Bei der Diskussion zum Stadtumbau sind sich die Experten einig: Es geht nur mit Qualität.

Leonberg - Seinen ersten Eindruck von Leonberg hatte Thomas Aurich nach seiner Ankunft am Bahnhof. „Ich wollte irgendwo einen Kaffee trinken. Aber ich musste erst zum Marktplatz gehen, bis ich fündig wurde.“ Diese kleine Szene ist für den Gastronomie-Experten der Industrie- und Handelskammer beispielhaft. Bei Lokalen und Cafés herrsche selbst in der Innenstadt großer Nachholbedarf.

 

Aurich ist einer der Experten, die über Chancen und Risiken diskutieren, die die geplante Neugestaltung des Postareals mit sich bringen könnte. Oberbürgermeister Bernhard Schuler hat zu der Diskussion eingeladen, nachdem im Gemeinderat der Wunsch nach einer fachlichen Einordnung laut geworden war.

Ein echtes Jahrhundertprojekt

Ist doch beim sogenannten Stadtumbau der bisweilen inflationär verwandte Begriff „Jahrhundertprojekt“ wirklich angebracht. Immerhin soll endlich das Loch zwischen dem Leo-Center und dem Marktplatz geschlossen werden.

Stück für Stück nimmt der Stadtumbau Konturen an. In der kommenden Woche findet für das neue Quartier des Wohnungsbauunternehmens Layher auf dem alten Bausparkassengelände der erste Spatenstich statt. Und gegen Jahresende baut die Leonberger Firma Mörk ein Seniorenzentrum nördlich der Römergalerie.

Markantester Punkt im Wandel des Stadtbildes ist aber das neue Rathaus, in dem seit Januar fast alle Ämter vereinigt sind. So hat es mehr als symbolischen Charakter, dass auch die Expertenrunde im großen Sitzungssaal des Neubaus vor rund 100 Zuhörern diskutiert. Die Zukunft ihrer Stadt treibt viele Leonberger um.

Ein Sahnestück

Und dass diese sehr gut ausschauen kann, daran lassen die Fachleute keinen Zweifel. „Das ist ein Sahnestück“, lobt der Stuttgarter Architekt Martin Haas das Gelände um die Hauptpost, das in gut zwei Jahren grundlegend neugestaltet werden soll. Möglich ist das, weil die Frachtpost ins neue Gewerbegebiet Leo West zieht.

Haas macht sich keine Sorgen, dass es schwierig werden könnte, einen Investor zu finden: „Leonberg ist absolut interessant für viele Leute.“ Gleichwohl werde es ein hartes Ringen um die Gestaltung des Geländes geben. Ein Investor hat vor allem wirtschaftliche Interessen, die Stadt will zuerst ein attraktives neues Zentrum.

Dass das kein Widerspruch sein muss, bekräftigt Joachim Heller. Der Chef von Ziegler-Wohnkultur und Vertreter des Wirtschaftsrates wünscht mehr Handel, Gastronomie und ein Hotel. Qualität müsse im Mittelpunkt stehen. „Mit unserem aktuellen Niveau verlieren wir die Kunden an die Breuninger-Länder und nach Stuttgart“, spricht der erfahrene Einzelhändler Klartext. „Mit einem besseren Angebot können wir Kunden zurückgewinnen.“ Das sei keine Konkurrenz für die bestehenden Geschäfte, sondern bringe mehr Menschen und damit mehr Umsatz in die Stadt.

Dachrestaurant mit Freiterrasse

Die Qualitätsfahne hält auch Franz Pesch hoch: „Wir brauchen neben dem Rathaus ein vielfältiges Quartier, in dem man sich gerne aufhält und das spannend ist“, erklärt der Professor für Stadtplanung. Wie eine Perlenkette müssten sich die öffentliche Plätze aneinander reihen.

Ein breites gastronomisches Angebot ist dabei entscheidend, sagt der Gastro-Experte Thomas Aurich. Noch vor fünf Jahren hätten sich die Städte über den Handel definiert, heute über Gastronomie. Sein Tipp: ein Dachrestaurant mit mindesten 50 Prozent Freifläche – auf der Sonnenseite.

Bernhard Schuler warnt vor zu vielen Vorgaben: „Das beschränkt die Fantasie.“ Dass im neuen Viertel die Fußgänger Vorrang haben, steht für den OB aber fest.