Lena Hach stellt bei den Esslinger Literaturtagen ihr neues Buch „Leander Linnens Wunderladen“ vor und verrät im Interview, warum sie selbst gerne Kind war.

Das hat auch die Esslinger Lesart nicht alle Tage: Eine Weltpremiere! Im Kunstdruck Central Theater las Lena Hach zum allerersten Mal vor Publikum aus ihrem Kinderbuch „Leander Linnens Wunderladen“. Und weil es mit seinen 24 plus 1 Geschichten ein echtes Adventsbuch ist, hatte die Schriftstellerin eine Keksdose mit Zettelchen mit dabei, und die Kinder durften per Los entscheiden, welche Geschichte sie vorliest. „Alle wollten mitmachen, und, hui, hatte ich alle mit im Boot“, freute sich die Autorin, die erzählte, dass sie viele ihrer Einfälle aus ihrer eigenen Kindheit schöpft.

 

Frau Hach, Ihr neues Kinderbuch ist ein Adventsbuch mit 24 plus 1 Geschichten. War das formal eine besondere Herausforderung für Sie?

Ja, aber die habe ich mir selbst aufgehalst. Ursprünglich waren nur sieben Geschichten fürs Radio geplant. Ich habe dann dem Verlag vorgeschlagen, daraus ein Adventsbuch zu machen, und ich habe über einen längeren Zeitraum die 25 Geschichten geschrieben. Ab Geschichte 18 musste ich mich richtig anstrengen, dass mir noch etwas Gutes einfällt. (lacht)

Ihre Hauptfigur, Leander Linnen, hat immer eine schmutzige Brille, „weil es so viel Wichtigeres gibt als saubere Brillengläser“. Wie kommen Sie auf so eine Idee?

Das ist tatsächlich autobiografisch. Heute bei der Lesung wurde ich von den Scheinwerfern angestrahlt, und als Erstes fiel mir auf: Meine Brille ist wieder sooo schmutzig. Auch als ich jünger war, war meine Brille immer schmutzig. Damals hat mich das gestört. Heute sehe ich das gelassener: Jetzt ist das einfach so.

Ihre Erinnerungen an Ihre eigene Kindheit sind Ihnen sehr präsent?

Ja, ich war extrem gerne Kind. Und ich kann mich, glaube ich, noch recht gut daran erinnern, wie es ist, ein Kind zu sein. Diese Zeit ist für mich sehr lebendig. Sie ist mir noch recht nah. Und auch wenn das jetzt abgegriffen klingt: Vielleicht schreibe ich einfach für mich als Zehnjährige?

Sie haben selbst zwei Kinder – hat deren Blick auf die Welt Ihre eigene Weltsicht verändert?

Ja, wenn man zum Beispiel mit Kindern spazieren geht, dann entdeckt man die Welt ganz neu. Kinder lassen sich so viel mehr Zeit, sie haben einen offenen Blick, und sie haben großartige, fantastische Ideen.

Sie haben eine Zeit lang eine Schule für Clowns besucht. Profitieren Sie von den dort gemachten Erfahrungen auch als Autorin?

Das, was ich an Geschichten mag – an meinen eigenen und an denen von anderen Autorinnen und Autoren –, ist das, was auch ein Clown im Idealfall macht: Er verbindet die Schwere mit Leichtigkeit, den Ernst mit Humor. Ganz viele Clowns vereinen das, die stolpern ja nicht nur über ihre zu großen Schuhe. Das ist wahrscheinlich auch im Leben gut, wenn man Schwere mit Humor vereinen kann. Und ich habe in der Clownschule gemerkt, dass mein Platz eher beim Ausdenken der Geschichte ist als beim Über-die-großen-Schuhe-Stolpern. Damals war ich auch eher schüchtern. Heute ist das in der Kombination gut: Ich genieße die Lesungen vor Publikum als Abwechslung zu den langen ruhigen Phasen schreibend vor dem Laptop zuhause.

