Aus der Radwegekommission wird ein Fachgremium für nachhaltige Mobilität, das den Gemeinderat berät.

Leonberg - Die Zweirad-Freunde haben es in den zurückliegenden Jahren am Engelberg nicht leicht gehabt. Nicht nur wegen der anspruchsvollen Topografie. Obwohl Leonberg Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) und die Agenda-Gruppe Radl im vergangenen Sommer ihren 20. Geburtstag beging, wurden Radwegeprojekten immer wieder Steine in den Weg gelegt.

 

Der Gemeinderat kippte gar die von der Verwaltung angestrebte Fahrradstraße in der Bismarckstraße, und bei den Beratungen für den Haushalt 2016 wurde das Budget von 50 000 Euro für Radwege, Schutzstreifen und Co. gänzlich gestrichen.

„Ach, die schon wieder!“

Dass aus der Radwegekommission, die den Gemeinderat berät, nun eine Kommission für nachhaltige Mobilität geworden ist, habe damit aber weniger zu tun, sagt Sebastian Werbke. Immerhin geht die Umwandlung auf einen interfraktionellen Antrag im Gemeinderat zurück. „Die Idee dahinter ist, wegzukommen von der Einspurigkeit des Themas Radwege“, erklärt der Grünen-Stadtrat, der auch in der Agenda-Gruppe Radl aktiv ist. Letztere war davon wenig begeistert. „Ich bin dafür gescholten worden. Aber meine Sorge war, wenn wir immer nur Radthemen begleiten, sagen die Leute irgendwann nur noch: Ach, die schon wieder“, erklärt Werbke.

Mit dem neuen Namen verändert sich auch der Fokus des beratenden Gremiums. Die Themen rund ums Fahrrad bleiben zwar, werden aber mit anderen verknüpft. Etwa dem öffentlichen Nahverkehr, dem Gehwegenetz oder der Frage, wie man die Leonberger dazu bekommt, häufiger das Auto stehen zu lassen. Nur 15 Prozent des Aufkommens innerorts ist Durchgangsverkehr, 85 Prozent sogenannter Ziel- und Quellverkehr. Die Autofahrer beginnen oder beenden ihre Fahrt also in der Stadt. Die Frage ist, wie lässt sich ein Teil dieser Menschen dazu bewegen, zu Fuß zu gehen oder das Rad zu nehmen.

Bahnhofsvorplatz ist das erste Projekt

Darauf bezieht sich auch das erste große Arbeitsthema in diesem Jahr: Der Bahnhofsvorplatz soll umgestaltet werden. Die Stadt hat sich beim „Förderprogramm Mobilitätspunkte“ des Verbands Region Stuttgart beworben. Bezuschusst werden in drei Jahren Investitionen von 300 000 Euro. 100 000 Euro müsste die Stadt selbst erbringen. Auf der Wunschliste stehen ein Fahrradparkhaus, eine E-Bike-Ladestation, ein Radverleih, ein W-Lan-Hotspot, ein Carsharing-Angebot, eine öffentliche Toilette und eine elektronische Informationsstele. Was umgesetzt wird und wie, das will die Kommission aktiv begleiten.

Nicht nur diese Themen sollen das Gremium beschäftigen. Das Thema Mobilität betreffe vor allem andere Zielgruppen, eben jene, die nicht mit dem Auto fahren, also Junge und Ältere sowie Menschen mit Behinderung. Neu an der Kommission ist nicht nur der Name sondern auch die Zusammensetzung. Die bisher vertretenen Stadträte bleiben ständige Mitglieder, ebenso Vertreter von Ordnungs- und Planungsamt der Stadt. Darüber hinaus sind Organisationen wie die Polizei oder Vereine wie der ADFC nicht mehr feste Mitglieder, sondern werden als Experten eingeladen, wenn es zum aktuellen Thema passt.

Unterschiedliche Perspektiven

Eine Entscheidung der Gemeinderatsmehrheit, mit der Sebastian Werbke sich erst anfreunden musste. „Das ist ein bisschen polemisch diskutiert worden. Die Grundidee war ja, nicht weniger Beteiligte einzubeziehen, sondern mehr unterschiedliche Perspektiven“, sagt der Grüne.

Zu diesen neuen Perspektiven sollen beispielsweise auch die Jungen, Alten und Behinderten zählen. So wurde das Thema Mobilität auch kürzlich beim Jugendforum diskutiert. Bei Themen, die sie betreffen, etwa dem Busverkehr, sollen nun auch die jungen Leonberger einbezogen werden.