Nach sechs Jahren ohne Anlage beginnt die Schützengilde Höfingen einen Neubau für 600 000 Euro.

Leonberg - Es ist auf den Tag genau sechs Jahre her, dass Reinhold Stahl Post von der Stadt bekam. Dem Vorsitzenden der Schützengilde Höfingen wurde mitgeteilt, dass der Schießbetrieb auf dem Vereinsgelände im Glemstal eingestellt werden muss. Von einer porösen Felswand hinter dem Schützenhaus könnten große Gesteinsbrocken herabfallen, hatte ein Gutachten ergeben.

 

Dass er nun am Montagmittag, 72 Monate später, zahlreiche Ehrengäste zum Spatenstich für einen Neubau begrüßen kann, danach hatte es eine ganze Weile nicht ausgesehen. Nachdem klar war, dass ein völlig neues Schützenhaus unter dem Strich günstiger ist als eine Absicherung des Hangs, die allein mit 320 000 Euro veranschlagt war, entwickelten sich die Planungen zu einem regelrechten Hürdenlauf, wie sich Reinhold Stahl beim Spatenstich erinnert.

Eine Industriehalle sollte reichen

Besonders gravierend sind die Hürden in Form von Kosten. War der Vorsitzende am Anfang davon ausgegangen, dass es mit einer Betonplatte für 40 000 Euro, einer Industriehalle für 70 000 Euro und dem Innenausbau für gut 100 000 Euro weitgehend getan ist, wurde schnell klar, dass das Planen einer neuen Schießanlage doch ein recht komplexes Unterfangen ist.

Der Platz im engen Glemstal ist begrenzt, und ein neues Domizil muss jenseits der möglichen Steinschlag-Gefahrenzone liegen. „Dem Zimmermannsmeister Simon Kienitz ist es zu verdanken, dass ich damals nicht aufgeben musste“, erinnert sich Stahl. „Er zeigte mir immer Wege auf, die ich auch beschritt.“

Die Mission von Fritz Siegle

Nach vier Jahren präsentiert der Verein einen Plan für eine in das jetzige Gebäude integrierte barrierefreie Schießhalle. Die Kosten liegen mittlerweile bei rund 412 000 Euro. Die Stadt will entsprechend der Vereinsförderrichtlinien die Hälfte übernehmen. Alles scheint klar. Nur der Landessportbund hält eine unbeheizbare und einfach gebaute Halle für nicht zukunftsfähig. Scheitert daran das Projekt?

Nun tritt Fritz Siegle in die Schützengilde ein und wird zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Seine Mission: Den Neubau doch noch möglich machen. Eine heikle Aufgabe, die aber für den erfahrenen Immobilienmakler nicht unbekannt ist.

Neue Zielgruppen

„Doch dafür musste sich der Verein neu aufstellen“, erinnert er sich. Eine neue Anlage soll zusätzliche Zielgruppen ansprechen. Nicht nur Schützen werden hier künftig aktiv sein. Durch einen beheizbaren Fußboden wird die Halle im Täle auch Domizil für eine Gymnastikgruppe. Ein Sommerbiathlon und Bogenschießen sind außerdem geplant.

Aushängeschild für die ganze Stadt

Durch überdachte Schießstände und elektronische Trefferanzeige sollen neue Aktive gelockt werden. „Unser modernes Schützenhaus wird ein Aushängeschild für ganz Leonberg sein“ verspricht der zweite Vorsitzende. Um zu signalisieren, dass der Verein für die ganze Stadt da ist, hat er sich in Schützengilde Leonberg-Höfingen umbenannt.

Businessplan überzeugt

Im Herbst des vergangenen Jahres sind die neuen Pläne fertig. Das Projekt kostet gut 600 000 Euro. Fritz Siegle hat einen Businessplan für ein Darlehen erstellt, der die Kreissparkasse überzeugt. Der Gemeinderat beschließt im Dezember 2018 nach langer Diskussion mehrheitlich, die Hälfte der Kosten zu übernehmen. Dies war umstritten, weil es nur 30 aktive Schützen gibt und der Verein eine Fusion mit Warmbronn oder Rutesheim abgelehnt hatte. Allerdings hatte auch Oberbürgermeister Martin Georg Cohn die Befürchtung, dass die Höfinger von den Rutesheimer Schützen quasi geschluckt werden könnten.

Ein Jahr Bauzeit

Wie sehr die Verbundenheit zum eigenen Klub ist, zeigt in Stahls Augen der Umstand, dass es in den sechs Jahren ohne Schießstand kaum Austritte gegeben hatte. Die Aktiven wichen zum befreundeten Schützenverein in Hirschlanden aus.

Noch ein gutes Jahr müssen sich die Schießfreunde so behelfen. Schon in den kommenden Tagen wird das bisherige Schützenhaus, viele Jahre ein fester Bestandteil des Höfinger Täle, abgerissen. Danach wird mit dem Neubau begonnen. Die Schützengilde hat vor allem heimische Firmen beauftragt. Am 6. Januar 2021 soll das neue Domizil mit einem Dreikönigsschießen feierlich eröffnet werden.