Für ihr neues Buch „Bauernführer, Hexen, Mägde, Schultheißen – Porträts von Warmbronner Frauen und Männern“, das in der Reihe „Warmbronner Anstöße“ erscheint, hat sich die 75-jährige Renate Stäbler mit wissenschaftlicher Genauigkeit durch dicke Wälzer der Ortsgeschichte gewühlt.

Leonberg - Die Lesung in den Filialräumen der Warmbronner Kreissparkasse beginnt mit einem Mord, geschehen anno 1573. Der Bauer Jakob Müller nimmt ein Beil und erschlägt seine Frau. Zwar streitet Magdalena Brodbeck – die Liebhaberin des Bauern – ab, an der Tat beteiligt gewesen zu sein, doch auch sie wird zum Tode verurteilt. Magdalena wird ein Pfahl ins Herz gerammt, sie wird lebendig begraben. Willkommen im Spätmittelalter.

 

Für ihr neues Buch „Bauernführer, Hexen, Mägde, Schultheißen – Porträts von Warmbronner Frauen und Männern“, das in der Reihe „Warmbronner Anstöße“ erscheint, hat sich die 75-jährige Renate Stäbler mit wissenschaftlicher Genauigkeit durch dicke Wälzer der Ortsgeschichte gewühlt. Dabei habe sie entdeckt, dass Männer immer dann in den Dorfchroniken erwähnt worden seien, wenn sie als Dichter oder Männer des öffentlichen Lebens Großes geleistet haben. Frauen dagegen seien wesentlich schlechter weggekommen. „Ihre Namen tauchen meistens in negativem Zusammenhang auf, etwa als Hexen“, so die Historikerin aus Leidenschaft, die seit 1967 in Warmbronn lebt.

Von den Verfolgungen und Massenhinrichtungen der meist weiblichen Hexen vor 400 bis 500 Jahren war auch die Wahlheimat der gebürtigen Stuttgarterin nicht verschont geblieben. Sie bewegen, die Lebensschicksale, die Renate Stäbler anlässlich des Internationalen Frauentags aus ihrem neuen Buch vorliest. „Ich habe mich in jede einzelne Frauengestalt eingefühlt“, sagt die Autorin. „Wenn man etwa herausfindet, dass die als Hexe verurteilte Anna Maurer fünf Totgeburten erlitten hatte, ist das ein Hinweis darauf, warum sie sich zu den Vorwürfen nicht einmal geäußert hat“, so Stäbler. „Sie hatte sicher keinen Mut mehr zum Leben.“

Sie mag die widerborstigen Themen

Um widerborstige Themen habe sich Renate Stäbler schon gekümmert, als sie seine Vorlesungen im Hörsaal der Universität Stuttgart verfolgt habe, erinnert sich ihr Dozent, Professor Axel Kuhn. „Immer saß sie in der hintersten Reihe, um den jüngeren Studenten den Platz nicht wegzunehmen.“ Fünf Jahre lang, von 1995 bis 2000, haben Renate Stäbler und ihre Mitstreiterin, die im November 2010 verstorbene Journalistin Monica Mather, seine Vorlesungen als Gasthörerinnen besucht – Schwerpunkt Geschichte, was sonst. „Die beiden Frauen waren wissensdurstiger als manche ihrer jungen Kommilitonen“, so der Dozent im Ruhestand.