Die Handwerkskammer der Region Stuttgart vermeldet ein Plus von 1,5 Prozent bei neuen Lehrverträgen. Wie sieht die Situation bei den Firmen auf der Filderebene aus? Die Antwort ist überraschend.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Filder - Insgesamt 4123 Auszubildende in der Region Stuttgart beginnen in diesem Jahr eine Karriere im Handwerk. Das vermeldet die Handwerkskammer Region Stuttgart. Im Vergleich zu den Vorjahren sei das noch einmal eine Steigerung. Es scheine, als komme insbesondere das Engagement der Handwerkskammer und ihrer Mitgliedsbetriebe in Sachen Nachwuchswerbung bei der Zielgruppe an. „Egal ob Bildungspartnerschaften, Azubimarketing oder Schnupperpraktika: Unsere Unternehmen investieren viel, um jungen engagierten Nachwuchs für die Branche zu begeistern“, sagt Thomas Hoefling, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer.

 

Den positiven Trend bestätigt Gessica Muratore. Sie ist die Ausbildungsleiterin der BMW-Niederlassung Stuttgart. 23 junge Menschen beginnen dort eine Lehre – 21 davon in Vaihingen, zwei am Standort Rosensteinpark, nach einigen Monaten wird rotiert. „Wir haben sogar mehr Azubis angestellt, als wir gebraucht hätten“, sagt Muratore. Ausgeschrieben gewesen seien 20 Stellen, drei Bewerber habe man zusätzlich angestellt. Mehrere Hundert Bewerber hätten sich auf die Lehrstellen gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr habe BMW aber einen Rückgang verzeichnet. Die Bewerberzahlen unterlägen Schwankungen, sagt Muratore. „Mal sind es fünf Bewerber auf eine Stelle, mal 15.“ Am gefragtesten sei die Ausbildung zum Automobilkaufmann gewesen, dicht gefolgt vom Pkw-Techniker.

Ausbildung für den Eigenbedarf

Noch höher klafft die Lücke zwischen Lehrstellen- und Bewerberzahl bei der Firma Lapp Kabel mit Sitz in Möhringen. Auf die 23 Plätze kamen 1219 junge Frauen und Männer, teilt Pressesprecher Markus Müller mit. „Das sind noch mehr Bewerber als vergangenes Jahr, da waren es 1118 Bewerbungen.“ Am Montag haben aber nur 21 Neulinge bei Lapp ihre Ausbildung begonnen. „Ein Auszubildender hat kurz vor Ausbildungsbeginn gekündigt, weil er seine Traumstelle bei einem anderen Arbeitgeber bekommen hatte, bei einem anderen mussten wir leider unser Angebot zurückziehen“, sagt Müller. 13 Bewerber machen bei Lapp eine IHK-Ausbildung, acht sind Studenten an der Dualen Hochschule (DHBW). Unter den Azubis sind vier Flüchtlinge, die nach ihrem Einstiegsqualifizierungsjahr (EQJ) eine Ausbildung beginnen, teilt Müller mit. Die meisten Bewerber wollten eine Lehre zum Industriekaufmann beziehungsweise -frau beginnen. Bei den Studiengängen sei Betriebswirtschaftslehre Industrie gefragt gewesen.

Überschaubarer geht es bei Raff Sanitär zu. In der Degerlocher Tränke beginnen drei Azubis ihre Ausbildung. Die Zahl der Bewerber lag doppelt so hoch, sagt Ulla Raff. „Mehr Auszubildende hätten wir aber nicht aufnehmen können“, sagt sie, „wir möchten uns schließlich auch Zeit für deren Ausbildung nehmen“. Insgesamt sind bei Raff acht Azubis beschäftigt, und Anfragen für das nächste Jahr liegen der Firma ebenfalls schon vor.

Leicht rückläufig war die Zahl der Bewerber bei Roto Frank in Echterdingen, teilt Erika Dittmann-Frank mit. Sie ist dort für die Gesamtausbildung verantwortlich. „Am Montag haben zwölf Auszubildende und Studenten bei Roto angefangen“, sagt sie. „Am beliebtesten waren die Ausbildungsplätze Industriekaufleute und Industriemechaniker.“ Bei den DHBW-Studiengängen habe das Wirtschaftsingenieurwesen ganz vorne gelegen. Roto bildet vor allem für den Eigenbedarf aus. „Nahezu alle Auszubildenden und Studenten werden nach der Ausbildung übernommen“, sagt Dittmann-Frank.

Im Zweifel werden Lehrstellen frei gelassen

Die Maschinenfabrik JW Froehlich hat mit fünf Bewerbern weniger Azubis aufgenommen als in den Vorjahren. Das liege zum einen an internen Vorgängen, erklärt Tabea Eising, die Ausbildungsleiterin des Unternehmens mit Sitz in Leinfelden. Wenn einer der DHBW-Studenten sich entscheide, auf einen der Ausbildungsplätze zu wechseln, dann werde diese Stelle nicht neu ausgeschrieben. Zum anderen sei es manchmal schwierig, geeignete Bewerber zu finden. „Wir bilden aus, um die Azubis später zu übernehmen. Da muss dann schon alles passen“, sagt Eising. Im Zweifel blieben Lehrstellen frei, wenn kein geeigneter Kandidat gefunden werde. In der Regel hat JW Froehlich acht Ausbildungs- beziehungsweise DHBW-Studienplätze zu vergeben, jeweils einer pro Ausbildungsgang. „Wenn aber ein zusätzlicher Bewerber besonders überzeugt, werden Stellen manchmal auch doppelt besetzt“, sagt Eising.

Bei der Flughafengesellschaft Stuttgart beginnen 23 Frauen und Männer ihre Ausbildung, unter anderem als Elektroniker für Betriebstechnik, Servicekaufleute im Luftverkehr oder Werksfeuerwehrleute. Weitere fünf haben ein duales Studium in Kooperation mit der DHBW und der Fachhochschule Worms begonnen.