Der 28-Jährige schüttelte seinen zwei Monate alten Sohn. Einen Sturz schloss das Gericht aus. Wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen muss der Altenpfleger jetzt für zwei Jahre und drei Monate in Haft.

Leonberg - Der Angeklagte sprach von einem Sturz, bei dem sich sein zwei Monate alter Sohn das Köpfchen an der Sofakante angeschlagen haben soll. Doch der Vorsitzende Amtsrichter Armin Blattner war sich sicher: „Sie haben ihr Kind übel malträtiert.“ Er war überzeugt davon, dass der Familienvater aus dem Altkreis Leonberg das Baby „über mehrere Sekunden heftig geschüttelt hatte“. Der Säugling schwebte in Lebensgefahr. „Man kann von Glück reden, dass er überlebt hat“, so der Richter am Leonberger Schöffengericht. Jetzt muss der 28-Jährige wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen für zwei Jahre und drei Monate ins Gefängnis.

 

Das Gutachten der Fachärztin für Rechtsmedizin aus Tübingen war eindeutig. „Die Hirnblutungen und Einblutungen in der Netzhaut sind charakteristisch für eine erhebliche Gewalteinwirkung auf den Schädel im Sinne von Zerr- und Scherkräften.“ Sprich: ein Schütteltrauma. Einen Sturz aus einer Höhe von 40 Zentimetern, wie ihn der angeklagte Vater geschildert hatte, schloss sie aus. Sowohl die Höhe als auch die einwirkenden Kräfte seien nicht geeignet, um solche Verletzungen hervorzurufen. Außerdem: „Der Kopf des Babys wies weder einen blauen Fleck noch eine Schwellung auf.“ Der Sachverständigen zufolge bestand akute Lebensgefahr.

Eine Gewalteinwirkung im September vor einem Jahr hatte der 28-Jährige abgestritten. „Der Kleine hat sich mit den Füßen von meinem Bauch abgedrückt und ist plötzlich nach hinten gekippt“, berichtete er. „Dann schlug er mit dem Köpfchen gegen die Sofakante.“ „War er mit seiner Vaterrolle überfordert?“, wollte der Richter von der Ehefrau wissen. „Nein, er hat mir sogar vieles abgenommen“, sagte die 29-Jährige.

Mehr als drei Wochen verblieb das Baby unter ärztlicher Aufsicht, zwei Tage davon auf der Kinderintensivstation des Olga-Spitals. Sehr zur Verwunderung des Richters kam das Kind danach wieder nach Hause. Das Jugendamt hatte offenbar keine Bedenken gegen den Verbleib bei den Eltern. Zwar bescheinigte der zuständige Arzt dem inzwischen 16 Monate alten Jungen eine „hervorragende psychomotorische Entwicklung“. Doch mögliche Dauerschäden ließen sich nicht ausschließen.

Die Staatsanwältin sah den Tatbestand der Misshandlung von Schutzbefohlenen nicht erfüllt: „Der Angeklagte hat das weinende Kind wohl aus spontaner Wut geschüttelt.“ Sie plädierte auf eine gefährliche Körperverletzung. Ihre Forderung: eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, dazu eine Geldauflage. Die Verteidigerin sprach derweil von einem „minderschweren Fall“. Für den Ausrutscher des ihrer Meinung nach sonst fürsorglichen Vaters hielt sie eine sechsmonatige Bewährungsstrafe angemessen.

Richter Blattner zeigte kein Verständnis: „Das mehrfache über einen längeren Zeitraum dauernde Schütteln eines Kindes ist für mich rohes Misshandeln“, sagte dieser. Gerade dem Angeklagten, der in der Altenpflege arbeite, hätte klar sein müssen, welche gravierenden Folgen sein Tun haben könne. Deswegen auch die Haftstrafe ohne Bewährung. „Es geht hier nicht nur darum, Ihnen eine günstige Perspektive für die Zukunft zu geben, sondern auch um die Sanktionen einer Tat, die ihr Kind das Leben hätte kosten können.“