Die Bürger haben mit ihrem Kreuz am Superwahlsonntag die politischen Verhältnisse in Leinfelden-Echterdingen verändert. Welche Rolle haben dabei strittige Themen wie der Ringerstreit oder der Moscheebau gespielt?

Leinfelden-Echterdingen - Der Bau der Moschee auf den Fildern, das Ringen um eine neue Heimat für die Stettener Feuerwehr, ein von der Bahn geplantes Erdlager, ein umstrittener Bebauungsplan in Musberg und nicht zuletzt der Ringerstreit: In Leinfelden-Echterdingen mangelte es im Vorfeld der Kommunalwahl wahrlich nicht an strittigen Themen. Aber haben sie das Ergebnis auch beeinflusst?

 

Zunächst steht fest: Die Wähler haben die politischen Verhältnisse verändert. Die örtlichen Grünen sind die Gewinner der Kommunalwahl in L.-E.; sie haben als einzige Partei einen weiteren Sitz hinzugewinnen können und sind an den Christdemokraten vorbeigezogen. Die Ökopartei und die Freien Wähler (FW) sind die stärksten Kräfte und haben nun die Möglichkeit, gemeinsame Themen – wie eine Verlängerung der U 5 nach Echterdingen – noch stärker voranzutreiben.

Was ist das Erfolsgeheimnis der Grünen-Fraktion?

Auf diese Frage sagt Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko scherzhaft: „Der Trend aus L.-E. breitet sich eben aus.“ Und schiebt dann nach: „Umweltpolitik haben wir schon immer gemacht. Wir bleiben an diesem Thema dran, das haben die Leute belohnt.“ Sie sagt aber auch: „Wer sich im Vorfeld einer Wahl zu spannenden, lokalen Themen klar positioniert – und das haben wir gemacht –, dem wird dies angerechnet.“ Eine klare Positionierung könne freilich aber auch nach hinten losgehen. Die Fraktion wird drei neue Gesichter haben: Martin Klein, Konrad Pfeilsticker und Edeltraud Reichle-Kanthak. Letztere kennen Politikinteressierte aus dem Kreistag. Die bisherige Stadträtin Eva Barth-Rapp, die nicht mehr kandidierte, hat die Frau angesprochen. Sie war ihre Wunsch-Nachrückerin. „Auch das hat also geklappt“, sagt Grischtschenko.

Welche Rolle spielen prominente Nachnamen?

Eberhard Wächter, Fraktionschef der Freien Wähler, glaubt nicht, dass strittige, lokale Themen die Wahl entschieden haben. „Das Umweltthema zieht. Das hat bundesweit Aufwind, also auch in L.-E.“, sagt er. Auch die FW haben Grund zur Freude. Sie haben ihre sechs Sitze halten können und deutlich mehr Stimmen bekommen als vor fünf Jahren. Zwölf Kandidaten der Liste haben mehr als 4000 Stimmen erhalten – darunter auch Ralf Bauer, der es dennoch nicht mehr in den Gemeinderat geschafft hat. Mit mehr als 5000 Stimmen gehört derweil Friederike Huber künftig der Fraktion an. Die 23-Jährige ist die Tochter von Ex-Fraktionschef Hans Huber. Auch Daniel Stäbler ist fortan FW-Stadtrat. Er ist weder verwandt noch verschwägert mit der Musberger Ringer-Familie.

Der Wähler hat die CDU-Fraktion neu aufgestellt – warum?

Die örtlichen Christdemokraten verlieren einen Sitz und sind fortan nur noch drittstärkste Kraft. „Dieses Ergebnis ist nicht zufriedenstellend“, sagt die Fraktionsvorsitzende Ilona Koch dazu. Zeit zum Jammern bleibe nicht; die kommunalpolitische Arbeit müsse neu verteilt werden. Zwei „fleißige Frauen“, wie sich Koch ausdrückt, sitzen künftig nicht mehr im Gemeinderat. Claudia Zöllmer und Katja Fellmeth wollen zwar hinter den Kulissen weiter für die CDU wirken, den Einzug in den Rat haben sie mit Platz 6 und 7 aber verpasst. Dafür nimmt Theo Stäbler in den Reihen der CDU-Stadträte Platz. Der Vater des Ringerweltmeisters Frank Stäbler ist von Platz 24 der Wahlliste auf Platz 3 vorgerückt und sei darüber, wie Koch sagt, sehr überrascht gewesen. In Sachen strittige Themen kennt er sich derweil aus. Er ist einer von drei Landwirten, deren Felder für einige Jahre unter dem von der Bahn geplanten Erdlager verschwinden könnten. Der andere Neue bei der CDU heißt Christian Vohl. Er arbeitet bei der Feuerwehr am Flughafen, ist dreifacher Familienvater und lebt in Stetten. Hans-Werner Engel aus Musberg war derweil nicht mehr zur Wahl angetreten.

Auch die örtliche SPD hat einen Sitz im Gremium verloren. „Das ist leider der allgemeine Trend“, sagt dazu SPD-Fraktionschef Erich Klauser. „An unserer Arbeit kann es nicht gelegen haben.“ Auch strittige lokale Themen wie der Moscheebau seien nicht wahlentscheidend gewesen. Hier habe sich die SPD klar positioniert. Die gesamte Partei müsse allerdings die Bürger wieder mehr mitnehmen.

Welche Rolle werden die neuen Gruppierungen spielen?

Zwei neue Parteien halten derweil Einzug in den Gemeinderat. „Dadurch wird die Arbeit nicht einfacher“, sagt Klauser. Die Zahl der Wortbeiträge in den Sitzungen werde weiter zunehmen, sagt dazu Fraktionskollegin Barbara Sinner-Bartels.

Claudia Moosmann wird fortan die Linke im Gemeinderat vertreten, Sigrid Ott die Partei Demokratie in Bewegung (DiB). Nun stellt sich die Frage, ob die Frauen als Einzelkämpferinnen auftreten werden oder ob sie bei einer Fraktion Unterschlupf finden.

Die SPD-Fraktion hat nicht vor, sie aufzunehmen, das steht fest. Sigrid Ott von der DiB hat derweil bereits zarte Bande zu der Liste Engagierte Bürger geknüpft, die mit Sabine Onayli und Jürgen Kemmner wieder im Gemeinderat vertreten sein wird. Auch Onayli engagiert sich bei der DiB. Mit der FDP will Ott allerdings keine gemeinsame Sache machen. Das ist ein Problem: Denn auch Wolfgang Haug, der es mit Judith Skudelny für die Liberalen erneut ins Gremium geschafft hat, kann sich – neben anderen Alternativen – gut vorstellen, dass die FDP mit der Liste Engagierte Bürger auch künftig wieder eine Fraktionsgemeinschaft bildet. „Wir sind zwei, und die sind zwei. Und wir haben in der Vergangenheit sehr gut zusammengearbeitet“, sagt er. Auch diese Frage bleibt also spannend.