Zu Beginn der Gemeinderatssitzungen können Einwohner Fragen an die Stadtverwaltung richten. Doch der Tagesordnungspunkt wird auch immer wieder für ausschweifende Erklärungen genutzt.

Der Name sollte eigentlich nicht Programm sein. Inzwischen droht die sogenannte Bürgerfragestunde aber tatsächlich auch eine ganze Stunde zu dauern. In Leinfelden-Echterdingen nutzen immer wieder Einwohner das öffentliche Forum, das ihnen mit der Bürgerfragestunde zum Beginn von Gemeinderatssitzungen geboten wird, um ausschweifende Stellungnahmen abzugeben. Die Frage am Schluss des Vortrages ist dann oft nur noch rhetorisch. Und nicht immer sind es nur Angelegenheiten der Stadt, die dabei auf den Tisch kommen. Innerhalb der Verwaltung und in Teilen des Gemeinderates ist der Verdruss darüber inzwischen so groß, dass öffentlich darüber nachgedacht wird, zukünftig keine Bürgerfragestunde mehr auf die Tagesordnung zu setzen.

 

Am vergangenen Dienstag war es wieder so weit. Der Mangel an Kinderbetreuungsmöglichkeiten treibt viele Eltern um. Gleich vier Gäste in der Filderhalle thematisierten nacheinander, dass es zu wenige Plätze gebe. Dabei ist sowohl der Verwaltung als auch dem Gemeinderat das Problem bereits bewusst. Mit einer aggressiven Personalwerbung ist es sogar gelungen, einige der offenen Stellen im Erzieherbereich zu besetzen. „Steter Tropfen höhlt den Stein“, meinte der zuständige Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell. Dass keine Anstrengungen unternommen werden, die Situation zu verbessern, kann wohl niemand behaupten. Gleichwohl erhalten zum neuen Kindergartenjahr nicht alle Eltern einen Betreuungsplatz für ihre Kinder.

Bürger haben immer wieder auch sehr spezielle Fragen

Mit seinen Problemen ist Leinfelden-Echterdingen nicht allein. „Ich bin allmählich ratlos“, gab der Oberbürgermeister Roland Klenk zu. Viele offene Fragen zum Thema Kinderbetreuung müsse das Land, nicht die Kommune beantworten. Neben dem momentanen Top-Thema bei der Bürgerfragestunde, der Kinderbetreuung, gibt es immer wieder sehr spezielle Fragen von Einwohnern, deren Beantwortung nicht sofort erfolgen kann.

Die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg legt fest: „Der Gemeinderat kann bei öffentlichen Sitzungen Einwohnern die Möglichkeit einräumen, Fragen zu Gemeindeangelegenheiten zu stellen oder Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten.“ Es ist also keine Pflicht, eine Bürgerfragestunde anzubieten.

Dass die Bürgerfragestunde für „Aktivismus“ genutzt werde, missfällt unter anderem dem FDP-Stadtrat Wolfgang Haug. Er mahnte an, das Thema beim nächsten Ältestenrat des Gemeinderates zu besprechen. Immerhin verursachen die Tagesordnungen des Gemeinderates auch ohne die Bürgerfragestunde oft Sitzungen, die bis in die Nacht dauern. Der Ältestenrat tagt hinter verschlossenen Türen und berät den Oberbürgermeister in Fragen der Tagesordnung und des Verlaufs der Verhandlungen des Gemeinderats. Nach der Sitzung wird man sehen, ob die Bürgerfragestunde auch in Zukunft auf der Tagesordnung des Gemeinderates steht.