Die Verwaltung zaubert für ein Grundstück an der Echterdinger Hauptstraße überraschend ein Vorkaufsrecht aus dem Hut. Architekt und Investor haben dadurch das Nachsehen.

Echterdingen - Nein, Thomas Stäbler versteckt seine städtebauliche Idee nicht, die er für das Gelände gegenüber des Echterdinger Zeppelinplatzes entwickelt hat. Schließlich hat er jede Menge Zeit in diese Pläne investiert. Der Architekt hat entsprechende Bilder auf die Internetseite seines Büros gestellt, die sich jeder, der will, anschauen kann. Im Erdgeschoss eines größeren Gebäudeblockes hatte Stäbler eine großzügige Ladenfläche vorgesehen. Diese Fläche, würde sich auch für die Ansiedlung einer größeren Drogeriemarkt-Kette eignen. Darüber sollten Wohnungen entstehen, die nur zum Teil in Richtung Echterdinger Hauptstraße ausgerichtet wären. „Wir wollten im Sommer 2019 loslegen mit dem Bauen“, sagt er. Dann hätte das Projekt im Herbst 2020 fertig sein können.

 

Stadt macht Bauherren Strich durch die Rechnung

Die Pläne sind Makulatur. Denn die Stadt hat Thomas Stäbler und seinem Vater – dem Bauherren Ulrich Stäbler – einen Strich durch die Rechnung gemacht. Was die beiden freilich nicht gefreut hat. Kurz vor Ablauf der Frist und damit auf den letzten Drücker hat die Bauverwaltung ein Vorkaufsrecht für das Grundstück an der Hauptstraße 34 aus dem Hut gezaubert.

Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung grünes Licht gegeben, dass dieses auch ausgeübt wird. Hinter vorgehaltener Hand wird in kommunalpolitischen Kreisen von einer „rechtlichen Grätsche“ gesprochen.

Was das bedeutet? Die Stadt drängt die Bauherren für dieses Grundstück aus dem Kaufvertrag und tritt als Käufer ein. Die Stäblers müssen nun mit der Kommune gemeinsame Sache machen, um das Areal zu entwickeln.

Der Plan: Die Stadt kümmert sich um den vorderen Teil der Bebauung, also jenen, der an der Hauptstraße liegt. Dort sollen auch weitere Ladenflächen entstehen. Was genau dort entstehen wird, ist offen. Die Verwaltung will einen Architektenwettbewerb ausschreiben. Die Stäblers werden sich hinter einer noch zu ziehenden Trennlinie um Wohnungsbau kümmern. Zwei dreigeschossige Mehrfamilienhäuser mit Dach sollen dort entstehen.

Thomas und Ulrich Stäbler kommen mit diesem Kompromiss klar. Sie fühlen sich dennoch ausgebremst. „Das Ganze wird sich stark verzögern“, gibt der Architekt zu bedenken. Es muss ein neuer Bebauungsplan entwickelt werden. Und: „Das Ding wird auch teurer werden.“ Denn die wirtschaftliche Lage sei nicht absehbar.

Etwas verwunderlich ist das Ganze schon. Denn den beiden Stäblers ist es – im Gegensatz zur Stadtverwaltung – gelungen, das Projekt voranzutreiben und sich mit den bisherigen Eigentümern zu einigen. Bürgermeisterin Eva Noller räumt ein: „Sie haben etwas erreicht, was wir nicht erreicht haben.“ Dazu muss man wissen, dass es durchaus im Interesse der Stadt liegt, das Quartier weiterzuentwickeln. Das Areal, das sich gegenüber des Zeppelinplatzes befindet, lag lange Zeit mitten im Sanierungsgebiet Waldhorn. Die Stadt wollte eine Art Einkaufszentrum gegenüber des Platzes schaffen und so das Angebot des Einzelhandels im Ortsinneren vervollständigen. „Das ist uns weiterhin ein großes Anliegen“, sagt Noller jetzt. Insbesondere ein Drogeriemarkt fehle an dieser Stelle.

Damals aber hätten mehrere Gebäude an der Hauptstraße weichen und Grundstücke im Inneren des Quartiers umgelegt werden müssen. Die Eigentümer der Grundstücke zogen jedoch nicht mit. Sie störten sich unter anderem an einem öffentlichen Weg, der durch das Gelände führen sollte und an einem für Müllautos und andere Fahrzeuge gedachten Wendehof.

Dem Vernehmen nach scheiterte das Vorhaben aber vorallem am Geld. Die Verwaltung konnte sich mit einem Eigentümer nicht über den Kaufpreis einigen. Hinter vorgehaltener Hand wird von „abgehobenen Preisvorstellungen“ geredet. Aus anderer Quelle ist zu erfahren, dass die Stadt nicht sonderlich viel zahlen wollte. Wie auch immer: Die Neuordnung wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Stadt hat das an anderen Ecken erfolgreiche Sanierungsgebiet Waldhorn an diesem Punkt schlussendlich ergebnislos abgeschlossen.

Ein Einkaufszentrum im Ortsinneren

Thomas und Ulrich Stäbler blieben derweil am Ball. Sie suchten das Gespräch mit den Eigentümern, boten „marktübliche Preise“, wie Thomas Stäbler sagt. Mittlerweile gehören der Familie zwei große Grundstücke des Gebietes, zwei deutlich kleinere Stücke, sind im Eigentum der Stadt. Noller sagt dazu: „Bei uns war das Vorkaufsrecht zunächst nicht auf dem Schirm.“ Als jedoch der Kaufvertrag für das Grundstück Mitte August bei der Stadt einging und der Notar von der Stadt wissen wollte, ob es just ein solches Recht gebe, habe man alte Unterlagen durchsucht und „auf den zweiten Blick“ ein solches aus dem Jahr 1979 sowie einen alten Rahmenplan aus dem Jahr 1974 gefunden. „Die Stadt war also schon damals an den Grundstücken dran“, sagt die Bürgermeisterin unserer Zeitung. Das habe sie bestätigt darin, dass die Entwicklung des Gebietes schon lange ein Ziel der Gemeinde war.