Am Airport in Stuttgart ist dieser Tage pandemiebedingt wenig los. Das Fluggastaufkommen ist eingebrochen. Zu Besuch an einem Ort, der in Corona-Zeiten Szenen liefert für einen absurden Film.

Stuttgart - Manche, die nach dem Lockdown im Frühling im Sommer wieder flogen, wunderten sich: Während am Flughafen Hygienebeauftragte den Mindestabstand mit Aufklebern und Absperrbändern auf Sitzgelegenheiten durchzusetzen trachteten, war im Flugzeug selbst alles wie früher – Schulter an Schulter in gefilterter Kabinenluft.

 

Die Abstandsmarkierungen sind immer noch da. Aber am Stuttgarter Flughafen fragt man sich dieser Tage womöglich, wen genau die grünen Punkte auf den schwarzen Stühlen eigentlich auf Abstand halten sollen. Wahrscheinlich jene Passagiere, an die sich in Terminal 3 auch ein freundlicher Schriftzug über dem Hashtag #staySTRong richtet: „Frohe Festtage wünschen Ihnen die Shops am Flughafen Stuttgart.“ In den Läden waren jedoch bereits in den Tagen vor dem Lockdown kaum Kunden. Antreffen konnte man stattdessen vor allem Bedienstete, die bemüht schienen, das Warten mit Würde auszustatten. Andere Läden und die meisten der Flughafen-Reisebüros hatten geschlossen, bevor die Regierung sie dazu verpflichtete. Der Grund: wenige Flüge, kaum Passagiere in Terminal 3, auf das sich der Restflug-Betrieb derzeit konzentriert. Die Zahl der Starts und Landungen reduzierte sich Angaben des Flughafens zufolge in diesem Jahr um etwa 65 Prozent. Die Wartezeit-Anzeige an der Sicherheitskontrolle zeigte an einem Nachmittag in der vergangenen Woche gerade mal eine Minute an.

In Terminal 3 wird an diesem Nachmittag ein Flug nach Berlin um 16.45 Uhr angezeigt, einer nach London um 17.05 Uhr und einer nach Istanbul um 18.25 Uhr. Das Fluggastaufkommen am Stuttgarter Flughafen hat sich 2020 im Vergleich zum Vorjahr um rund 75 Prozent reduziert. Statt 12,7 Millionen Passagieren zählt die Flughafengesellschaft nur noch 3,2 Millionen und rutscht pandemiebedingt tief in die Verlustzone. Walter Schoefer, Sprecher der Geschäftsführung der Flughafen Stuttgart GmbH, verlautbarte per Pressemitteilung: „Wir als Flughafenbetreiber müssen seit Monaten unsere gesamte Infrastruktur aufrecht halten, bei wenig Verkehr und minimalen Einnahmen. Die Kosten dafür belaufen sich bei uns in Stuttgart auf sechs bis acht Millionen Euro pro Monat.“

Rot-weißes Absperrband im Schnellrestaurant

Begab man sich dieser Tage herunter in die nahezu verwaiste Ankunftsebene, konnte man einzelne Repräsentanten der Autovermietungen wacker in ihren futuristisch designten Stationen ausharren sehen, die bereits vor dem Komplett-Lockdown weitgehend verrammelte Airport-Gastronomie vervollständige den Eindruck eines absurden Films. Das Versprechen von McDonald’s jedoch prangte in Terminal 3 weiterhin weithin sichtbar: „365 Tage im Jahr für Sie geöffnet.“

Ob das Versprechen gehalten wird, ist eine Definitionsfrage. Eher ja. Zwar umrankt rot-weißes Absperrband die verordnungsgemäß ungenutzten restauranteigenen Sitzgelegenheiten, doch an der Essensausgabe stehen tatsächlich ein paar Mitarbeiter. Eine Familie holt dort ein Mitnehm-Menü in einer Verpackung ab, die an ein Weihnachtsgeschenk erinnert. Und weil Nahrungszufuhr mit Maske schwierig ist, nimmt der Bub seine für ein paar Pommes ab, während eine Lautsprecherdurchsage an die Maskenpflicht erinnert. „Maske auf!“, knurrt im Vorübergehen ein Mann, der ein Exemplar der Schutzklasse FFP2 über Mund und Nase trägt, während er das Weite sucht.

Diese Maskengattung, von der es heißt, dass sie auch den Träger schützt, ist bei den Neuankömmlingen aus Berlin zwei Ebenen unterhalb des Schnellrestaurants an diesem Nachmittag offenbar populär. Manche von ihnen streben direkt zur S-Bahn, wo die Rollkoffer-Dichte überschaubar ist. Am Ende der Rolltreppe zum Bahnsteig hängt ein Plakat des Theaters der Altstadt. Darauf steht: „Wir wissen auch nicht, wann es weitergeht.“