In ihrem Atelier lässt Susanna Lakner Collagen entstehen, die an Max Ernst und Hannah Höch erinnern.

Vaihingen - Wer sich im Internet auf die Suche nach Arbeiten von Susanna Lakner macht, stößt auf die Worte „leben und kleben“. Der Titel ihrer Blogseite passt perfekt zu der Vaihinger Künstlerin, die für ihre Collagen aus Papier und ausrangierten Plakaten bekannt ist. Zur Zeit bereitet sie eine gemeinsame Ausstellung mit Elena Schmidt in den Räumen des Kunstvereins Kultur am Kelterberg vor.

 

Schere und Kleber

Das kleine Atelier beherbergt mehrere Kartons: Zeitschriften, Plakate, Papiere aller Art. Sie habe aufgehört zu sammeln, sagt Susanna Lakner, sie wolle lieber produzieren. Neben dem Papier sind Schere und Kleber die wichtigsten Utensilien. Eine Ausstellung in der Stuttgarter Galerie Zero Arts nannte sie jüngst schlicht „Kleister“.

Das Jahr 1989

Schon als Kind habe sie gerne gebastelt, erzählt die 1960 im ungarischen Budapest geborene Künstlerin. Mit ihrem Mann, einem Donauschwaben aus Ungarn, siedelte sie 1989 nach Deutschland über. Es war ein aufregendes Jahr für Susanna Lakner – sowohl politisch als auch privat. Zunächst musste sie die Sprache ihrer neuen Heimat lernen. Väterlicherseits stammt sie zwar aus Österreich, doch in der Familie wurde wenig Deutsch gesprochen.

Als Kind zur Collage gefunden

Zur Kunst der Collage fand Lakner als Elfjährige, als sie in einer Kinderausstellung das Bild eines britischen Jungen entdeckte, der Kinderköpfe zu „Europe together“ zusammengefügt hatte. „Das war ein Schlüsselerlebnis für mich. Ich konnte mich ja nicht so gut durch Zeichnen und Malen ausdrücken und entdeckte eine neue Welt.“ Sechsmal hat sie sich bei der heutigen Moholy-Nagy-Universität in Budapest beworben, die Wartezeit mit einer Lehre im Druckereiwesen überbrückt, bis sie für das neu eingerichtete Fach Typografie angenommen wurde.

Max Ernst und Hannah Höch

Dass Dada und Surrealismus ihre Inspirationsquellen sind, merkt man den Arbeiten Lakners an. Als Vorbilder nennt sie Max Ernst und Hannah Höch, viele ihrer Arbeiten wirken ein bisschen aus der Zeit gefallen. Das liegt auch daran, dass sie ausschließlich manuell arbeitet. Im Ungarn der 1980er-Jahre spielte die Bildbearbeitung am Computer noch keine Rolle. Anfangs habe sie es auch abgelehnt, Layouts am PC zu machen, sagt sie. Mittlerweile ist Lakner auf Facebook und Instagram ebenso zu Hause wie in Ausstellungsräumen.

Mail Art

Im Mittelpunkt stand immer die Mail Art: Briefe, Karten, Dokumentationen von Kunstprojekten, die von den Mail-Art-Künstlern per Post verschickt, archiviert oder zu Büchern zusammengefasst werden. Diese Kunst war einerseits Mittel des Widerstands in Diktaturen, andererseits eine Möglichkeit, Galerien und Kunsthändler zu umgehen. Unter dem Künstlernamen Planet Susannia gründete Lakner im Jahr 2000 das Magazin „22 The Assembling Magazine“, in dem regelmäßig Unikate von Mail-Art-Künstlern weltweit vereint wurden.

Im vergangenen Jahr hat sie das Projekt zugunsten ihrer eigenen Kunst aufgegeben. In ihrem Atelier an der Möhringer Landstraße entstehen Serien wie „Stylist“ mit Ausschnitten aus Modestrecken oder Porträts von Frauen. Lakner spielt mit den Proportionen und „verrückt“ die Einzelteile in Dada-Manier. Beispielhaft dafür ist die Rückenansicht einer Frau, aus deren Kopf zwei Hochhäuser zu wachsen scheinen.

Frauen und Gebäude

Für die Ausstellung „Stadt-Land-Fluss“ am Kelterberg Anfang dieses Jahres ließ Lakner Schwarz-Weiß-Bilder von historischen Gebäuden und Verkehr durcheinanderpurzeln. Dabei geht es ihr weniger um eine inhaltliche Aussage als um Schönheit – und um den Witz und die Fantasie.

Dies unterscheidet sie von ihrer Kollegin Elena Schmidt aus Hildrizhausen, mit der sie die neueste Ausstellung am Kelterberg vorbereitet. Die Künstlerinnen kannten sich zuvor kaum, finden es aber spannend, mit ihren so unterschiedlichen Porträts in einen Dialog zu treten. Elena Schmidt, so beschreibt es Susanna Lakner, arbeite auch mit der Collage, aber sie sei sozial orientiert, sie sensibilisiere für die Schlechtigkeit der Welt: „Meine Arbeiten sind unbeschwerter, auch wenn wir uns beide mit der Verschiedenheit der Menschen beschäftigen.“