Örtliche
Handwerker investieren in drei Hallen mit neun Abteilen, die sie dann an andere Handwerker vermieten.

Leonberg - Ein Projekt, das es in dieser Art in Leonberg und der näheren Umgebung so nicht gibt, das steht im Gewerbegebiet Hertich derzeit kurz vor der Vollendung – ein Handwerkerhof. Auf einem Grundstück am westlichen Ende der Mollenbachstraße stehen bereits drei Hallen. Für diese ist am Freitag am Spätnachmittag das traditionelle Richtfest gefeiert worden. Auf der letzten der drei Hallen wurde dann am Samstag noch das Dach aufgesetzt. Nun steht noch der Innenausbau an.

 

Doch was ist ein Handwerkerhof? „Imponiert hat mir das Modell, als ich es zum ersten Mal in Grafenau gesehen habe“, sagt der Leonberger Zimmermannsmeister Matthias Bolay. „In Österreich gibt es das häufig“, ergänzt der Karosseriebauer Dieter Breimaier. Die beiden sind bei dem Projekt nämlich Partner. Sie investieren in den Bau der drei Hallen. Jede davon ist in drei von- einander unabhängige Abteile gegliedert. „Diese vermieten wir an Handwerker, vorwiegend an junge Existenzgründer, aber auch an solche, die vergrößern wollen“, erläutert Bolay, der auch für die Neue Liste Leonberg (NLL) im Gemeinderat sitzt. „Natürlich sind wir an seriösen Handwerkern interessiert, das werden keine Lagerhallen für Gebrauchtwagenhändler“, sagt Breimaier, der in der Nachbarschaft im Gewerbegebiet seine Karosseriebauwerkstatt betreibt.

Gebaut wird auf einem Grundstück mit langer Historie

Jedes der neun Abteile ist 18 Meter lang und sieben Meter breit. Die Hallen haben eine Traufhöhe von acht Metern. „In fünf Meter Höhe wird eine Zwischendecke eingezogen, sodass oben Lagerräume, Büros und Sozialräume eingerichtet werden können“, erklärt Matthias Bolay. Mit seiner Zimmerei-Firma verrichtet er den Großteil der Arbeiten. Trotzdem galt es am Freitag, die Tradition zu wahren. Als Bauherr konnte Bolay nicht auch den Richtspruch ausbringen und so fiel diese Aufgabe dem Zimmermann Daniel Jerschik zu, einem Mitarbeiter von Bolay.

„Mit vielen Eigenleistungen lässt sich das Projekt finanziell leichter stemmen, denn wir haben schon viel Geld in die Hand genommen“, sagt Dieter Breimaier. Doch ganz ohne fachlichen Beistand kommt auch ein Spezialist wie Zimmermannmeister Bolay nicht aus und so wurden ein Architekt und ein Statiker hinzugezogen.

Gebaut wird auf einem Grundstück mit einer langen Historie. Hier war früher der Anlauf zu der Brücke mit der die alte Bundesstraße 295 über die A 8 geführt wurde. „Es war das Beste für Leonberg, dass wir gemeinsam mit dem damaligen CDU-Landtagsabgeordneten und Staatssekretär im Finanzministerium Baden-Württemberg, Wolfgang Rückert, den Verkehrsminister des Landes, Hermann Schaufler, vom Westanschluss überzeugen konnten“, sagte Oberbürgermeister Bernhard Schuler im Rückblick auf die bewegte Zeit. Das vor dem Hintergrund, dass die Planer im Regierungspräsidium den alten Verlauf der B 295 bei ihren Überlegungen für eine Überquerung den Vorrang gegeben hatten.

Und so lag das Grundstück, das teilweise der Stadt und teilsweise dem Landkreis gehörte, fast zehn Jahre lang brach. Bis Matthias Bolay vor drei Jahren die Idee des Handwerkerhofes hatte und dafür mit dem Grundstück an der Mollenbachstraße liebäugelte. Das letzte Mal ins Gespräch gekommen war das Areal im Januar 2016, als der Böblinger Landrat Roland Bernhard die Fläche als einen möglichen Standort für einen Wertstoffhof vorschlug. Doch da hatten die beiden heutigen Bauherren bereits ihr festes Interesse an dem Grundstück bekundet.

Eine gute Kooperation zwischen LEO und BB

„Entstanden ist jetzt eine gute Kooperation zwischen LEO und zweimal BB, die man nur begrüßen kann“, meinte der Oberbürgermeister beim Richtfest. „Dabei steht LEO für die Stadt, das eine BB für Bolay und Breimaier und das zweite BB für den Landkreis“, erläuterte Bernhard Schuler.

Die Idee des Handwerkerhofes und die Kooperation finde er gut – und ebenso, dass gebaut werde. „Eine Brache sieht nie gut aus.“ Ebenso begrüße er es, dass die beiden Bauherren in Leonberg investieren, obwohl es in anderen Kommunen, reichlich „unmoralische Angebote“ gebe, scherzte der Rathauschef.

Wie ist das Interesse? „Anscheinend haben viele auf ein solches Angebot gewartet“, freut sich Matthias Bolay. Fünf der neun Abteile sind bereits an Jungunternehmen aus Leonberg und dem Umland vergeben. „Nun heißt es Dampf zu machen, dass die ersten um den Jahreswechsel einziehen können“, sagt der Bauherr,