Ihr Buch wird für Kinder ab fünf Jahren empfohlen. Woher wissen Sie, dass Sie die richtige Sprache für Ihre Zielgruppe wählen?

Zum Glück macht diese Einordnung der Verlag. Ich möchte die Kinder sprachlich weder über- noch unterfordern. Na ja, ein kleines bisschen Überforderung ist in dem Fall meiner Meinung nach ganz gut. Bei Lesungen gibt es dann oft diese kurzen Unterbrechungen, um zum Beispiel Begriffe zu klären: „Was sind Fäustlinge?“ Da hat sich in Esslingen gleich ein Junge gemeldet und das erklärt. So komme ich mit den Kindern ins Gespräch: Aber auch wenn sie das Wort nicht kennen, verstehen sie seine Bedeutung meistens aus dem Kontext.

Was kann die Illustration, was der Text nicht kann?

Im Idealfall fügt die Illustration eine weitere Ebene dazu und erzählt ein bisschen eine eigene Geschichte. Bei Leander Linnen hat die Illustratorin Friederike Ablang mit ihrem Blick noch eine weitere, ganz andere Vorstellungswelt eröffnet. Ich musste zum Beispiel manchmal richtig lange überlegen, was in Leander Linnens Trödelladen an kuriosen Dingen so alles im Angebot ist. Und sie zeichnet einfach ein Glas Gewürzgurken ins Regal. Warum auch nicht? Durch die Illustrationen hat das Buch etwas von einem Such- und Wimmelbuch, in dem man beim Vorlesen und Zuhören viel entdecken kann.

Sie haben bei Ihrer Lesung hier in Esslingen auch einen Teil der Illustrationen gezeigt …

… ja, aber vielleicht sollte ich in Zukunft immer zuerst ein Stückweit lesen, und dann erst die entsprechende Illustration zeigen. Die Fantasie der Zuhörer ist aktiver, wenn sie die Bilder selbst schaffen muss.

Das Buch schenkt ein Lächeln für jeden Tag im Advent. Was bedeutet Ihnen selbst diese Jahreszeit?

Mein eigenes Weihnachten als Kind war ein bisschen unstet, wir waren immer an einem anderen Ort, es gab nicht so eine feste Tradition zuhause. Heute bin ich dankbar dafür, dass mein Partner ein Riesen-Weihnachts-Fan ist und ein Profi im Gemütlich-Machen. Eigentlich mag ich sogar die Vorweihnachtszeit lieber als Weihnachten. Ich mag die Vorfreude, den Glitzer und die Lichter sehr.

Mit 24 plus einer Geschichte durch den Advent

Die Autorin
 Lena Hach (Jahrgang 1982) wuchs in einer Kleinstadt in Hessen auf. Nach dem Besuch einer Schule für Clowns studierte sie unter anderem Anglistik und Germanistik. Währenddessen begann sie, als Journalistin zu arbeiten, bis sie sich ganz dem Schreiben von Kinder- und Jugendliteratur, Hörspielen und Theaterstücken widmete. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Berlin.

Das Buch
In der schmalsten Gasse der Stadt führt Leander Linnen, ein stattlicher Mann mit Kugelbauch und Rauschebart, einen mit allerhand Krimskrams vollgepackten Laden. Jeder Kunde verlässt „Leander Linnens Wunderladen“ (Mixtvision, 18 Euro, ab fünf Jahren) mit dem perfekten Geschenk, einem guten Gefühl, einem klugen Gedanken oder beseelt vom Zauber der Weihnacht.

Adventskalender-Podcast
Ab dem 1. Dezember gibt es jeden Tag eine der Geschichten aus Leander Linnens Wunderladen als Adventskalender-Podcast bei rbb-Kultur zu hören. Die vom Schauspieler Felix von Manteuffel gelesenen Texte sind kostenlos zu hören unter https://www.ohrenbaer.de/wir/sendungen/geschichten-2022/leander-linnens-wunderladen-24-1-advents-podcast.html