Genzebe Dibaba, eine von fünf Laufschwestern aus Äthiopien, hat beim Hallenmeeting in Karlsruhe nur knapp ihren 1500-Meter-Weltrekord verpasst. Für Jubel im Publikum sorgte aber auch eine junge deutsche Athletin.

Karlsruhe - Weltrekorde sind ihre Leidenschaft. Bereits sieben dieser Bestmarken hat Genzebe Dibaba auf den Strecken von 1500 bis 5000 Meter aufgestellt und ist längst einer der großen Stars der Weltleichtathletik geworden. „Es ist ein tolles Gefühl, dass ich mit meinen Leistungen in Äthiopien zum Vorbild geworden bin“, sagt die 26-Jährige am Morgen nach dem Karlsruher Hallenmeeting.

 

Mit 3:57,45 Minuten über 1500 Meter hatte Dibaba am Samstagabend vor 4500 Zuschauern mit der zweitschnellsten je in der Halle gelaufenen Zeit das internationale Highlight gesetzt. Nur gut zwei Sekunden blieb sie über ihrem eigenen Weltrekord von 3:55,17 Minuten – vor vier Jahren gelaufen in der Karlsruher Europahalle. „Karlsruhe ist für mich ein sehr gutes Pflaster“, sagt Dibaba mit einem Strahlen im Gesicht, „hier erfahre ich große Unterstützung, hier herrscht eine tolle Atmosphäre.“ Die ersten 800 Meter seien etwas zu langsam gewesen, sagt sie, sonst hätte sie ihr Weltrekordvorhaben umsetzen können.

Den fünf Schwestern ist die Lauferei in die Wiege gelegt worden

„Es gibt viele Läuferinnen auf der Welt, aber keine wie die Dibabas“, hat die äthiopische Läufer-Legende Haile Gebreslassie über die schnellste Familie auf dem Planeten gesagt. Fünf Schwestern haben die Lauferei in die Wiege gelegt bekommen: Ejegaybu (32), Tirunesh (32), Genzebe (26), Anna (21) und Melat (18). 14 WM-Medaillen und fünf olympische Medaillen, darunter drei Olympiasiege, haben Tirunesh zum weiblichen Pendant von Haile Gebrselassie gemacht. Auch die Doppelolympiasiegerin Derartu Tulu, Cousine der Dibabas, gehört zu dieser Läufer-Dynastie.

„Mit sein Erfolgen ist Haile Gebreselassie das Vorbild für uns in Äthiopien“, sagt Anna Dibaba. So viele erfolgreiche Schwestern in der Familie zu haben – das sei eine große Motivation, auch eine erfolgreiche Athletin zu werden. Die Philosophie auf dem Weg dorthin steht auf dem Schild am Büro ihres Coach Sentayehu Esthetu unter der Nationalflagge: „Die Athleten müssen hart trainieren, einander respektieren, als Team zusammenarbeiten und ihr Heimatland ehren.“ Das Läuferland Äthiopien.

Das Tief im vergangenen Jahr hat Genzebe Dibaba überwunden

Die letzten zwei Jahre wackelte der Thron der Genzebe Dibaba. „Ich hatte Probleme mit meinem Schienbein und meinem Rücken“, erklärt sie ihr Leistungstief. So war sie bei der WM in London im 1500 Meter-Finale Letzte geworden und sagte ihren 5000 Meter-Start ab. „Hoch und Tiefs gehören zum Sport“, sagt sie. Diese Phase hat sie inzwischen abgehakt.

Für das nächste Rennen am Donnerstag in Madrid hat die Läuferin, die im Training bis zu 200 Kilometer wöchentlich abspult, ein klares Ziel vor Augen: den nächsten Weltrekord. Dreimal hintereinander war Dibaba bereits Hallen-Weltmeisterin. Anfang März will sie in Birmingham den vierten WM-Titel folgen lassen. Und weil es in diesem Jahr keine großen internationalen Meisterschaften gibt, geht ihre Rekordhatz im Sommer weiter. Der Lauffloh (1,68 Meter, 52 Kilo) will den 5000-Meter-Weltrekord ihrer Schwester Tirunesh (14:11,15 Minuten aus dem Jahr 2008) knacken.

Konstanze Klosterhalfen läuft nur ganz knapp am deutschen Uralt-Rekord vorbei

Hinter Dibaba haben in Karlsruhe aber auch die deutschen Laufhoffnungen für Furore gesorgt. Konstanze Klosterhalfen (Bayer Leverkusen) versetzte das Publikum in Verzückung, als sie zwei Runden vor Schluss zwei Kenianerinnen überspurtete und als Zweite auf der Verfolgung von Dibaba war. Mit persönlicher Bestleistung von 4:04,00 wurde sie Zweite und verfehlte den 33 Jahre alten deutschen Rekord von Brigitte Kraus nur um 36 Hundertstel.

„Ich hatte den Rekord nie im Kopf“, sagte die 20-Jährige hinterher, „hatte aber das Gefühl, noch schneller laufen zu können.“ Am Donnerstag in Madrid wird sie erneut die Verfolgung von Dibaba aufnehmen. Die eine will, die andere könnte eine historische Rekordmarke setzen. Zufrieden war auch die Schorndorferin Hanna Klein, die als Sechste mit 4:10,12 ihre persönliche Bestzeit um zwei Sekunden steigerte. Bei der WM in London hatte Klein gleich zweimal Dibaba hinter sich gelassen.

Gänzlich unzufrieden war dagegen Hindernis-Europameisterin Gesa Felicitas Krause, die mit mäßigen 4:19,34 Neunte wurde. „Die Umstellung aus dem Höhentrainingslager hat überhaupt nicht funktioniert“, sagte Krause, die erst einen Tag vor dem Rennen aus Kenia angereist war.