Der Bauunternehmer Adam Derner hat seinerzeit das Wohnhaus von Theodor Heuss errichtet.

Leonberg - Das Museum der „Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus“ ist um ein authentisches Zeitdokument reicher geworden. Die Leonberger Familie Wurtz hat dem Museum ein Foto aus der Zeit geschenkt, als der legendäre Bauherr die Baustelle seines Haues auf dem Killesberg besucht hat.

 

Ein sonntäglicher Spaziergang der Familie Wurtz rund um den Bismarckturm in Stuttgart hat den Ausschlag gegeben. Der Weg führte auch an dem im Feuerbacher Weg 46 gelegenen Theodor-Heuss-Museum vorbei. „Meine Mutter erinnerte sich an ein altes Foto, auf dem ihr Vater und mein Opa, also Adam Derner, mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss auf der Baustelle seines Einfamilienhauses zu sehen ist“, schildert Philipp Wurtz.

Adam Derner wurde nämlich Ende der 1950er Jahre von Theodor Heuss als Rohbauer für sein Haus auf dem Killesberg auserkoren. „Es heißt, er habe hinter der Firma meines Großvaters mit ihren etwa 25 Beschäftigten besonderes handwerkliches Geschick und Tradition vermutet“, sagt Philipp Wurtz. Der Enkel Adam Derners leitet das Wohnbauunternehmen „Wurtz bauen und wohnen“ in Rutesheim. Mutter Katharina führt dort die Buchhaltung und Bruder André plant mit seinem Leonberger Architekturbüro die Gebäude des Familienunternehmens. Die Firmengruppe ist verantwortlich für über 1250 Wohnungen in der Region und feiert dieses Jahr das 50-jährige Firmenjubiläum.

Vom Altbundespräsidenten Theodor Heuss als Erbauer seines Hauses ausgewählt zu werden, war eine Ehre und ein großer Erfolg für das Leonberger Unternehmen, denn zahlreiche Handwerksbetriebe haben sich um diesen renommeeträchtigen Auftrag gerissen.

Historisches Foto

Aus der Zeit der Baustelle des Wohnhauses gibt es im Besitz der Familie Wurtz ein Foto auf dem Theodor Heuss, der Architekt und der Firmenchef Adam Derner mit einigen seiner Maurer zu sehen sind. Und so stand schnell fest, dieses Bild der im ehemaligen Wohnhaus von Theodor Heuss angesiedelten Erinnerungsstätte zu stiften. „Es ist schön, nach zahlreichen interessanten Besuchen dieser tollen Einrichtung, etwas zurückzugeben. Vor allem auch, weil wir immer noch in der Wohnbaubranche aktiv sind, was ein Stück weit auf die alten Werte zurückzuführen ist, die mein Großvater gesetzt hat“, meint Philipp Wurtz.

Die Geschichte des Hauses in prominenter Stuttgarter Lage ist so schwäbisch und bodenständig, wie es der Bauherr sein Leben lang gewesen ist. Er genierte sich nicht, sein bescheidenes Heim, sein „Häusle“, mitten zwischen die Villen des Stuttgarter Geldadels zu setzen, denn ringsum wohnten vorwiegend führende Köpfe von Daimler, Bosch und Porsche.

Das Ehepaar Heuss hat bereits Ende der 40er Jahre das Grundstück in Stuttgart gekauft, um sich dort im Alter niederzulassen. Doch der Altbundespräsident kam allein nach Stuttgart. Ehefrau Elly Heuss-Knapp verstarb bereits 1952 in Bonn. Im Jahr 1908 hatte sie den Journalisten und späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss geheiratet. In Straßburg wurde das Paar von Albert Schweitzer getraut.

Schwäbische Finanzierung

Ganz schwäbisch ist auch die Finanzierung des Hauses verlaufen – nämlich über mehrere Bausparverträge bei der Wüstenrot. Dem Bauherren standen höchstwahrscheinlich etwa 90 000 Mark zur Verfügung. Die Summe der Bausparverträge dürfte für das Vorhaben ausgereicht haben. Der Baupreis für das neue Heim des Altbundespräsidenten ist nicht überliefert, aber an verschiedenen Stellen ist die Rede von etwa 110 000 Mark.

Als Architekten für sein Haus hatte sich Theodor Heuss den aus dem serbischen Teil des Banats stammenden, 1923 geborenen, Theo A. Karbiener ausgesucht. Und das, wie es der „Spiegel“ für seinen Beitrag „Heussens Häusle“ von 11. Februar 1959 erfahren hatte, auf ganz originelle Weise. Bei seinen Besuchen in Stuttgart achtete er auf Stil, Solidität und Ausstattung der Häuser seiner Gastgeber.

Dann beauftragte Heuss seinen persönlichen Referenten Hans Bott, die Architekten der Häuser zu ermitteln, die sein Wohlgefallen gefunden hatten. Häufig fiel dabei der Name Karbiener. Dabei hatte Bott es nicht schwer mit seinen Erkundungen: Karbiener hat auch das Haus in der Lenbachstraße 59 gebaut, fünf Minuten Fußmarsch vom Feuerbacher Weg entfernt, das niemand anderem gehörte als dem Ministerialdirektor Bott selbst.

„Dem Heuss sein Häusle“, wie der Volksmund das Projekt alsbald nannte, wurde in Stuttgart und Umgebung bald zu einer kleinen Sensation. Viele Firmen rissen sich um den prestigeträchtigen Auftrag. Wie der „Spiegel“ berichtete, bewarben sich mehr als 60 Firmen zur Beschaffung des Bodenbelags und 40 Maler- und Tapeziermeister um Lieferung und Ankleben der Tapeten. Architekt Theo A. Karbiener war überrascht: „Eigentlich müsste ich jeden eine halbe Rolle kleben lassen, um ganz korrekt zu sein.“

Selbst der damalige Stuttgarter Oberbürgermeister Arnulf Klett machte Theodor Heuss schriftlich seine Aufwartung: „Auf alle Fälle wünschen wir Ihnen besonders dringlich, Ihr Stuttgarter Bau möge vollends gut zu Ende gehen und Ihnen viel Freude machen.“

Gediegen und sparsam

Den Sinn des Bundespräsidenten für Gediegenheit und Sparsamkeit zeigt auch die Wahl der Firma, die das Haus bauen sollte – das Bau- und Gipsergeschäft Adam Derner aus Leonberg. „Wenn man sieht, was mein Großvater für Theodor Heuss gebaut hat, mutete sich das in dieser prominenten Umgebung bescheiden an“, sagt Philipp Wurtz. Theodor Heuss begnügte sich nämlich mit sechs Räumen – Wohn-, Ess-, Schlaf- und Arbeitszimmer, zu denen noch ein Arbeitszimmer für eine Sekretärin sowie ein Gästezimmer kam. Eine eingebaute Drei-Zimmer-Wohnung war für ein Hausmeister-Ehepaar gedacht.

Der Architekt Karbiener und der Baumeister Derner wurden nach diesem Auftrag gute Freunde. „Ja, ja! Mein 2004 verstorbener Mann hatte einen sehr guten Freund in Leonberg, mit dem er über viele Jahre in regem Kontakt war“, erinnert sich Theo. A. Karbieners Wittwe Ingrid, die heute in München wohnt.