Bei großen Bauprojekten in Leonberg und Weil der Stadt ist es häufig die Firma eines Calwer Ehepaares, die die Strippen zieht. Die Beiträge zur Sozialversicherung für ihre Mitarbeiter haben sich die Eheleute allerdings viele Jahre gespart.

Leonberg - Bei großen Bauprojekten in der Region Leonberg und Weil der Stadt ist es häufig die Firma eines Calwer Ehepaares, die buchstäblich die Strippen zieht. Ihre Mitarbeiter sorgen dafür, dass Telefon- und Internetkabel verlegt werden. Die Beiträge zur Sozialversicherung für ihre Mitarbeiter haben sich die Eheleute allerdings viele Jahre gespart. Sie haben ihre Angestellten wie selbstständige Subunternehmer behandelt. Mehr als 80 000 Euro sind mit dieser Masche illegal in die eigene Tasche geflossen.

 

„Ich mache die Technik, meine Frau kümmert sich um das Kaufmännische“, sagt der 41-jährige Angeklagte vor Gericht. 41 Taten von Juni 2007 bis Juli 2009 werden den Eheleuten zur Last gelegt. Ihre Arbeitskräfte beziehen die beiden hauptsächlich aus Osteuropa. „Man wollte damals die Kostenseite optimieren“, versucht einer der drei Anwälte des Ehepaars die Motivation seiner Mandanten zu begründen. „Die Firma wollte Subunternehmer anstelle von festen Angestellten einsetzen“, erläutert der Jurist weiter, „große Firmen wie Daimler und Porsche machen das ja auch.“ Mit dem Unterschied, dass sich Großkonzerne juristisch beraten lassen, bevor sie versuchen, die eigenen Lohnkosten zu senken. „Zugegeben, die Idee war ein wenig unausgegoren“, fügt der Verteidiger hinzu.

Illegale Kostenoptimierung von 80 000 Euro

Ob bloße Unkenntnis der Gesetze hinter der illegalen Kostenoptimierung der kleinen Elektrofirma steht, darf zumindest bezweifelt werden. Der 41-jährige Angeklagte ist einschlägig vorbestraft. Bereits im Jahr 2007 musste er sich wegen des Vorwurfs Vorenthalten und Veruntreuungt von Arbeitsentgelt vor dem Leonberger Amtsgericht verantworten – er wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Die Taten, die im aktuellen Prozess verhandelt werden, hat der Firmenchef teilweise noch während seiner laufenden Bewährungsfrist verübt. Auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt stehen bis zu fünf Jahre Haft – keine guten Vorzeichen für das Ehepaar. „Ohne meinen Mann bricht die Firma zusammen“, sagt die 37-jährige Angeklagte, „und ohne die Firma können wir die Schulden niemals bezahlen.“

Der Prozess hat den beiden Beschuldigten sichtlich zugesetzt. Mehrere Pausen sind nötig, die 37-jährige Ehefrau hatte offensichtlich Kreislaufprobleme. „Meine Mandantin kippt mir grade in sich zusammen“, sagt der Rechtsanwalt und stützt die zitternde Frau.

Das Ehepaar will den Schaden wieder gutmachen

„Die Eheleute sind eine absolute Ausnahme“, stellt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer fest. „Es besteht die reelle Chance, dass sie den angerichteten Schaden in absehbarer Zeit wieder gut machen.“ Die beiden haben ihre Schuld offenbar eingesehen. Seit Januar bezahlen sie monatlich ganze 5000 Euro an die Krankenkassen zurück. Neben ihrem Job als Buchhalterin der eigenen Elektrofirma, arbeitet die 37-Jährige mittlerweile als Aushilfspflegerin in einem Altenheim. „Ansonsten könnten wir unsere Rechnungen nicht mehr bezahlen“, sagt sie.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten sich bereits vor Verhandlungsbeginn zusammengesetzt. „Mein Angebot lautet, ein Jahr und zehn Monate für den 41-Jährigen und ein Jahr Freiheitsstrafe für seine Frau, beides ausgesetzt zur Bewährung“, sagt der Vertreter der Anklage, „die einzige Bedingung wäre ein Geständnis.“ Die Antwort der Gegenseite: „Unsere Mandanten räumen alle Taten ein.“

Der Leonberger Richter Armin Blattner folgt in seinem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft. „Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre und sie müssen monatlich mindestens 3000 Euro an die Krankenkassen zurückzahlen“, sagt er in seiner Urteilsbegründung.

Der Richter hat auch nicht vergessen, noch eine Warnung dem 41-jährigen Angeklagten hinterher zu schicken: „Ein erneuter Verstoß in diese Richtung und sie landen im Gefängnis.“