Für die öffentlichen Plätze bevorzugt die Stadt private Bäume, weil die regelmäßiger gewachsen sind.

Leonberg - Neugierig und misstrauisch äugt das Elsternpaar von dem Wipfel der Fichte herab auf den ungewöhnlichen Auflauf zu so früher Stunde. Vor der Freilicht-Ausstellung der Bildhauerei Andreas Geiselhardt am Waldfriedhof sind bereits mehrere Fahrzeuge des Bauhofs vorgefahren. Gerade hält ein Traktor mit einem Langholztransporter auf dem Parkplatz an und zu guter Letzt erscheint auch noch ein riesiger gelber Autokran auf der Bildfläche. Die Elstern zetern lauthals. Doch das ficht die Menschen, die geschäftig ihrem Werk nachgehen, nicht an.

 

Olaf Wagner und Thomas Häcker, beide Zimmerleute im Bauhof, packen eine Kettensäge und eine Klappleiter aus ihrem Fahrzeug. Heinz Keppler fährt den Holztransporter auf 20 Meter Länge aus. Und der Kranführer Heinz Wöhr wuchtet dicke Holzbohlen an die vier Punkte, wo er die hydraulischen Stützfüße seines Krans aufstellen will. Die Elstern bleiben auch noch sitzen, als Olaf Wagner mit einem dicken Tragegurt in die Krone der Fichte steigt. Nur als sich der lange Ausleger des Kranes langsam dem Baum nähert, nehmen sie unter lautem Schimpfen Reißaus.

Der Baum wiegt rund zweieinhalb Tonnen

Doch was machen die vielen Menschen im Revier der schwarz-weißen Elstern? Auf der Anhöhe neben dem Eingang zum Waldfriedhof, nahe dem Wohnhaus des städtischen Bestatters steht die stattliche Fichte. Aber mit der Zeit ist sie zu groß geworden. Ihre dichte Krone verschattet die gesamte Umgebung. Aber weil sie so schön gewachsen ist, soll sie nun den Marktplatz als Weihnachtsbaum zieren.

Olaf Wagner hängt den Haken des Kranes ins Traggeschirr ein und der 58-jährige Kranführer aus Weissach spannt die Hebeseile. In nicht einmal einer Minute hat Wagner dann mit der Kettensäge den Stamm durchtrennt. Jetzt kommt es auf das Fingerspitzengefühl von Heinz Wöhr an. Sachte hebt er den Baum. Der Kran, der für 80 Tonnen Last gemacht ist, bäumt sich kurz auf. Kein Wunder, musste der Ausleger doch wegen der Beschaffenheit des Geländes auf 33 Meter ausgefahren werden. Der Baum, der nun frei durch die Luft schwebt, wiegt immerhin rund 2,5 Tonnen. Doch gekonnt legt der Kranführer den Stamm auf den Langholztransporter von Landwirt Heinz Keppler ab. Der hat früher auch im Wald ausgeholfen. Jetzt nutzt er den Spezialanhänger nur noch für die städtischen Weihnachtsbäume und gelegentlich für Maibäume.

„Die großen Weihnachtsbäume für die öffentlichen Plätze transportiere ich nun schon seit mehr als 30 Jahren“, rechnet Keppler zurück. Und da hat er das richtige Gespür für sie entwickelt. „Der ist etwa 21 Meter lang“, schätzt er den gefällten Baum auf seinem Anhänger. Olaf Wagner zieht dass Maßband zu Rate. „20 Meter und noch ein Meter hoher Stumpf, der stehen geblieben ist“, verkündet er.

Basteleien aus Baumscheiben

Gut gesichert geht es nun über die Stuttgarter Straße zum Marktplatz. Der Kran wird wieder in Position gebracht und nun muss Wagner mit der Kettensäge den Stamm so verjüngen, dass er in die Metallhülse passt, die vor dem Rathaus in den Boden gelassen ist. Über dem Marktplatz weht der Duft frischen Harzes. Gegen 11 Uhr steht der Baum. Der neunjährige Julien freut sich über die Baumscheibe, die Wagner als letztes absägt. „Damit bastle ich etwas mit Papa, wir haben schon aus drei anderen Baumscheiben ein Tischchen gebaut“, erzählt er stolz.

Dann macht sich die gesamte Truppe auf den Weg in den Ramtel. Hier steht in der Reutlinger Straße ein Tanne, die am Nachmittag auf dem Eltinger Kirchplatz aufgestellt wird. Ebenfalls große Tannen, die Privatpersonen zur Verfügung stellen, werden auch in Höfingen, im Silberberg und in Warmbronn aufgestellt. Mehr als 30 Personen hatten sich bei der Stadt gemeldet, dass sie einen Baum anbieten könnten. Kaum sind die Baumaufsteller weg, kommt die nächste Bauhofsmannschaft und montiert die Beleuchtung. Wenn alles klappt, erstrahlt der Baum schon am Abend in festlichem Lichterglanz.