David Storl hat seinen Titel im Kugelstoßen bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften verteidigt. Der 23-jährige Chemnitzer schaffte am Freitag in Moskau 21,73 Meter und holte damit WM-Gold vor Ryan Whiting aus den USA mit 21,57 Metern.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Moskau - Welch Segen die moderne Technik doch sein kann. David Storl hatte sofort die Arme gereckt. Er wusste, als die Kugel in diesem vierten Versuch seine Hand verließ, dass sie weit fliegen würde. Und sie tat es. Sehr weit sogar. Im hohen Bogen flog sie und landete weit jenseits der 21-Meter-Marke. Der Titelverteidiger reckte einen Finger als Jubelpose in den Moskauer Nachthimmel – und der Kampfrichter dazu die rote Fahne. Ungültig. Storl protestierte und nutzte die Kamera eines Fotografen. Der hatte den Wurf abgelichtet, und auf dessen Bilderstrecke wie auch auf den Fernsehbildern war klar erkennbar, dass der Versuch gültig war. Und so kam es dann. 21,73 Meter blinkten auf. Saisonbestleistung. Sieg. Denn der bis dahin Führende Ryan Whiting (USA/21,57) konnte später nicht mehr kontern. „Ich wusste genau, dass der nicht ungültig war. Ein bisschen Gefühl habe ich auch im linken Fuß“, sagte Storl zu der Szene.

 

Als alles vorbei war, setzte Storl sich dann einen Hut in den deutschen Farben auf und ließ sich feiern. Er hat es wieder geschafft. Nachdem er in dieser Saison nur einmal mehr als 21 Meter gestoßen hatte und vor allem viele Fehlversuche aufgrund von Problemen mit der Technik aufwies, war er zum Saisonhöhepunkt wieder da. So, wie er es zuvor selbstbewusst angekündigt hatte. Der Olympiazweite steigerte sich gestern Abend in Moskau im Wettkampf von Wurf zu Wurf. Zwei weitere starke Versuche des 23-Jährigen waren dazu noch ungültig. Einige Tage vor dem WM-Finale hatte er von Experten im Institut für angewandte Trainingswissenschaft seine Wurftechnik analysieren lassen, um den effizientesten Bewegungsablauf zur Umsetzung von Kraft in Weite zu finden. Mit Erfolg.

David Storl, dieses „Jahrtausendtalent“, wie ihn Nadine Kleinert mal nannte, ist der Jungdynamiker im Feld der Kugelstoßer. Er ist so etwas wie der Usain Bolt im Ring. Keiner ist so schnell wie David Storl. Athletik statt Masse, das ist sein Geheimnis, selbst Ausdauertraining ist für ihn ein Fremdwort. Im XXXL-Zirkus der menschlichen Gebirgsmassive wie Reese Hoffa (147 Kilogramm) oder Tomasz Majewski (142 Kilogramm) wirkt er fast schmächtig. Storl ist allerdings 1,98 Meter und wiegt auch mehr als 120 Kilo. Die Dynamik sieht man allerdings mit bloßem Auge: Wenn Storl im Ring angleitet, sieht es im Vergleich zu seinen Kollegen aus, als hätte jemand die Fast-Forward-Taste gedrückt: „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der beim Angleiten seinen rechten Fuß so schnell unter den Körper bringt wie Storl“, sagte der frühere Weltmeister Adam Nelson mal zu Storl. Manchmal sogar zu schnell für die Kampfrichter.

Christian Reif: trotz starkem Wettkampf keine Medaille

Christian Reif war nicht zu schnell – sondern zu kurz. Zerknirscht machte er sich auf den Weg zurück von der Weitsprunggrube zum Ausgangspunkt, wo seine Sachen standen. Seinen letzten Satz hatte er getan, 7,96 Meter war der weit, er zuckte mit den Schultern. Nicht weit genug. Er ist keine Medaille herausgesprungen, trotz eines starken Wettkampfs. Beim Sieg des herausragenden Russen Alexander Menkow (8,56 Meter) wurde Reif Sechster, das Podium verpasste er mit 8,22 Meter hauchdünn. Zwischen dem Zweiten Ignisious Gaisah (Niederlande/8,29 Meter) und Reif lagen sieben Zentimeter. Dritter wurde der Mexikaner Luis Rivera (8,27). Nicht mal mehr die Länge eines Mobiltelefons fehlte Reif zu einer Medaille. Sebastian Bayer wurde Neunter (7,98).

Während David Storl noch mitten im Wettbewerb war, liefen in seinem Rücken die optischen Kontrastprogramme zu den Kugelstoßern. Es ging über die 5000 Meter, und sie gingen an den 10 000-Meter-Weltmeister Mo Farah. Im Sprint setzte sich der Brite vor dem Äthiopier Hagos Gebrhiwet und Isiah Koech aus Kenia durch.

Über 100 Meter Hürden hat derweil die für den VfL Sindelfingen startende Nadine Hildebrand das heutige WM-Halbfinale erreicht. Die 25-Jährige aus Stuttgart-Feuerbach überstand am gestrigen Morgen mit 13,16 Sekunden sicher den Vorlauf. „Für die Uhrzeit war das eine sehr ordentliche Zeit“, sagte Hildebrand. Weniger ordentlich geht es zwischen dem Tübinger Arne Gabius und Wolfgang Heinig zu. Der Bundestrainer hatte Gabius nach dessen Aus über 5000 Meter kritisiert und ihm unkluges Verhalten im Rennen vorgeworfen. Gabius, der nach einem Sturz eines Athleten vor ihm aus dem Tritt kam, sagte nun dazu, dass er „weder Anerkennung noch Unterstützung“ vom Verband erfahre.