Die zwei tödlichen Lawinen am Feldberg zeigen: Nicht nur in den Alpen sind Touren abseits der Piste hochriskant. Auch in den Mittelgebirgen kann das Risiko extrem hoch sein.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Feldberg - Schnee ist nicht nur weiße Pracht, sondern tödliche Gefahr, wenn er in Massen auftritt und sich von den Hängen als Lawine oder Schneebrett löst. Das ist bekannt – für die Alpen. Am vergangenen Freitag verzeichnet nun der Feldberg in Südbaden zwei Tote: Ein 20-jähriger Mann und eine 58-jährige Frau, beide auf Skitour, wurden an unterschiedlichen Hängen des 1493 Meter hohen Bergmassivs von Schneemassen erfasst und erst nach Stunden geborgen. Alle Versuche, sie wiederzubeleben, blieben ohne Erfolg.

 

  Lawinen am Feldberg? Das überrascht viele. Doch auch Mittelgebirge haben ihre Tücken und der Feldberg besonders. Seine Steilhänge an den drei Gipfeln Feldberg, Seebuck und Herzogenhorn haben die nötige Neigung für Schneeabgänge. Das wissen Einheimische und Ortskundige – und sollte auch Skifahrern bekannt sein. Die gefährlichste Stelle ist der Nordhang. Unterhalb der sogenannten Wächte liegt das Zastlertal. Dort nehmen Tourengeher abseits der Pisten gerne eine landschaftlich reizvolle Route, die zur Falle werden kann.

Die Überlebenschancen sinken rasch nach 20 Minuten

Das kann schnell gehen, das Wetter am Feldberg wechselt rasch und überrascht Tourengänger nicht selten mit heftigem Schneefall. Wenn dann der Wind die Schneemassen über den Gipfel treibt und Untergrund und Neuschnee noch nicht miteinander verbunden sind, kann es auf der windabgewandten Seite zu Schneebrettern kommen. So wie am Freitag: Es schneite heftig und bei starkem Wind im ganzen Feldberggebiet. Die Räumdienste kamen kaum hinterher, auf der Bundesstraße 317, die über den Feldbergpass führt, blieben LKWs liegen. Ein Reisebus rutschte in den Graben, in 60 Ortschaften fiel zeitweise der Strom aus. Für die Anwohner ein gewohntes Szenario im Winter, wo die Schneehöhen in der Regel über einem Meter liegen. Die Rettungshubschrauber konnten wegen der schlechten Sichtverhältnisse nicht landen, die Helfer der Bergwacht mussten zu Fuß zum Unglücksort und steckten zeitweise bis zu den Hüften im Schnee. Die am Herzogenhorn verschüttete Frau – ebenfalls abseits der Pisten auf Tourenski unterwegs – blieb eine Stunde unter den Schneemassen begraben. In beiden Fällen waren die Opfer nicht alleine unterwegs, ihre Begleiter wurden verschont oder konnten sich selbst befreien. Die Verschütteten konnten sie jedoch nicht finden. Die Chancen, am Leben zu bleiben sinken nach zwanzig Minuten dramatisch.

Zwei Lawinen binnen einer Stunde und zwei Tote: ein schwarzer Freitag für das weiße Winterparadies in Südbaden. Es ist allerdings nicht das erste Lawinenunglück. Im Dezember 2013 hatte sich am Baldenweger Buck ein Schneebrett gelöst und einen Mann und eine Frau auf Tourenski in die Tiefe gerissen. Beide überlebten schwer verletzt. Im Februar 2013 gingen drei Lawinen ab, eine davon riss drei Snowboarder mit, die jungen Leute kamen mit dem Schrecken davon. Auch in den Jahren 2009, 2005 und 2002 trafen Lawinen, die teilweise von Tourengängern ausgelöst wurden, auf Personen, die sich jedoch selbst befreien oder rasch geborgen werden konnten. Der letzte tödliche Lawinenunfall ereignete sich im Jahre 1980, als die Schneemassen einen Leutnant der Gebirgsjäger begrub. Am Südhang des Feldbergs liegt die Bundeswehrkaserne Fahl, wo Wintersportler wie Sven Hannawald Dienst taten.

Was sollten Skitouristen tun, um sich vor den Gefahren am Berg zu schützen? Der Skifahrer auf der ausgewiesenen Piste hat nichts zu befürchten, bei gefährlichem Wetter werden die Lifte abgestellt. Wer aber mit Tourenski oder Schneeschuhen die geschützten Bereiche verlässt, muss sich über die alpinen Gefahren am Berg informieren. Außerdem kann eine gute Ausrüstung mit Lawinen-Airbag, einem Sender, um geortet zu werden, oder einem Spaten zum Graben, Leben retten.