Der Protest gegen die extrem hohen Strafgebühren für Parksünder in der Altstadt und am Bahnhof zeigt Wirkung: Wer überzieht, muss jetzt lediglich zehn Euro zahlen. Schwarzparker sind mit 30 Euro dabei.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Die hochumstrittene 85 Euro teure Strafgebühr für Parksünder in der Altstadt-Tiefgarage und im neuen Bahnhof -Parkhaus sind vom Tisch. Hinter verschlossenen Türen kippte der Gemeinderat am Dienstagabend den teuren Straftarif und ersetzte ihn durch deutlich moderatere Preise. Vorausgegangen war ein Sturm der Entrüstung – sowohl bei den Gewerbetreibenden der Altstadt, wie auch bei den Bürgern und Dauerparkern.

 

Und so sehen die neuen Gebühren für Parkverstöße aus, die der Gemeinderat einstimmig beschlossen hat:

Wenn ein Kunde mit Parkschein die Parkdauer überzieht, muss er zehn Euro bezahlen. Hat ein Nutzer die Brötchentaste für 30 Minuten kostenfreies Parken gezogen und diese überschritten, sind 20 Euro fällig. Löst ein Kunden gar keinen Parkschein, muss er 30 Euro zahlen. In allen Fällen muss die Strafe binnen sieben Tagen überwiesen werden. Ansonsten ist eine Verwaltungsgebühr von je 25 Euro fällig.

Schwerbehinderte Menschen parken in der Tiefgarage und am Bahnhof kostenfrei.

Dauerparkplatz kostet 72 Euro im Monat

Klarheit herrscht auch für die Dauerparker in der Altstadt: Wenn dort ein Platz für mindestens sechs Monate angemietet wird, kostet der inklusive Mehrwertsteuer 72 Euro im Monat.

Diese Tarife sind das Ergebnis einer kurzen, aber heftigen Diskussion um die künftigen Parkpreise in der Altstadt-Tiefgarage. Wie berichtet, wird diese am 1. Oktober von den Stadtwerken übernommen, die auch schon das Parkhaus am Bahnhof betreiben.

In beiden Garagen gibt es keine Schranken mehr. Stattdessen zahlen die Kunden im Voraus ihre voraussichtliche Parkdauer. Die ersten 30 Minuten sind frei. Danach sind pro angefangene sechs Minuten zehn Cent fällig. Ein 24-Stunden-Ticket kostet fünf Euro, eine Wochenkarte 20 Euro.

Selbst der OB ahnte nichts

Eben weil durch das Wegfallen der Schranken die Versuchung des Schwarzparkens wächst, hatte der städtische Finanzausschuss ein Strafgeld in Höhe von 60 Euro für das Parkhaus am Bahnhof beschlossen. Dass die Stadtwerke auf diese Summe noch eine Verwaltungsgebühr von 25 Euro draufsatteln, war den meisten Stadträten und selbst dem Oberbürgermeister offensichtlich nicht bewusst.

Als in der vergangenen Woche unsere Zeitung berichtet hatte, dass die 85-Euro-Knolle auch in der Tiefgarage in der Altstadt gelten solle, schlug der Einzelhandel Alarm: Wenn ein Arztbesuch oder ein Einkauf etwas länger als geplant dauere, so argumentierte die Werbegemeinschaft Faszination Altstadt, so könnten die Kunden der Tiefgarage dafür nicht so hart bestraft werden.

Wer 85 Euro zahlt, kommt nie wieder

Wer einmal 85 Euro zahlen muss, so befürchtete der Werbegemeinschafts-Vorsitzende Joachim Heller, der komme nie mehr an den Marktplatz. Auch zahlreiche Bürger äußerten in Leserbriefen oder auf der LKZ-Facebook-Seite ihren Unmut über den drastischen Straftarif.

Der Protest zeigte Wirkung. Am Montag schlug der FDP-Stadtrat Jochen Flegl vor, die Strafgebühren auf zehn beziehungsweise 20 Euro zu reduzieren. Am Abend zeichnete sich im sogenannten Ältestenrat, dem Beratungsgremium der Verwaltungsspitze und der Ratsvertreter, bereits ab, dass es in diese Richtung gehen könnte.

Am Dienstagabend wurde der Aufreger noch auf die Tagesordnung des Gemeinderates genommen – allerdings in nichtöffentlicher Sitzung. Georg Pfeiffer von den Freien Wähler beantragte die Änderung der Strafgebühren. Es wurde noch ein wenig diskutiert, dann stimmten die Stadträte geschlossen für die deutlich moderateren Tarife, die jetzt nicht nur in der Altstadt, sondern auch am Bahnhof gelten. Mit der modifizierten Regel ist auch eine Ungleichbehandlung der Parksünder auf dem oberirdischen Marktplatz und jenen in der Tiefgarage vom Tisch. Denn wer oben beim Schwarzparken erwischt wird, muss lediglich zehn Euro zahlen.

Tickets gelten am Marktplatz und am Bahnhof

Nicht nur deshalb zeigten sich am Ende alle zufrieden, haben die Kunden jetzt doch zahlreiche Vorteile. Durch den Wegfall der Schranken können sie während der gelösten Parkdauer nun beliebig oft hinein und wieder herausfahren. Und zwar sowohl in der Altstadtgarage, wie auch im Parkhaus am Bahnhof. Wer zum Beispiel mit einem Fünf-Euro-Tages-Ticket morgens am Markt einkauft und einen Kaffee trinkt, kann abends auch ins Bahnhofs-Parkhaus fahren, um die Kinder vom Zug abzuholen.

Für den Altstadt-Sprecher Joachim Heller ist die neue Lösung „um vieles erträglicher“ als die bisherige. Aber: „Insgesamt dürfen wir sicher davon ausgehen, dass die Stadtwerke Augenmaß bei der Strafzettelverteilung über abgelaufene Parkzeiten hinaus beweisen werden, bei denen es sich nur um wenige Minuten handelt“, appelliert er an die Betreiber.