Immer wieder sieht man am Arbeitsplatz oder auf den sozialen Netzwerken abgeklebte Kameras an technischen Geräten. Aber wie sinnvoll ist das eigentlich?

Digital Desk: Lukas Böhl (lbö)

Warum überhaupt die Kamera abkleben?

Prinzipiell soll das Abkleben der Kameras an technischen Geräten dem Schutz vor Hackern dienen. Diese könnten mit gewisser Schadsoftware die Steuerung über die Kamera erlangen und so den Besitzer ausspionieren.

 

Davon muss der Betroffene nicht einmal Kenntnis nehmen. Zwar verfügen viele Laptops über eine optische Anzeige, welche die Aktivität der Kamera signalisiert, allerdings ließe sich auch diese bei vielen Geräten mit dem nötigen Wissen abschalten. Eine Abdeckung ist daher eine kostenlose Vorsichtsmaßnahme, aber…


Auch das Mikrofon kann eingeschaltet werden

Sollte jemand Kontrolle über eines Ihrer Geräte erlangt haben, kann er sehr wahrscheinlich nicht nur die Kamera ein- und ausschalten, sondern auch das Mikrofon. Das vergessen viele Verbraucher, wenn sie die Kamera abkleben, ganz zu schweigen von all den anderen Geräten im Haushalt, die über Mikrofone oder Kameras verfügen. Schließlich können darüber genauso sensible Informationen gesammelt werden. Doch wie hoch ist die Chance, Opfer eines Angriffes zu werden?


Angriffe sind oft sehr persönlich

Die benötigte Schadsoftware für solche Spionageattacken lässt sich auf einschlägigen Seiten und Foren im Internet leicht finden oder eben im Darknet mit Anleitung kaufen. Insofern könnte jeder x-beliebige Kleinkriminelle, der es auf Sie abgesehen hat, die Mittel für einen solchen Angriff beschaffen.

Auch der Übermittlungsweg auf Ihr Gerät ist recht simpel. Die Täter müssten Sie nur dazu bringen, einen schädlichen Link anzuklicken oder ein entsprechend präpariertes Dokument herunterzuladen, wie aus dem Bericht zur Cybersicherheit 2019 des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hervorgeht.

Die Frage ist aber eher, warum Sie überhaupt Ziel einer derartigen Tat werden sollten. Hierbei handelt es sich meist um geplante, sehr individuelle Angriffe, mit denen Informations- oder Erpressungsmaterial beschafft werden soll. Anders als zum Beispiel beim Smishing oder Vishing werden in der Regel nicht zigtausende Köder ausgeworfen, bis jemand anbeißt, sondern Zielpersonen systematisch ausgewählt. Nichtsdestotrotz ist Vorsicht immer besser als Nachsicht.


Kamera als Vorsichtsmaßnahme abkleben

Wie bereits erwähnt, wird die Schadsoftware zur Fernsteuerung des PCs oftmals über verseuchte Links, Anhänge oder Dokumente verteilt. Sie sollten daher immer genau abwägen, was Sie anklicken und herunterladen. Im Zweifelsfall ist es sicherer, verdächtige Mails direkt zu löschen. Darüber hinaus gibt das BSI noch weitere Tipps, um sich vor solchen Spionageattacken zu schützen:

1. Kleben Sie die Kamera ab. Verwenden Sie dazu am besten etwas Klebeband, das keine Rückstände hinterlässt. Im Internet finden Sie darüber hinaus Webcam-Abdeckungen mit Schieber (ANZEIGE), um bei Bedarf schnell Zugriff zu haben. Auch ansteckbare Abdeckungen sind erhältlich.

2. Halten Sie Ihr Betriebssystem aktuell, indem Sie stets die neuesten Sicherheitsupdates installieren.

3. Verwenden Sie Antivirensoftware und Firewalls, um Ihren Computer zu schützen.

4. Schalten Sie Smartphone, Laptop und Tablet immer aus, wenn diese nicht in Gebrauch sind. So kann Sie niemand beobachten oder abhören.

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Apple gibt eigene Tipps

Apple hat in einer Presseveröffentlichung vom 2. Juli 2020 die Empfehlung ausgesprochen, MacBooks mit einer Kameraabdeckung nicht zu schließen. Dies könne den Bildschirm beschädigen, da der Spalt zwischen Display und Keyboard sehr dünn ist. Außerdem führe das Abkleben der Kamera zu einer Einschränkung der automatischen Helligkeits- und Farbanpassung.

In Bezug auf die Sicherheit weist der Konzern darauf hin, dass die Geräte so konzipiert seien, dass die Aktivität der Kamera immer durch ein grünes Licht signalisiert werde. Dieses Feature lasse sich nicht umgehen. Darüber hinaus sei es möglich, ab macOS Mojave manuell zu steuern, welche Apps Zugriff auf die Kamera haben.

Dass ein Lichtsymbol dem Nutzer eines Laptops jedoch nicht immer auffällt, konnte eine Studie der University of California, Berkley zeigen. Dabei mussten 98 Probanden an einem Laptop verschiedene Aufgaben ausführen: Lesen, Schreiben oder Videos anschauen. Währenddessen leuchtete irgendwann das blaue Signallicht der Kamera auf. Nur 27 der Teilnehmer gaben in der anschließenden Befragung an, das Licht überhaupt bemerkt zu haben. Ein zusätzlicher Schutz kann also nicht schaden.

Die Empfehlungen von Apple lauten diesbezüglich: Die Abdeckung sollte nicht dicker 0,1 mm sein, wenn Sie den Laptop bedenkenlos schließen wollen. Ist die Abdeckung dicker, empfiehlt der Konzern, diese vor dem Schließen abzunehmen. Außerdem sollte die Abdeckung keine Klebereste hinterlassen. Im besten Fall verwenden Sie eine ansteckbare Abdeckung, die sich leicht entfernen lässt.

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