Weil Lena Gercke ihre Karriere als Model und Moderatorin verfolgt und sich weigert, ihre Rolle als Spielerfrau zu spielen, feindet der Boulevard sie an. Doch die kluge 26-Jährige weiß sich zu helfen.

Stuttgart - Es vergeht kaum noch ein Tag, an dem ihr der Boulevard keinen Skandal andichtet. Dass sie klapperdürr sei, ist noch einer der harmloseren Vorwürfe, den sich Lena Gercke, 26, gefallen lassen muss. Von einem „Diätkrieg“ mit ihrer Entdeckerin Heidi Klum ist die Rede und davon, dass sie, Lena, auf dem besten Wege sei, ihre Sympathiepunkte als neues TV-Gesicht wieder zu verspielen und dort zu landen, wo schon Sylvie Meis gelandet sei, jene andere Spielerfrau, die es einst auf wundersame Weise ins Fernsehen geschafft hat. Den traurigen Höhepunkt erreichte die Berichterstattung über Lena Gercke jedoch diese Woche, als das „OK!“-Magazin die Falschmeldung verbreitete, ihr privates Glück mit dem Fußball-Nationalspieler Sami Khedira sei zerbrochen: „Der Traum ist aus.“

 

Es ist eben nicht immer leicht, eine Spielerfrau zu sein. Fragen Sie Lena Gercke. Und wer jetzt sagt, Lena wer, was soll dieser Medienrummel, Lena Gercke sei schließlich nicht Helene Fischer oder Kate Middleton, der darf eines nicht vergessen. Lena Gercke ist nur im Nebenberuf „Spielerfrau“, sofern man die Verlobung mit einem Fußballer überhaupt als Beruf bezeichnen kann. Dass sich die 26-Jährige unbeeindruckt von dem Rummel um ihre Beziehung die Freiheit herausnimmt, ihre eigene Karriere weiterzuverfolgen, trägt ihr Spott und Häme ein.

Viel beschäftigt – nicht nur für Kalender

Dabei kannte man ihr Gesicht schon, bevor die Medien sie und Sami Khedira zum neuen Traumpaar hochjazzten. Angefangen hat alles 2006, als das Mädchen aus Cloppenburg die erste Staffel der Castingshow „Germany’s next Top Model“ (GNTM) gewann. 1,78 Meter groß. Gesegnet mit den Modeltraummaßen 90/62/89. Viele erinnern sich vielleicht noch an den Moment, als sie erfuhr, dass sie die Show gewonnen hatte. Man sah ein schüchternes Mädchen mit verwuschelter Kim-Wilde-Frisur. Es hielt sich beide Hände vors Gesicht. Es weinte.

Lena Gercke sagt heute, eine Freundin habe sie damals zu der Show angemeldet. Sie habe nie damit gerechnet, dass es der Beginn einer Karriere sein würde, wie sie danach keiner anderen Gewinnerin von GNTM mehr gelingen sollte. Sie ist heute ein viel beschäftigtes Model im In- und Ausland. Andere GNTM-Kandidaten können sich glücklich schätzen, wenn sie als Leckerbissen für den Kalender des Lebkuchenherstellers Lambertz posieren dürfen. Lena Gercke modelt für Gucci. Ihren Zweitwohnsitz hat sie inzwischen in New York, dort, wo auch ihre Agentur sitzt.

Und dann der Durchbruch in New York

Sie habe drei Anläufe gebraucht, bis sie am Big Apple Fuß gefasst habe, hat sie neulich im Interview auf dem Roten Sofa in der NDR-Sendung „DAS!“ gesagt. Und es klang, als könne sie es immer noch nicht glauben. „Ich war ja eher so ein kommerzielles Mädchen, und die New Yorker mögen eher so den roughen Typ.“ Den Sprung über den Atlantik habe sie erst geschafft, als sie ungeschminkt zum Shooting erschienen sei, „im weißen Tank-Top, kein Hair, kein Make-up – clean, so mögen das die New Yorker“.

