Gefahr für Passanten und Radler: SPD-Stadträtin Christa Weiß fordert mehr Kontrollen in der Römerstraße.

Leonberg - Die SPD-Stadträtin Christa Weiß wählt drastische Worte: Von „Verrohung der Sitten“ und „Rücksichtslosigkeit“ spricht sie, wenn sie das Parkverhalten mancher Autofahrer vor dem Kaufland in der Römerstraße thematisiert. Nach ihrer Beobachtung stellen Menschen aus Bequemlichkeit ihr Auto unmittelbar vor der Eingangstür ab, obwohl es direkt daneben eine Zufahrt zu einem Parkdeck gibt. Dort können Kaufland-Kunden ihr Fahrzeug für 90 Minuten kostenlos auf einem der rund 250 Parkplätze abstellen und von dort barrierefrei mit der Rolltreppe oder dem Aufzug in den Markt fahren. „Wie schnell wird da beim Rückwärtsausparken mal ein Kind oder ein Radfahrer übersehen“, befürchtet Christa Weiß.

 

Besonders häufig vormittags und am späten Nachmittag

Diese Feststellung teilt Benjamin Ilski, der Kaufland-Marktleiter, voll und ganz: „Dieses Verhalten beobachten wir verstärkt, seit mit dem Abriss des Rewe-Markts auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Parkplätze dort weggefallen sind“. Häufig seien das Kunden, die gar nicht in den Supermarkt wollten, sondern nur ein paar Brötchen beim Bäcker kaufen oder beim EC-Automaten Geld abheben.

„Wenn wir das sehen, schicken wir die Leute weg, erst recht, wenn sie den Notausgang auf der linken Seite versperren“, stellt er klar. Zusätzliches Personal, so sagt der Marktleiter, könne hierfür aber nicht eingesetzt werden.

Insbesondere vormittags zwischen 9 und 10 Uhr sowie nachmittags ab 17 Uhr gebe es häufig solche Wildparker. Rechtlich seien ihm und seinen Mitarbeitern aber die Hände gebunden, da der Platz vor dem Gebäude im Eigentum der Stadt stehe.

Christa Weiß, die das Thema jüngst in einer Gemeinderatssitzung angesprochen hatte, fordert daher verstärkte Kontrollen durch das Ordnungsamt. „Wenn die Leute keinen Strafzettel als Abschreckung kriegen, machen sie es immer wieder“, sagt sie.

Polizei und Ordnungsdienst kontrollieren regelmäßig

Undine Thiel, die Pressesprecherin der Stadt, erklärt, das Problem sei bekannt und hänge eher nicht mit den weggefallenen Parkplätzen des Rewe-Marktes zusammen.

„Das wilde Parken wird es geben, solange es dort einen EC-Automaten gibt“, ist sie sicher. Regelmäßig fahre der städtische Vollzugsdienst und auch die Polizei dort vorbei und verteile Strafzettel, wenn Autofahrer auf frischer Tat ertappt würden. Man könne aber dort nicht einen Mitarbeiter den ganzen Tag abstellen. „Aber jeder, der einen Falschparker sieht, kann das über die Homepage der Stadt melden“, rät sie.

Jeder kann der Stadt helfen

Natürlich ist es ärgerlich, wenn Menschen aus reiner Bequemlichkeit direkt vor einem Supermarkt parken anstatt auf das ein paar Meter entfernte Parkdeck zu fahren. Vor allem, wenn dadurch Fußgänger, Kinder und Radfahrer gefährdet werden. Doch der Ruf nach verstärkten städtischen Kontrollen ist die falsche Reaktion darauf. Die Stadt Leonberg hat gerade einmal eine Handvoll Vollzugsbeamte, die nicht nur vor dem Kaufland für Recht und Ordnung sorgen müssen, sondern im gesamten Stadtgebiet nebst den drei Teilorten. Mehr als Stichproben wie bisher schon sind da nicht möglich.

Doch es gibt eine sinnvolle Alternative. Über die Homepage der Stadt kann jeder, der einen Parkverstoß sieht, diesen zur Anzeige bringen. Zugegeben, das Formular ist ein wenig versteckt. Und ja, es braucht ein wenig Mut, denn der Anzeigeerstatter muss seine Personalien angeben, da er in einem möglichen Verfahren vor Gericht eventuell als Zeuge auftreten muss. Das ist nicht so leicht, wie unter dem Deckmäntelchen von Aliasnamen in sozialen Medien wie Facebook und Co. einfach nur rumzustänkern. Die Gefahr, mit so einer Anzeige angeschwärzt zu werden, ist gering: Der Verstoß muss per Foto dokumentiert werden.

Von Henning Maak

In Sachen  Straßenverkehr besitzt niemand eine weiße Weste: Kein vollständiger Halt vor dem Stoppschild oder am grünen Abbiege-Pfeil, 35 Sachen in der Dreißiger-Zone oder trotz  eingeschränktem Halteverbot schnell aus dem Auto gehüpft und  kurz zum Bäcker gelaufen. Zu Fuß noch schnell über die Straße, obwohl die Ampel schon auf Rot gesprungen ist, oder die Parkscheibe um 12.25 Uhr heimlich schon auf 13 Uhr statt auf 12.30 Uhr gestellt. Jeder, der sich, absichtlich oder unabsichtlich, einen ähnlichen Fehltritt einmal erlaubt hat, wird froh sein, wenn dabei nicht ein aufmerksamer Bürger mit dem Notizblock neben ihm stand, um ihn zu verpfeifen. Natürlich sind Falschparker, egal wo, ein Ärgernis für alle Betroffenen. Und natürlich sollten solche Vergehen vom Ordnungsamt oder der Polizei geahndet werden.  Doch deswegen gleich seine Mitbürger bei der Stadt anschwärzen, obwohl durch deren Verhalten  niemandem ein echter Schaden entstanden ist?  Schließlich geht es hier nicht um eine zugestellte Feuerwehrzufahrt.   Letztlich muss sich nur jeder fragen, in welcher Stadt er lieber wohnen möchte: In einer mit Falschparkern oder in einer, in der alle gegenseitig mit dem Finger aufeinander zeigen.

Von Kathrin Klette