Commissario Grauner ermittelt wieder und dieses Mal an einem Ort in Südtirol, den alle kennen, aber kaum einer mag: Den Brenner-Pass.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Südtirol - Es geht weiter mit den finsteren Machenschaften an idyllischen Orten: Lenz Koppelstätter hat nach „Der Tote am Gletscher“ und „Die Stille der Lärchen“ den dritten Krimi mit dem bärbeißigen Commissario Johann Grauner und dessen neapolitanischen Kollegen Claudio Saltapepe veröffentlicht. Doch halt: Nichts ist’s dieses Mal mit grandiosen Bergpanoramen, lauschigen Lauben und rustikalen Gasthöfen. „Nachts am Brenner“ spielt vor allem an dem Alpenpass, den die meisten Urlauber wohl nur vom Durchfahren oder allenfalls vom Zwischenstopp am dortigen Outletcenter kennen.

 

Der Bau der Brennerautobahn in den 1960er und 1970er Jahren und zudem der Wegfall der Grenzen hatten nicht nur dem Ort, sondern dem gesamten Eisacktal übel mitgespielt. Wer sich mal die Zeit gönnt und nicht über die Autobahn in den Süden rutscht, sondern die alte Landstraße nimmt, passiert ein ums andere Mal einen verlassenen und verfallenen Gasthof, die an die frühere Jahrzehnte der Blüte des Brennerpasses erinnern. Auch der Ort selbst ist nur noch ein Schatten seiner selbst, ein Gewimmel von Fahrspuren, Gleisen, Verwaltungsgebäuden und eben dem Brenner Outlet, der dort 2007 eröffnet wurde.

Grauner ermittelt in eigener Sache

In „Nachts am Brenner“ wird in dem heruntergekommenen Ort ein Greis auf brutale Weise umgebracht. Grauner und Saltapepe beginnen zu ermitteln und bald stellt der brummige Kommissar fest, dass der Mord mit dem grausamen Schicksal seiner Eltern zusammenhängen könnte. Die waren nämlich Anfang der 1990er Jahre regelrecht hingerichtet worden – ein Trauma, von dem sich der Sohn nie wirklich erholt hat.

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Grauner ermittelt also auch in eigener Sache, doch mit jeder neuen Spur wird der Fall komplizierter und reicht immer weiter zurück in die dunkelsten Kapitel der Südtiroler Geschichte. Am Ende weiß Grauner eine Menge über das Schicksal seiner Eltern, doch den Leser tröstet das nicht wirklich. Denn nicht immer werden in den Krimis von heute die wahren Täter dingfest gemacht.

Im dritten Teil seiner Krimi-Reihe bleibt Lenz Koppelstätter seinem Stil treu: Gelegentlich pathetisch vorgetragene Einstiege ins Buch und in die Kapitel lassen den ansonsten flüssig geschrieben Whodunit mitunter leicht stottern wie einen Fiat Panda älteren Baujahres – liebenswert, aber nicht immer rund. Wer schon die beiden ersten Südtirol-Krimis von Lenz Koppelstätter mochte, wird auch mit „Nachts am Brenner“ zufrieden sein.

Lenz Koppelstätter: Nachts am Brenner. Ein Fall für Commissario Grauner. Kiepenheuer & Witsch Köln 2017. 336 Seiten, Broschur, 9,99 Euro. Auch als E-Book, 9,99 Euro.