In der Langen Nacht der Konsulate spricht Bergsteigerlegende Reinhold Messner über Nepals verdoppelte Not in Corona-Zeiten.

Stuttgart - Von Nepal sprechen, heißt für Reinhold Messner auch, von Nepal lernen. Also nimmt er am Mikrofon die Hände vor die Brust, begrüßt im Vortragssaal des Theo2-Gebäudes sein Publikum mit „Namaste!“ - und empfiehlt diesen nepalesischen Standardgruß für Corona-Zeiten, anstatt „dieses ungeschickten Remplers mit den Ellenbogen“. Denn Namaste meine auch „das Göttliche im Gegenüber“. So lässt Messer gleich ganz unmittelbar seine tiefe Verbundenheit mit den Menschen „in diesem kleinen, armen Land auf dem Dach der Welt“ spüren, zu dem er „ein paar Einsichten“ vermitteln will. Eine Verbundenheit, die weit hinausreicht über den „Botschafter für Nepal“, als den Guido Wolf, Justiz- und Europa-Minister, Messner willkommen heißt.

 

Erlöse aus dem Tourismus fehlen

Es ist abendfüllend, was Messner zu sagen hat. Eine kleine, kompakte Landeskunde schon seine Ausführungen zur Geologie und damit zum Erdbeben vor fünf Jahren, das auch viele Bewohner von Bergtälern obdachlos machte und in der Folge die Hauptstadt Kathmandu noch weiter als Millionenstadt anschwellen ließ. Und dort stranden nun auch all jene, die mit Beginn der Corona-Pandemie als Gastarbeiter etwa aus Indien und arabischen Ländern „rausgeworfen“ wurden und deren monetären Transferleistungen nun ebenso fehlen wie die Erlöse aus dem Tourismus.

Die zwei Zentralsäulen an Einkommen weggebrochen, was die Krise zur Katastrophe verdichte. Dazu Umweltprobleme, selbstgemachte und auch der „globalen Erwärmung“ geschuldete, die „im Gebirge viel eher greifbar wird“. Etwa, wenn „Brocken so groß wie Hochhäuser aus den Bergen purzeln“. Dabei sei der Klimawandel aus der „Summe aller Verschmutzung entstanden, und die“, so Messner, „die das am wenigsten verursacht haben, leiden am meisten darunter“.

Muster für Kleinprojekte

Dann beschreibt Messner erfolgreiche Entwicklungsprojekte, und wenn er davon spricht, wie die ökologischen Probleme des Landes mit Energie aus Wasser, Wind und Sonne „pünktchenweise“ anzugehen seien, so ist das im Prinzip das Muster für Kleinprojekte, die perspektivische Wirkung zeitigen. Wie Schulen in Pakistan „für Kinder, die niemals eine Chance hätten“, mit Messners „eigener „kleinen Stiftung“ ins Werk gesetzt. Und vor allem die über den Verein Entwicklungshilfe Baden-Württemberg e.V. unter der Ägide von Ann-Katrin Bauknecht, Honorargeneralkonsulin von Nepal, seit einem Vierteljahrhundert betriebene Förderung der Landfrauen.

Unterstützung „wie ein Sechser im Lotto“

Messner berichtet, wie diese Frauen nun in der Krise mit ihren Produkten und ihrem Beitrag zur Lebensmittelversorgung „zum Vorbild für das ganze Land werden“. Hilfe zur Selbsthilfe, nun teils schon in der dritten Generation Früchte tragend mit weitergegebenem Knowhow. Dies sei denn auch der Ansatz für die Zeit nach Corona. Und als Bauknecht, die von der „Beendigung des Kreislaufes aus Armut, Ausbeutung und Perspektivlosigkeit“ spricht, eine geplantes Projekt erwähnt, erklärt Messner, dass er dafür die Patenschaft übernehmen wolle. Für Bauknecht ist die Unterstützung „wie ein Sechser im Lotto, denn die Nepalis sind extrem stolz darauf, dass Herr Messner einer von ihnen ist“. Messner betont abschließend, dass von diesem kleinen, derzeit besonders geplagten Volk vor allem „Empathie und Toleranz“ gelernt werden könne – und verabschiedet sich mit einem Namaste. Es möge „uns durch die Krise begleiten und dabei immer an Nepal erinnern“.