Ein Ausstellungsbetrieb hat Coronaauflagen wie der Einzelhandel. Dabei lebt er durch begeisterte Kunstvermittlung. Die Präsenz in den sozialen Medien ist zwar für Galerien überlebenswichtig, doch kein Ersatz für persönliche Begegnungen mit der Kunst und dennen, die sie schaffen.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Zerlegen und neu zusammenfügen, Köpfe vertauschen, Kitsch in Kunst überführen: Das sind die Formeln hinter Anne Schuberts aktuellen Skulpturen, die in der Galerie Uno Art Space gezeigt werden. Die Galeristin Ute Noll erblickt darin eine treffende Metapher für die Zeit der Pandemie: Viele gewohnte Strukturen wurden verstrubbelt, verdreht, gar zerdeppert, ob im Familienleben, im Arbeitsalltag oder bei der Gestaltung der freien Zeit. Das hat Frust verursacht, bei manchen Existenzangst. Aber die Ausnahmesituation bot zugleich die Chance, gewohnte Abläufe zu hinterfragen und gegebenenfalls neu zu ordnen. Und da kann es beispielsweise passieren, dass Bambi plötzlich einen Menschenkopf trägt. Die Künstlerin Anne Schubert hat die Pandemie dazu genutzt, sich ganz in ihre Arbeit zu vertiefen. „Sie war in dieser Zeit unglaublich produktiv“, berichtet Ute Noll.

 

Instagram als neues sozial-mediales Zuhause

Die Galeristin selbst hat in den zurückliegenden Monaten ihre medialen Auftritte ausgebaut, es galt, den Kontakt zum Publikum zu halten. Ein schöner Erfolg sei die Vernissage mit Fotografien von Heinrich Heidersberger gewesen, was dem ihm gewidmeten Institut in Wolfsburg zu verdanken sei. Das habe sowohl Personal als auch Equipment für die Eröffnung via Zoom gestellt. „Wenn das professionell gemacht ist, mit einem Moderator und einem professionellen Kamerateam, funktioniert das gut, ist aber sehr aufwendig. Auf die Art bleibt das Publikum dran. Einer alleine wäre komplett überfordert“, so Ute Nolls Erkenntnis. Und: „Man muss sichtbar bleiben. Die sozialen Medien, vor allem Instagram, eignen sich sehr gut. Durch Hashtags kann man auf sich aufmerksam machen. Auch Kunstvermittlung läuft auf Instagram sehr gut. Es ist nicht so, dass die Leute da keine Texte lesen.“

Vermittlungsarbeit der Galeristen unterschätzt

Was wirklich fehlt, sind die persönlichen Kontakte zwischen Besuchern, Künstlern, Galeristen. Noll legt großen Wert darauf, eine einladende, gesellige Atmosphäre bei ihren Eröffnungen zu schaffen. Sie ist dann Gastgeberin, Vermittlerin. Das fehlt ihr jetzt sehr. Auch kommerziell betrachtet können soziale Medien die persönlichen Kontakte nicht ersetzen. Denn obwohl Noll internationale Künstler präsentiert, stammt ihre Kundschaft vorwiegend aus Stuttgart, viele aus dem Lehenviertel, ihrem Quartier. Die Kunst braucht eben ihre Botschafter.

Doch vorerst bleibt es schwierig – schwieriger als beispielsweise für die Museen, was Noll ärgert. Denn: Galerien werden zum Einzelhandel gerechnet und haben harte, sich ständig ändernde und überdies verwirrende Auflagen. „Man sieht nur den Kommerz und nicht unsere Vermittlungsarbeit.“ Dennoch kann man Anne Schuberts Ausstellung „Vor aller Augen“ mit Skulpturen, Fotoarbeiten und Objekten in der Liststraße 27 leibhaftig betrachten: nach Terminvereinbarung per E-Mail an mail@unoartspace.com oder telefonisch unter 0171/199 13 68.