In Oberlenningen steht das Scheufelen-Gelände zur Disposition. Die Gemeinde will auf dem 20 Hektar großen Areal unter anderem Zukunftstechnologien ansiedeln.

Lenningen - Der einst so stolzen Papierfabrik Scheufelen in Lenningen läutet schon seit einiger Zeit das Sterbeglöckchen. Nach mehreren Insolvenzen droht ihr nun endgültig das Aus. Doch gibt es bei aller Trauer auch Hoffnung. Die Gemeinde will auf einem Teil des Betriebsgeländes das Technikum Laubholz ansiedeln, das Grüne und CDU im Land im Koalitionsvertrag vorgesehen haben. Dieses Forschungsinstitut soll Lenningen neue wirtschaftliche Impulse geben – ähnlich wie nach dem Niedergang der Textilindustrie die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung, die in Denkendorf angesiedelt worden sind.

 

Der Lenninger Bürgermeister Michael Schlecht weiß, dass es im Land noch andere Kommunen gibt, die das Technikum an Land ziehen wollen. Doch ist er fest überzeugt, dass seine Gemeinde die beste Wahl ist: „Wenn man man es objektiv betrachtet, dann ist das Scheufelen-Areal hervorragend geeignet für das Laubholzinstitut.“

Bahnanschluss und Kläranlage als Pluspunkte

Neben den Gebäuden gibt es einen Bahnanschluss, über den die Fabrik mit Rohmaterial versorgt worden ist. Eine große Kläranlage mit entsprechenden Kapazitäten ist vorhanden, zählt Michael Schlecht die Faktoren auf, die aus seiner Sicht klar für den Standort Lenningen sprechen. „Wo soll dieses Technikum denn besser aufgehoben sein als im Biosphärengebiet Schwäbische Alb, umgeben von Wald und Naturschutzgebieten?“, fragt Michael Schlecht.

Ein weiteres Argument führt der Bürgermeister ins Feld. Der Niedergang der Papierfabrik Scheufelen ist mit einem massiven Verlust von Arbeitsplätzen verbunden. Um die Jahrtausendwende hatte der mit Abstand wichtigste Arbeitgeber im Lenninger Tal noch rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Zum Zeitpunkt der Insolvenz im vergangenen Februar Waren davon rund 100 übrig geblieben. Jetzt wickeln nur noch wenige Leute den Betrieb ab. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Lenningen ist von 2300 im Jahr 2000 auf aktuell 1654 zurückgegangen. Rund 800 Einwohner hat die Esslinger Kreisgemeinde in der Folge durch Wegzug verloren.

Gemeinde sieht in der Ansieldung eine Riesenchance

Sollte die Entscheidung des Landes pro Lenningen fallen, so wäre das laut dem Bürgermeister ein wichtiges Stück Strukturpolitik. Ein wissenschaftliches Laubholzinstitut könnte zu einer sogenannten Cluster-Bildung führen und die Ansiedlung von Gewerbe und Dienstleistungen zur Folge haben. „Das Technikum wäre eine Riesenchance für diese Gemeinde mit ihren sieben Ortsteilen und 8500 Einwohnern“, ist Michael Schlecht überzeugt.

Zu dem Laubholzinstitut stehen im Koalitionsvertrag folgende Sätze. „Klimatolerantere Laubbaumarten werden künftig wesentlich zur ökologischen Stabilität unserer Wälder beitragen. Daher ist die Entwicklung innovativer und hochwertiger Verwendungsmöglichkeiten für Laubholz von zentraler Bedeutung. Baden-Württemberg wird sich durch umfassende Forschung eine Spitzenposition in der laubholzbasierten Rohstoffverwendung erarbeiten. Hierzu fördert das Land ein ,Technikum Laubholz‘ zur Forschung an Laubhölzern und Produktionsformen im industriellen und gewerblichen Maßstab.“ Ein Forschungsgebiet ist beispielsweise die Herstellung von Carbonfasern aus Holz. Auch die Entwicklung von Ersatzstoffen für die Kosmetikindustrie ist ein wichtiges Thema. Weg vom Öl, hin zum Holz, lautet die Marschrichtung.

Graspapier-Know-how soll erhalten bleiben

Die Papierfabrik Scheufelen hat zuletzt ebenfalls versucht, über Innovationen wieder auf Kurs zu kommen. Doch die hohen Erwartungen an die Produktion von Graspapier als Alternative zum herkömmlichen Papier haben sich bisher nicht erfüllt. Inzwischen ist es fraglicher denn je, ob Graspapier für die Firma Scheufelen doch noch die Rettung in letzter Minute bedeutet. Gleichwohl sehen viele im Graspapier die Zukunft, wenn es um die Herstellung umweltfreundlicher Verpackungen im Lebensmitteleinzelhandel geht. Und hier hofft Michael Schlecht, dass zumindest das Know-how in Lenningen verortet bleibt.

Als Signal an das Land hat der Lenninger Gemeinderat jetzt die Umnutzung des Scheufelen-Areals in die Wege geleitet. Eine Änderung des Bebauungsplans sieht die Schaffung von Wohnraum und Gewerbe ebenso vor wie die Nutzung der rund 150 Jahre alten Gebäudekomplexe für Dienstleistungen und kulturelle Zwecke. Ausdrücklich sieht der Plan auch die Ansiedlung des Technikums Laubholz vor. Es wird erwartet, dass das Land noch vor der Sommerpause zu Potte komm9t. Lenningen setzt auf einen zügigen Abschluss. Denn die Scheufelen Grundstücksgesellschaft, die im Besitz der Flächen ist, werde nicht ewig auf eine Weichenstellung warten, sagt Michael Schlecht.