Karotten. Und das Heu? „Ein Drittel weniger“, sagt der Landwirt und freut sich gleichzeitig darüber, nach einer guten Ernte im Vorjahr einen Puffer für seine Tiere zu haben. „Erst das nächste Jahr wird kritisch“, fürchtet er, besonders, wenn das Gras erneut braun werden sollte.

Der erste Schnitt war gut, danach sah es schlecht aus

Ähnlich sieht es in den Stuttgarter Fildervororten aus. „Beim Kohl hatten wir rund ein Drittel Einbußen, bei den Kartoffeln etwa die Hälfte und der Rettich war ein Totalausfall“. So fasst Lukas Dreyer vom Reyerhof in Möhringen den unerfreulichen Teil der Ernte 2018 zusammen. Außerdem seien etliche Salatpflanzen trotz Beregnung vertrocknet. Und was das Heu für die Kühe im Stall angeht: „Der erste Schnitt war gut, der zweite marginal, und der dritte ist ganz ausgefallen.“ Das Gras war braun. Immerhin sei die Luzerne dank ihrer bis zu vier Meter tiefen Wurzeln noch gewachsen, ergänzt der Landwirt. Auch beim Mais sei es nicht gut gewesen. Doch der Sommer hatte auch gute Seiten. „Die Tomaten sind in diesem Jahr im Freiland sehr gut geworden, sie hatten Bedingungen wie in einem Gewächshaus“, sagt Dreyer. Auch die Obsternte war reichhaltig.

Bei der Vermarktung ist der Demeterbetrieb anders aufgestellt als die anderen Höfe. Hinter Dreyer und seinem Team steht die „Solidarische Landwirtschaft Stuttgart“, die das Ernterisiko über eine Kostenzusage mitträgt und in guten Jahren davon profitiert, in schlechten Jahren den Minderertrag abfedert. Dadurch seien die finanziellen Einbußen nicht so gravierend gewesen, so der Landwirt.

„Bis weit in den Herbst hinein hat der Boden gestaubt“, sagt Michael Gehrung, der Obmann der Plieninger Landwirte. Um das Wasserdefizit ausgleichen zu können, brauchte es sechs Wochen Dauerregen. Defizit ist das Stichwort, was die Ernte angeht. „Im Sommer haben wir sogar noch das Gras gemäht, was man sonst stehen lassen würde“, sagt Gehrung und erzählt, dass das Tierfutter nun deutlich teurer werde. Dank Beregnung konnte er immerhin Salat und Kohl ernten, „wobei die Köpfe trotzdem kleiner waren als üblich“. Und die Kartoffeln seien nicht nur kleiner und weniger als sonst, sondern teilweise sogar grün und damit ungenießbar geworden. Trockenrisse im Boden hatten Licht an die Knollen kommen lassen, und die Färbung angeregt, die von giftigen Stoffe verursacht werden kann.

Ohne die Gewitter im Mai und Juni wäre das Elend groß geworden

Trotz allem: Alle die drei Landwirte sehen das zurückliegende Jahr ziemlich gelassen. „Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt der Landwirt Markus Bauer. Ohne die Gewitter Ende Mai und Anfang Juni wäre jedoch das Elend groß geworden, ergänzt er und gibt noch eine Bauernweisheit dazu, wonach in einem trockenen Jahr noch kein Bauer untergegangen sei. Nasse, regenreiche und kühle Jahre fürchtet er viel mehr. Aber eben genau das könnte auch passieren, wenn man den Aussagen der Klimaforscher folgt: Extremwetterlagen mit starkem Regen aber auch Dürre und Hitze sollen wegen des Klimawandels viel häufiger kommen.

Darauf können die Landwirte jedoch nur bedingt reagieren. Schließlich kann niemand im Voraus sagen, ob der kommende Sommer normal, nass oder trocken wird. „Man muss sich heute mehr Gedanken machen, was man ausbaut“, sagt Dreyer und spricht davon, das Risiko zu verteilen und auf Vielfalt zu setzen. Das bedeutet für ihn, beim Weizen eine Sortenmischung einzusetzen, die zwar keine Spitzenerträge bringt, aber dafür trockene oder auch nasse Jahre besser wegstecken kann. Ähnlich sieht das Markus Bauer, der beim Anbau der Feldfrüchte ebenfalls eine Risikoverteilung plant. Früher habe man zum Beispiel verschiedene Grassorten angebaut und war dann für so ziemlich alle Verhältnisse gewappnet, aber diese Erfahrungen habe man eine Weile vergessen. „Auch die Art der Bewirtschaftung hat Einfluss darauf, wie viel Feuchtigkeit der Boden verliert“, sagt er. Für Gehrung wird das Wasser zum Hauptproblem. Er stellt sich nicht nur die Frage, wo man das Wasser für die Pflanzen auf den Feldern herbekomme. „Künstliche Bewässerung kostet viel Arbeit und eine ganze Stange Geld“, betont er. Die Soforthilfe, die im Herbst vom Bauernverband gefordert worden war, sei er etwas für Großbetriebe und würde den kleinen Landwirten gar nicht zugute kommen, kritisiert der Plieninger Obmann. Als Direktvermarkter kann er immerhin die höheren Produktionskosten auf den Preis schlagen. Hat ein Landwirt langfristige Lieferverträge abgeschlossen, kann dies schon schwieriger werden.

Alle drei Landwirte betonen den hohen Wert des Filderbodens, der nicht nur reich an Nährstoffen ist, sondern auch das Wasser gut halten kann. Aber in einem solch trockenen Sommer konnte auch der beste Boden nicht zu einer durchschnittlichen Ernte verhelfen.