Trotz Minusgraden im Frühjahr wird es in Fellbach und Kernen eine gute Ernte bei Zwetschgen, Äpfeln und Birnen geben. Die Qualität sei gut, die Menge jedoch unterschiedlich, sagen die Obstbauern.

Fellbach - Der Regen Anfang vergangener Woche wie auch in den Folgetagen „kam wirklich in letzter Sekunde“, sagt Manfred Heß, Obstbauer vom Fellbacher Sonnenbühlhof. „Wir sind rundum zufrieden“, setzt er mit einem Satz nach, den man bei Obstbauern eher selten hört. Und das, obwohl Heß schon einige Dinge anzumerken hat, die die Ernte 2020 kennzeichnen und problematisch sind.

 

Manfred Heß zeigt auf Äpfel der Sorte Jonagold, die Sonnenbrand aufweisen. „Das ist bei Äpfeln sehr selten“, sagt er, man habe das Phänomen in den letzten Jahren bei Trollinger-Trauben beobachtet. Aber die heißen Tage der letzten Wochen sind halt nicht nur für Menschen anstrengend, sondern auch fürs Obst. Ein paar Baumreihen weiter erklärt er, wie „Frostringe“ aussehen. Sie „erinnern“ an die Frostnächte im Frühjahr, nicht alle Sorten hat es getroffen. Und just diese Tatsache ist eine der vielen Besonderheiten der Obsternte 2020, denn es gibt nicht wenige Bäume, denen der Frost offensichtlich nichts anhaben konnte. Sie hängen pratzelvoll.

Kürbisse gibt es in diesem Jahr viele

Einige Sorten, wie etwa Delbarestivale und auch Jonagold, haben schon rote Bäckchen und werden geerntet. Teilweise hängen so viele kurzstielige Äpfel zusammen, dass ihre Ente schwierig ist. „Pflückt man einen, fallen auch die anderen runter“, sagt Manfred Heß und zeigt auf den Boden. Nicht nur die neuen Äpfel sind auf dem Sonnenbühlhof jetzt nachgefragt. Einladend und schön sehen auch die „Fellbacher Zwetschgen“ aus, die Manfred Heß anbietet. Wurmstichig seien sie nicht, aber „ohne Schädlingsbekämpfung gibt es dieses Ergebnis nicht“.

Auch bei Bauerle – Früchtle vom Schmidener Feld – hat die Ernte von Stein- und Kernobst begonnen. „Alles ist früher dran, teilweise bis zu zwei Wochen“, sagt Karin Bauerle. „Die Qualität ist gut, aber es gibt nicht aus“, beobachtet sie, etwa bei den Zwetschgen, die „gesund und saftig“ sind. Hier wie auch bei den Äpfeln gelte: „Es gibt keine Menge“. Bei den Tafeltrauben sei es „ganz komisch“, sagt sie, denn es gebe Rebreihen, die gar keine Trauben tragen, und daneben hingen die Stöcke voll. Das sei auf den Frost im Frühjahr zurückzuführen, sage ihr Sohn Johannes. Kürbisse, so Karin Bauerle weiter, gebe es in diesem Jahr viele, aber sie seien kleiner als sonst. Das hänge mit der Trockenheit zusammen, „man kann nicht alles bewässern“.

Die Birnenernte hat eine gute Qualität

Wolfgang Schulz, Senior im gleichnamigen Obstbaubetrieb in Stetten, rechnet mit einer „normalen Ernte, etwa wie letztes Jahr“. Das ist ihm recht, das Rekordjahr 2018 steckt ihm noch in den Knochen. In ihrem Betrieb seien alle Anlagen mit Tröpfchenbewässerung ausgestattet, erzählt er, und dass sie damit gute Erfahrungen machen und „natürlich die Bäume regulieren“ – und die Obstmenge schon frühzeitig reduzieren. Das wirkt sich auf die Größe der Ware aus. Aber Schulz beobachtet auch, dass die Verbraucher wieder nach den kleineren Äpfeln verlangen. „Nicht jeder will immer einen großen Apfel essen – vor allem Kinder nicht“, sagt Wolfgang Schulz. Das Kilo kostet im Straßenverkauf 1,80 Euro, drei Kilo fünf Euro. Diese Woche beginnt Schulz mit der Birnenernte. Auch hier sei die Qualität gut.

Marcus Hofmeister aus Fellbach verkauft sein Obst nicht am Stand oder im Hofladen, er macht daraus Schnaps und edle Obstbrände in seiner Brennerei. Bei ihm zieht sich das Wort „Flickenteppich“ durch alle Anlagen. Auf seinen Grundstücken zwischen Fellbach und Rommelshausen habe der Frost bei Birnen zu einem „Totalausfall“ geführt. Bei den Sauerkirschen lag der Ertrag „bei 50 Prozent eines normalen Jahres“. Bei Mirabellen sei die Menge „unterdurchschnittlich“. Insgesamt betrachtet will Hofmeister aber nicht klagen, denn „die Süße stimmt“. Und das ist beim Schnapsen wichtig.

Ungewöhnlich viel Obst liegt schon am Boden

Margot Gauß aus Oeffingen ist pragmatisch. „Es gibt Obst“, sagt sie. Auch bei ihren Bäumen gab es Frostschäden, aber sie kommt mit der Menge, die sie in ihrem Hofladen verkauft, gut hin. Auf den Streuobstwiesen sehe es gut aus, „wo der Frost nicht hingekommen ist.“

Ungewöhnlich viel Obst liegt schon am Boden, das hat vor allem mit der Trockenheit zu tun. Bücken und auflesen lohnt sich auf jeden Fall, aber nicht alle Stücklesbesitzer machen sich diese Mühe. Drei Betriebe in Fellbach nehmen dieses Jahr Obst an, in der Waiblinger Straße bereits seit vergangener Woche. Im Übrigen nimmt die Stadt Fellbach Meldungen von Obstbaumbesitzern entgegen, die ihre Obstbäume nicht selbst abernten können oder wollen. Sie vermittelt dann Personen, die daran Interesse haben.

Ertrag kaum geschmälert

Das Landwirtschaftsamt des Rems-Murr-Kreises beobachtet, dass die starke Trockenheit des Sommers zwar dazu führt, dass einige Früchte vorzeitig abgeworfen werden, aber der Ertrag dadurch kaum geschmälert wird. „Damit von den gestressten Bäumen nicht auch noch Äste durch das hohe Gewicht bei starkem Fruchtbehang abbrechen, sollten diese mit Stangen abgestützt und stabilisiert werden“, lautet eine Empfehlung der Experten aus Backnang.

Viele Grundstückbesitzer hätten keine Zeit oder Möglichkeit, die Früchte selbst zu ernten. Hier könne das kostenlose Angebot der Streuobstwiesen-Börse des Landkreises helfen. Auf das Streuobstwiesenportal kann über die Homepage des Rems-Murr-Kreises zugegriffen werden.

Weitere Informationen gibt es beim Landwirtschaftsamt des Rems-Murr-Kreises, Erbstetter Straße 58, 71522 Backnang, telefonisch unter der Nummer 07191/8 95 42 33 oder an landwirtschaft@rems-murr-kreis.de per Mail.