Uwe Grässle aus Leinfelden-Echterdingen fühlte sich nach der Reise durch die Wüste als der glücklichste Mann der Welt. Das ist Jahre her, doch wenn er davon erzählt, ist es, als wäre er gestern gewesen

Echterdingen - „Der europäische Mensch ist nicht für die Wüste gemacht, es ist auch kein guter Platz zum Leben“, schreibt Uwe Grässle. Dennoch ist der Architekt zehn Tage mit Beduinen durch „Rub al-Chali“ in Saudi Arabien – der größten Sandwüste der Erde – gereist. Der Stamm „Banu Hanifah“ transportierte nach alter Tradition Dinge des alltäglichen Lebens zu Freunden, die in den weiten Wüstengegenden lebten. „Wir suchen die Einsamkeit der Wüste, weil wir uns dort besser hören können“, hat einer der Männer auf die Frage geantwortet, warum er Beduine geworden ist.

 

Der Deutsche reist mit, um den besonderen Landstrich einmal hautnah zu erleben. Und bekommt in der Wüstennacht das berüchtigte Flüstern des Sandes zu hören. Uwe Grässle beschreibt es als „ein leises, stetig anhaltendes, beruhigendes Summen. Der Sand kühlt in der Nacht ab“, erklärt er. Er beginnt zu rutschen und zu schieben, die Körner reiben aufeinander. „Geräusche entstehen. Töne werden erzeugt. Es ist, als wollte der Sand Zwiegespräche mit einem führen. Fragen des Lebens werden aufgeworfen.“

Die Reise ist zwar 37 Jahre her, in seinem dritten Buch erzählt Uwe Grässle seine Erfahrungen dort aber so lebendig, als habe er dieses Abenteuer erst gestern erlebt. „Ich habe meine Tagebücher immer gut geführt“, sagt er. „So war es relativ einfach, mich zu erinnern“, sagt er.

Grässle hat als Architekt quasi sein halbes Berufsleben im Ausland verbracht. Der Bauexperte plante, betreute und begutachte Projekte in Saudi-Arabien, Jemen, Bahrein, Qatar, Oman sowie dem Irak. Er war in Brasilien, in Süd-Korea und in Österreich tätig. Er hat Schwimmhallen, Sportstätten, Nervenkliniken und Flughafentower mitgebaut. In Deutschland gehörte der Terminal 1 des Stuttgarter Flughafens und die Verlängerung der U 6 zum Fasanenhof zu seinen Projekten.

Der Zauber des Orients hat ihn nie losgelassen

Acht Jahre lang hat der Mann im arabischen Raum verbracht, auch seine Frau Helga hat dort gelebt. Später hat es das Ehepaar trotz vieler Reisen nicht mehr geschafft, dorthin zurückzukehren. Der Zauber dieser Länder hat Uwe Grässle dennoch nie losgelassen. Auch wenn er mittlerweile seit 25 Jahren in Echterdingen lebt und sich für diesen Ort einsetzt. Gemeinsam mit einem Nachbarn hat er sich dafür starkgemacht, dass der Echterdinger Westen nicht total zugebaut wird. Er ist ein fleißiger Leserbriefschreiber, sammelt Bierflaschen mit Bügel und Briefmarken und nennt eine größere Bibliothek sein Eigen. „Ich lese sehr viel: Belletristik, Krimis aber auch andere Bücher.“ An den Wänden seines Wohnzimmers hängen Taler, Schmuck, Waffen – Geschenke aus dem Orient. Am Stammtisch der HTC Stuttgarter Kickers gibt er seine Anekdoten aus Tausendundeinernacht zum Besten. Die Stammtischfreunde waren es, die ihn aufgefordert haben, diese Geschichten auch aufzuschreiben. Drei Bücher sind bereits im Roland Klöpfer Verlag erschienen.

Frühmorgens kommen die besten Gedanken

Frühmorgens beim Laufen kommen Uwe Grässle die besten Gedanken. Noch vor dem Frühstück spaziert er schnellen Schrittes sechs Kilometer durch den Flecken. Nach dem morgendlichen Mahl mit seiner Frau schreibt er diese Sätze nieder. Im Keller seines Hauses sitzt er dann vor seinem Computer.

Sein neuestes Werk erzählt von getrocknetem Fleisch, das am Lagerfeuer verteilt wird, während ein Sternenmeer am Himmel funkelt. Grässle berichtet von rotem Sand, aufgetürmt zu gigantischen Dünen und brüllenden Tieren im Sandsturm. Er erinnert sich an die Oase, die er eines Tages in der größten Sandwüste der Erde zu sehen geglaubt hat – und die sich dann doch als Fata Morgana herausgestellt hat. Von der Reise zurück, schläft er mit dem Gedanken ein, der glücklichste Mann der Welt zu sein. Und träumt noch einmal vom Flüstern des Sandes.

Das Buch „Das Flüstern des Sandes“ von Uwe S. Grässle ist vor Kurzem im Roland Klöpfer Verlag erschienen und ist im örtlichen Buchhandel zu haben.