Vom Modeln kam sie zur Moderation. Es war Heidi Klum, die ihr eine Tür zum Fernsehen geöffnet hat. Vier Staffeln moderierte Lena Gercke die österreichische Ausgabe der Model-Castingshow, dann wurden auch deutsche Sender auf sie aufmerksam. Von Samstag an sitzt sie schon zum zweiten Mal in der Jury der quotenstarken Castingshow „Das Supertalent“ (RTL), zwischen dem Stilpapst Guido Maria Kretschmer und Bruce Darnell, der „Grande Dame“ des Catwalks.

Professionell, natürlich und selbstbewusst genug, um Dieter Bohlen auch mal Kontra zu geben, so sieht man sie beim Sender RTL. Von Diven-Allüren oder Zoff in der Jury, wie ihn jetzt die „Gala“ kolportiert hat, will man dort nichts wissen. Von einer „erfundenen Story“ spricht die RTL-Pressesprecherin Anke Eickmeyer.

Interviews? Jetzt nicht mehr!

Und vermutlich würde man die Geschichte als branchenübliches Medienrauschen abtun, wenn es eben nur eine Geschichte wäre. Aber seit dem Sieg der Nationalelf bei der Fußball-WM in Rio de Janeiro ufert die Berichterstattung über Lena Gercke langsam aus. Lena mit geflochtenen Zöpfen. Lena in Hotpants. Lena mit Kind auf dem Arm, in einer brasilianischen Favela. So kultivieren die Medien das klassische Bild der Spielerfrau als Stilikone und Botschafterin für die Kindernothilfe. Ihr selber sei der Rummel nach dem Sieg der deutschen Nationalelf unangenehm gewesen, gestand sie bei „DAS!“. „Das war ja nicht mein Spielfeld.“

Lena Gercke und Sami Khedira mit dem WM-Pokal im Juli 2014 Foto: dpa
Dass Lena Gercke sehr bewusst zwischen Privat- und Berufsleben trennt, dass sie jetzt nach der Fußball-WM ein eigenes Online-Fitnessprogramm mit Bewegungs- und Ernährungsplan lanciert hat, statt bei ihrem verletzten Verlobten in Madrid zu bleiben, passt nicht in dieses Bild. „Mein Baby“, nennt sie dieses Projekt augenzwinkernd. Wohl wissend, dass ihr der Boulevard schon x-mal eine Schwangerschaft angedichtet hat. Interviews lehnt sie inzwischen kategorisch ab. Auch ihr Management will das Rauschen im Blätterwald nicht kommentieren.

Welch konservatives Frauenbild der Medien

Eine kluge Strategie, urteilt die Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher von der Universität Hamburg. Sie sagt, die Berichterstattung über Lena Gercke verrate mehr über das konservative Frauenbild der Medien als über Gercke selber. Die Medien reduzierten Frauen immer noch auf ihre Optik und ihre Rolle als Anhängsel und Heimchen am Herd. Wer immer dieses Bild infrage stelle, wie es gerade die Schauspielerin Emma Watson („Harry Potter“) als UN-Botschafterin mit einem flammenden Plädoyer für Gleichberechtigung getan habe, müsse mit einem Shitstorm leben. Der aber, sagt Joan Bleicher, ginge auch wieder vorbei.

Man kann Lena Gercke nur wünschen, dass sie nicht den gleichen Fehler begeht wie ihre Kollegin Sylvie Meis. Die befeuerte die Gerüchte um ihr Privatleben noch, als sie ein Tagebuch in der „Bild“-Zeitung veröffentlichte, um nach der Trennung von ihrem Mann Rafael van der Vaart einen Schlussstrich zu ziehen. Dem Boulevard käme eine solche sich selbst erfüllende Prophezeiung auch im Fall Gercke entgegen. Fürsorglich, wie die „Gala“ ist, hat sie die Karrierefrau längst in der „Sylvie-Falle“ verortet.