Der Höfinger Janosch Kowalczyk wird kurzfristig in den Nationalkader berufen und darf bei der Weltmeisterschaft im italienischen Badia Prataglia starten. Dort rollt er das Feld von hinten auf und wird Elfter.

Leonberg - - Seine Erwartungen sind nicht allzu hoch gewesen, als er sich dazu entschlossen hatte, bei den Weltmeisterschaften im Ultra Trail Running im italienischen Badia Prataglia unweit von Florenz zu starten. Der Trainer der deutschen Nationalmannschaft, Jens Lukas, hatte den Höfinger Janosch Kowalczyk relativ kurzfristig in den Kader berufen. „Ich dachte, ich sei nicht so fit und wollte irgendwo im Feld mittendrin ins Ziel kommen, weil ich ja auch nicht wusste, wie die Leistungsdichte ist“, sagt der 26-Jährige. Am Ende kam er nach 49 Kilometern und 2900 Höhenmetern als bester Deutscher auf dem elften Rang ins Ziel.

 

Janosch Kowalczyk ist nicht nur stolz, fassungslos und glücklich über diese Platzierung, sondern auch darüber, „dass ich viele Menschen kennen gelernt habe, die so verrückt sind wie ich, das war das coolste Erlebnis, die Community lebt“, sagt der Höfinger. Zuletzt sei ihm die Freude an seinem Sport etwas abhanden gekommen, „weil ich meistens alleine trainiert habe“, sagt der Ultraläufer. Gut 130 Kilometer kommen in der Woche zusammen. Bergläufe absolviert er teilweise vor der Haustür. „25-mal vom Höfinger Bahnhof rauf und dann wieder runter, das ist mit der Zeit ziemlich monoton und man fällt in eine Lethargie“, sagt Kowalczyk, der auch oft auf die Schwäbische Alb fährt und dort seine Höhenmeter trainiert. Nach seinem Ausflug zu den Weltmeisterschaften hat er in der Nationalmannschaft eine Trainingsgruppe von Gleichgesinnten gefunden, die sich am Wochenende auch mal im Schwarzwald zu langen Einheiten treffen. „Es macht richtig Spaß, mit anderen zu laufen.“

Die 49 Kilometer in Italien führten über Pfade und durch Waldungen. Das Gelände war nicht ganz so alpin, wie Janosch Kowalczyk es schon auf dem Weg zur Zugspitze erlebt hat. Weil er nicht wusste, wo er sich leistungsmäßig einstufen konnte, fing er mit langsamerem Tempo an. Schnell merkte er, dass er noch reichlich Potenzial hat. Er begann, das Feld von hinten aufzurollen. Seine Eltern zu Hause in Höfingen, die das Ganze via Live-Stream im Internet mitverfolgten, fieberten begeistert mit ihrem Sohn mit. „An den einzelnen Kontrollpunkten waren Kameras installiert, und so warteten sie die ganze Zeit vor dem Bildschirm, bis ich diese Stelle passiert hatte und wussten die aktuelle Platzierung“, erzählt der Sohn.

An die Vereinskollegen des Höfinger Lauftreffs schrieben sie: „Alles, was unter Platz 80 bei den Männern wäre, ist ein Erfolg, doch es kam total anders, als wir es uns erträumten.“ 157 Männer und 113 Frauen waren am Start. Bei der ersten Zwischenzeit nach neun Kilometern war ihr Sohn schon auf Platz 47. Bei Kilometer 25 bereits auf Rang 29, bei Kilometer 39 auf Platz 15. „Das konnten wir nicht glauben“, schrieben Manfred und Anette Kowalczyk. Am Ende waren nur noch zehn Konkurrenten vor ihm. Der Sieger, der Italiener Luciano Meneghel, passierte 18 Minuten vor ihm die Ziellinie. In Badia Prataglia wurden die Ultraläufer bei der Siegerehrung richtig gefeiert. „So habe ich das noch nie erlebt“, schwärmt der Höfinger.

Ein Grund, weshalb Janosch Kowalczyk vor seinem „Comeback“ weniger trainierte, war nicht nur mit mangelnder Motivation zu begründen. Er hatte sein Studium in Karlsruhe erfolgreich beendet und arbeitet seitdem in einer Höfinger Firma als Software-Ingenieur. „Da habe ich andere Prioritäten gesetzt und es blieb nicht mehr viel Zeit zu laufen.“

Im Beruf hat Kowalczyk Fuß gefasst, das sportliche Tief ist überwunden. Schon im April lief er beim Freiburg-Marathon mit einer Zeit von 2:38 Stunden auf den fünften Platz. Mitte Mai siegte er beim Feuerbacher Volkslauf über 16 Kilometer in 59 Minuten. Und nur eine Woche nach seinem WM-Erfolg in Italien nahm er sich den 63 Kilometer langen Zugspitz-Supertrail vor. Hier wurde er in 7:46 Stunden Achter.

Nach der Berufung in den Nationalkader kann Janosch Kowalczyk wieder Bäume ausreißen. Bis Mitte Juli will er sich noch erholen – was bei ihm so viel heißt wie sich mit Schwimmen, Radfahren und Krafttraining fit zu halten. Im August liebäugelt er in Sonthofen mit dem Allgäu Panorama Ultratrail über 70 Kilometer. Die Pläne für September oder Oktober sind noch nicht ganz gereift. „Da möchte ich eventuell einen längeren Trail zwischen 80 und 100 Kilometer und einigen Höhenmetern machen, ich weiß aber noch nicht genau, wo und wann.“ Mit Sicherheit wird er da sein Rennen nicht so verhalten angehen wie bei der Weltmeisterschaft in Italien. Denn in der Zwischenzeit weiß der Höfinger wieder, was er drauf hat.