Der neue Kultusminister Andreas Stoch (SPD) ist bei seinem ersten Außentermin in der Triangel-Mensa in Leonberg gewesen. Und hat erzählt, dass im stressigen Ministerjob meistens wenig Zeit für Essen bleibt.

Leonberg - Der neue Mann kommt ohne große Entourage. Der braune Dienst-Mercedes mit dem Kennzeichen S-PC 8570 rollt langsam vor, nur sieben Minuten Verspätung. Andreas Stoch steigt aus, läuft durch die Schwingtür in die Mensa der Triangel. Ohne Gefolge, ohne Aktenkoffer, nur die Tagesmappe mit Sprechzetteln für die Termine hat er in der Hand. Nach drei Wochen Konferenzen mit Städtetag, Schulamtsleitern und anderen Akteuren der bildungspolitischen Landesszene ist dies sein erster Bürgerkontakt im neuen Amt.

 

Das Vorzeigeprojekt einer ehrenamtlich organisierten Mensa eignet sich gut, um wieder Basisluft zu schnuppern. Oliver Zander, der Vorsitzende des Triangelvereins, schüttelt dem Minister als erster die Hand, die kommunalen Akteure vom Oberbürgermeister Bernhard Schuler bis zu den Rektoren stellen sich brav vor. Der 43-Jährige hört geduldig und ausführlich zu, fragt immer wieder nach. Dabei verbirgt er sein Ostalb-Honoratiorenschwäbisch nicht, gibt sich volksnah. „Es macht schon einen Unterschied, ob so eine Mensa von den Eltern getragen wird oder von einem kommerziellen Anbieter“, bekennt er und lobt das Projekt: „Das ist wirklich sehr, sehr gut.“

Dann schüttelt er viele Hände, von der Hauswirtschafterin bis zur behinderten Köchin, die neu im Team ist. „Wir verteilen 618 Essen am Tag“, erzählt Zander stolz, und der Kultusminister nickt beeindruckt: „Ich kenne das aus dem ländlichen Raum, dort machen das oft die Landfrauen.“

Noch vor vier Wochen war er zwar kein Hinterbänkler bei den Genossen, aber eben doch weit nicht so eingebunden in eine große Ministerialbürokratie. In seiner politisch tiefschwarzen Heimat Heidenheim war er jahrelang Kreisvorsitzender, musste gegen einen amtierenden Bürgermeister ankämpfen, der den Wahlkreis über Jahrzehnte der CDU sicherte. Parteiintern galt Stoch schon immer als geschickter Strippenzieher. Etwa wenn es darum ging, einen Bundestagskandidaten aus Aalen oder Heidenheim auf die Landesliste zu hieven oder im Landesvorstand strategische Bündnisse zu schließen. Doch bis 2009 war der Jurist eher ein Akteur der zweiten Reihe.

Dann rückte er für den SPD-Abgeordneten Wolfgang Staiger in den Landtag nach. Schon nach der Landtagswahl 2011 galt der Rechtsanwalt als Aspirant auf das Justizressort, hatte er sich doch im Untersuchungsausschuss zum „Schwarzen Freitag“ zu S 21 einen Namen gemacht.

Zum Mittagessen reicht es nur selten

Damals hat es nicht geklappt, weil Rainer Stickelberger in der SPD-Fraktion vor ihm an der Reihe war, so wurde er „nur“ Parlamentarischer Geschäftsführer. Doch nicht nur auf der Ostalb war man sich sicher: Der wird noch was. So kam es dann auch, als Gabriele Warminski-Leitheußer am 7. Januar zurückgetreten ist. Stoch kam am 23. Januar ins Amt, und sein Leben wurde auf den Kopf gestellt. Wie sehr, das zeigt sich am Besuch in Leonberg deutlich. „Ich habe vollkommen die Kontrolle über meinen Terminplan verloren“, räumt er am Rande des Besuches ein. Im Stundentakt werde sein Tag durchgeplant, er ist plötzlich eine öffentliche Person.

Offen bekennt er, ziemlich überrannt worden zu sein von einer Unzahl von Antrittsbesuchen und organisatorischen Regeln. Und wie er sich dabei fühlt. „Das ist, wie wenn ein schwerer 40-Tonner in Fahrt kommt, das braucht seine Zeit“, meint er. Und nicht zuletzt gibt er zu, dass ein Ministeramt eine „extreme Arbeitsbelastung“ darstelle. Gleichwohl sieht man ihm die Freude an der neuen Aufgabe an: „Das macht alles unglaublich Spaß.“

Daran, dass sich die Kommunalpolitiker um ihn gruppieren, hat er sich wohl schon gewöhnt. So auch an diesem Besuchstag. Der OB berichtet, wie schwierig es war, die neue Triangel-Mensa zu bauen. Der grüne Abgeordnete Bernd Murschel verweist auf die Verdienste des Gemeinderates dafür, die Schulamtsleiterin Angela Huber sucht Kontakt zum neuen Chef. Andreas Stoch nimmt all dies freundlich zur Kenntnis. Außer der etwas dunkelroteren Krawatte merkt man dem fünffachen Vater die Verwandlung zum Minister kaum an, auf Hochglanzschuhe hat er verzichtet. Und in eleganten Anzügen ist er auch in Heidenheim schon gerne herumgelaufen.

Ehrlich erfreut ist der SPD-Politiker, als ihm nach einer halben Stunde tatsächlich eine Mahlzeit angeboten wird. „Häufig fällt das Mittagessen aus“, bekennt er lächelnd, „aber erzählen Sie das nicht den Kindern.“ So viel Offenheit kommt gut an, der Mensatisch mit Schulleitern und Lokalpolitikern ist erheitert. „Wir könnten Ihnen ja künftig das Essen immer nach Stuttgart liefern“, scherzt die Schulamtsleiterin der Stadt, Gabriele Schmauder. Der Sozialdemokrat strahlt: „Das wäre ein echter Luxus.“

Und so nimmt sich der neue Chef der Kultusverwaltung trotz des Termindrucks viel Zeit, bleibt ausführlich zum Mittagessen. „Ich will mit den Menschen nicht nur über Pressekonferenzen und öffentliche Mitteilungen reden“, sagt der 43-Jährige, „das ist nicht mein Stil.“ Das gelte sowohl für die diskussionsfreudigen Bildungspolitiker von GEW bis Philologenverband, sondern eben auch für seine Besuche an der Basis. Und so kann sich der neue Mann entspannt auf die Suppe und eine Lasagne konzentrieren.

„Lasagne?“, fragt er, und die Runde schmunzelt. Nein, hier müsse er sich keine Sorgen machen, versichert Oliver Zander. Und hat ein Lob für den neuen Stil im Ministerium: „Bei der Vorgängerin ist unsere Anfrage für einen Besuch monatelang unbeantwortet geblieben. Bei Ihnen hat es zwei Tage gedauert.“