Die S-21-Baumkunst auf dem alten Golfplatz beschäftigt die Menschen, stößt aber auf unterschiedliche Reaktionen.

Leonberg - Mehr als drei Jahre hat es gedauert, doch jetzt sind die sechs Bäume, die einst für die Bauarbeiten des umstritten Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 weichen mussten, als Kunst auf dem alten Golfplatz. Rußgeschwärzt, auf Sockeln und von Schienen gehalten.

 

Die Vorgeschichte des Werks, das der Schöpfer Michael Lange „Bäume erzählen“ nennt, war nicht frei von Konflikten. Die schweren Stämme, der wuchtigste wiegt sechseinhalb Tonnen, bedurften einer besonderen Statik. Davon machte die Stadt ihre finanzielle Unterstützung abhängig.

Für den Künstler keine leichte Vorgabe, sind doch statische Berechnungen nicht gerade günstig. Am Ende waren es 10 000 Euro, die Leonberg für das außergewöhnliche Projekt beisteuerte. Den Rest haben Michael Lange und seine Ehefrau Heidrun über Sponsoren zusammengetragen.

Rudolf Hauser (74): „Mir persönlich gefällt das Kunstwerk nicht besonders, es ist einfach plump in die Landschaft gebaut. Aber schädlich ist es nicht für die Umgebung, der Park kann das schon vertragen. Ohne die Schienen um die Bäume würde es aber besser aussehen. Aber gut, Kunst soll am Ende vom Tag immer zum Nachdenken anregen und ich denke, diesen Zweck erfüllt das Objekt mit Sicherheit. Und über Geschmack lässt sich bekanntlich auch streiten. Dennoch fehlt für mich eine Tafel, die noch mal die Hintergründe erklärt, denn die sind für mich noch nicht ganz ersichtlich.“

Hildegard Prettl (65): „Ist das Kunstwerk überhaupt schon fertig? Oder kommt da noch etwas anderes hin? Noch ist ja das Absperrband da. Außerdem verstehe ich persönlich nicht, warum die Bäume teilweise geschwärzt worden sind, natürlich hätten sie mir viel besser gefallen. Und wenn man sich nicht schon vorher informiert hat und weiß, dass die Befestigungen die Schienen darstellen sollen, kommt man wahrscheinlich eher nicht darauf. Außerdem verstehe ich nicht ganz, welche Botschaft diese Kunst jetzt transportiert. Soll nun an die Bäume, die für Stuttgart 21 gerodet wurden, erinnert werden, oder geht es generell um die Frage der Vergänglichkeit, wie es der Künstler selbst sagte?“

Gerda Schittenhelm (64): „Ich weiß nicht, ob sich die hohen Kosten für das Kunstobjekt gelohnt haben. Es hat meiner Meinung nach auch wirklich lange gedauert, bis alles fertig war. Potenzial steckt in den Bäumen, man könnte wirklich etwas daraus machen. Aber so geschwärzt gefallen sie mir gar nicht. Irgendwie sieht es nach Trauer aus. Ein Baum ist ein Geschenk der Natur und auf seine Weise schön, man hätte ihn ruhig so lassen können. Ich verstehe auch nicht ganz, warum, sie schräg angeordnet, sind. Und die Schienen hätte man auch mehr in den Vordergrund rücken können, so positionieren, dass sie direkt ins Auge fallen. Dann würde man wahrscheinlich auch besser erkennen, dass es sich um Schienen, und nicht um eine reine Befestigung handelt. Also mein persönlicher Geschmack ist es nicht.“

Jürgen Gebker (62):„Ich finde, die Bäume fügen sich nahtlos in die Natur ein. Mir gefällt das. Wenn man von Weitem auf das Kunstwerk schaut, fällt gar nicht auf, dass die Bäume nicht zu den anderen im Park gehören, denn dann erkennt man die Schienen und die Sockel nicht. Auch die tiefere Bedeutung – schließlich standen die Bäume jahrelang im Schlosspark, bis sie für den Bau von Stuttgart 21 gerodet wurden – regt meines Erachtens zum Nachdenken an. Es ist doch toll, dass wir sie jetzt hier bei uns in Leonberg bestaunen können.“

Ernst Mezger (78): „Als Langläufer bin ich früher viel hier im Park unterwegs gewesen und kenne die Gegend hier gut. Beim Anblick der Bäume denke ich eher an die Zukunft des Kunstobjekts: Was passiert, wenn die Stämme verfaulen? Wird dann alles wieder abgebaut? Außerdem hätte ich es schöner gefunden, wenn die Befestigungen innen in den Stämmen verbaut worden wären und nicht außen. Gut, sie sollen die Schienen darstellen – aber trotzdem. Und eine Überdachung, vielleicht aus Blech, wäre nicht schlecht gewesen, einfach auch zum Schutz des Kunstwerks vor der Witterung.“

Da Kunst stets ein dynamischer Prozess ist, betrachtet Michael Lange sein Werk als noch nicht beendet. Einer der nicht genutzten Stämme soll zu einer Sitzbank werden. Und auch die in unserer Umfrage angesprochenen Infotafeln soll es geben.