Mit dem Feind ins Bett gehen – das kann durchaus vorkommen in der Erwachsenenwelt. Warum gerade Menschen, die wir eigentlich hassen, eine ungewöhnliche Anziehungskraft auf uns haben können, erklärt unsere Kolumnistin Claudia Huber.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Alles, bloß nicht er. Wenn du ausgerechnet neben der Person aufwachst, die du eigentlich hasst, ist wahrscheinlich einiges schief gelaufen – aber kein Grund zu verzweifeln, es gibt gute Erklärungen dafür. Dazu tauchen wir tief in die sexuelle Psyche ein.

 

Gerade, wenn der nachfolgende Satz zutrifft oder wenn man ihn kennt, dann kann man die Dynamik von Sex mit Menschen, die man eigentlich nicht leiden kann, leichter nachvollziehen: „Wäre die Person nicht so scheiße, dann wäre sie – geil.“

Um das ganze nun zu vereinfachen, ein Beispiel: Mark findet Peggy völlig ätzend. Ständig macht sie rechthaberische Kommentare bei den Meetings, lacht über Sparwitze und nervt ihn, weil sie anscheinend beim Chef immer bekommt, was sie will. Wäre sie nur nicht so unausstehlich, wäre sie genau sein Typ. Mark wird von Peggy zu gleichen Maßen ab- und angeturnt.

Und dann ist auf der Weihnachtsfeier Alkohol im Spiel und er kommt, der Kipp-Moment, die Situation, in der man denkt: So scheiße ist sie/er gar nicht.

Potenzial für langfristige Affären

Diese Situationen spielen sich in vielen Facetten immer wieder ab. Das entscheidende ist immer der Moment, in der die Situation den Alltag aushebelt. Möchte man nicht ein Abenteuer mit Wiederholungswahrscheinlichkeit, ist hier Vorsicht angebracht. Der andere zeigt in diesen Situationen vielleicht nur eine andere Facette von sich, weshalb eure hübsche Distanz ins Rutschen kommt. Man landet im Bett miteinander. Doch hat man einmal mit einer Person gepennt, heißt das ja nicht, dass sie sich völlig ändert. Wenn der Sex jedoch auch noch gut war, ist die Gefahr, Wiederholungstäter zu werden, umso höher.

Die gehasste Person wird sich allerdings im Alltag nicht verändern. Und gerade diese Konstellationen bergen das Potenzial für langfristige Affären, die ganz schnell in Herzschmerz oder der Schädigung des Selbstwertgefühls bis zu Selbsthass führen können. Man mag die Person nicht, lässt sich aber immer wieder auf sie ein.

Erschwerend kommt bei so was noch dazu, dass diese Beziehungen, die sich da anbahnen, für Außenstehende super anstrengend sind. Denn sie haben meist einen „on-off“-Charakter. Hat man dann auch noch erzählt, dass man mit einem Kollegen schläft und aus seiner Abneigung zu diesem keinen Hehl gemacht hat, lassen sich die Reaktionen erahnen: „Ernsthaft jetzt – wieso das denn?“

Es kann mega verwirrend sein

Darum rate ich allen, die sich in so eine Situation manövriert haben, die mega verwirrend sein kann, mit jemandem von außen darüber zu reden, der einen objektiveren Blick auf die Sache hat. Vielleicht steckt ja doch etwas anderes dahinter.

Denn neben ungesunden Affären, deren Reiz sich aus der Unmöglichkeit und Kopflosigkeit speist, gibt es auch Fälle, die man anders einordnen sollte. Jetzt passiert es ja auch unter Kollegen, dass man sich im Büro die ganze Zeit angiftet. Nach dem Motto: Was sich liebt, das neckt sich. In diesen Fällen ist es natürlich nicht problematisch, solchen Geschichten eine Chance zu geben. Oder man ändert seine Meinung über eine Person wirklich und fragt sich dann: Ich weiß gar nicht, wo ich früher immer hingeschaut habe.

Unsere Kolumnenreihe „Lasst uns über ... reden“ über Liebe, Sex und Intimes – alle Folgen im Überblick