Weil das Leben vor den Toren Stuttgarts immer teurer wird, ziehen viele junge Leute weg. Im Falle der Feuerwehr kann das gravierende Folgen haben. Der OB von Leinfelden-Echterdingen will derweil das Leben aller ehrenamtlicher Helfern in der Stadt einfacher machen.

Leinfelden-Echterdingen - Noch ist alles in Ordnung bei der Feuerwehr in Leinfelden-Echterdingen. 230 aktive Männer und Frauen sind tags und nachts im Einsatz, rücken aus, wenn es brennt oder Unfälle passiert sind. Doch die Abteilungen werden spätestens in zehn Jahren an ihre Grenzen stoßen. Zumindest dann, wenn die Entwicklung der Wohnungspreise auf den Fildern so weitergeht wie bisher und die Stadt nichts unternimmt.

 

„Wir bilden junge Leute aus, bauen sie auf, damit sie einmal unsere Feuerwehr weiterführen können“, sagt Stadtkommandant Wolfgang Benz. Doch gerade diese jungen Leute können es sich nicht mehr leisten, eine größere Wohnung in Leinfelden-Echterdingen zu mieten oder gar zu kaufen. Die Folge: Der Feuerwehrnachwuchs zieht spätestens dann weg aus der Stadt, wenn er selbst eine Familie gründet.

Der Feuerwehr droht die Überlastung

Aber genau das stellt den Kommandanten vor ein größeres Problem: „Wenn wir in zehn Jahren nur noch aus alten Feuerwehrleuten bestehen, kommen wir in eine Überlastungssituation“, erklärt er. Wer bei der Freiwilligen Feuerwehr ist, übe zwar ein Ehrenamt aus, stellt Benz klar. „Wir sind aber kein Verein“, sagt er. Die Feuerwehr sei vielmehr eine Pflichtaufgabe der Stadt. Und genau deshalb sieht er die Stadt auch in der Pflicht, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Dem Kommandanten schwebt dabei eine Art Vorkaufsrecht für Feuerwehrmänner und -frauen vor. Die Stadt solle, wenn sie Wohnungen baut und Gebiete erschließt, gezielt auf wohnungssuchende Mitglieder der Wehren zugehen. Die Stadt sollte diese in der Prioritätenliste, nach der städtische Wohnungen vergeben würden, weiter nach vorne nehmen. Damit der Feuerwehrnachwuchs im Ort bleiben kann.

Oberbürgermeister Roland Klenk ist dieser Wunsch bekannt. „Wir drohen dorthin zu kommen, dass die Feuerwehr nicht mehr genügend Leute hat“, sagt er. Und wie Benz sagt er: „Das hat auch mit dem fehlendem Wohnraum zu tun.“ Klenk will die Situation der freiwilligen Helfer verbessern und auch sonst dazu beitragen, die vielen ehrenamtlichen Helfer, die es in der Stadt gibt, bei der Stange zu halten. „Das Ehrenamt soll in unserer Stadt weiterhin seinen Platz haben“, sagt er.

Vielen Menschen fehlt die Zeit fürs freiwillige Engagement

Der Oberbürgermeister möchte offenbar ein Versprechen einlösen, das er im November 2017 – kurz nach seiner erneuten Wiederwahl gegeben hat. Damals hatte er angekündigt, sämtliche Ehrenamtlichen der Stadt an einen Tisch holen zu wollen. Er will den Vereinen und Institutionen das Leben etwas leichter machen. Denn: Jüngere Menschen wollen sich ehrenamtlich nicht mehr so engagieren, wie das früher einmal war. Vielen Bürgern fehlt die Zeit, weitere Aufgaben neben Job und Familie zu übernehmen. Mit der Folge: Viele Ehrenämter können nicht mehr besetzt werden.

Die Verwaltung hat einen Fragebogen an alle Vereine und Institutionen verschickt. Mitarbeiter unterschiedlicher Ämter haben sich im Anschluss zusammengesetzt und ein Bündel an Maßnahmen erarbeitet, die laut Roland Klenk zum Teil auch Geld kosten. Ein Punkt von der langen Liste: Größere Vereine und Vereinsringe will die Stadt finanziell unterstützen, sodass diese einen Geschäftsführer auf Minijobbasis anstellen können.

Beim Vereinsring Echterdingen gibt es einen solchen Geschäftsführer bereits. Um die Großveranstaltung Krautfest weiterhin im Ehrenamt stemmen zu können, hatte sich der Vereinsring neue Strukturen überlegt. Eine Unternehmergesellschaft wurde gegründet. „Die Feuertaufe wird in diesem Herbst sein“, sagt Vereinsringchef Thomas Stierle. Er spricht von „einem Baby, das noch laufen lernen muss“. Erste Erfolge haben sich aber bereits eingestellt: „Die Entscheidungswege sind kürzer geworden, die Organisation des Festes wird einfacher und zukunftssicherer“, sagt er.

Vereine treibt das Thema Bürokratie um

Laut Stierle treibt viele Vereine auch das Thema Bürokratie um. „Es gibt immer mehr Vorschriften zu beachten“, sagt er. Ein Beispiel: Wenn der Echterdinger Vereinsring den Maibaum aufstellt, müsse vorab ein Förster die Standfestigkeit des Baumes überprüft haben. Beim Aufstellen selbst müsse ein gewisser Sicherheitsabstand eingehalten werden, was dazu geführt hat, dass der durchaus imposante Akt, den früher viele Bürger gerne mitverfolgt haben, mittlerweile unter Ausschluss der Öffentlichkeit passieren muss. „Das war früher alles nicht so“, sagt Stierle.

Ob die Stadt gegen dieses Problem allerdings etwas unternehmen kann, sei fraglich. Ansonsten aber sagt der Echterdinger Vereinsringschef: „Groß beklagen können wir uns eigentlich nicht.“ Die Zusammenarbeit der Ehrenamtlichen mit der Stadt laufe bereits sehr gut. „Im Vergleich mit anderen Städten sind wir hier in L.-E. in Abrahams Schoß.“