Aus einer Altlast für die Ewigkeit entsteht in einem extrem aufwendigen Verfahren neues Grün: Im kommenden Jahr könnten Neuanpflanzungen möglich werden – wenn die Abdichtungsbahnen aus Kunststoff geliefert werden.

Es ist in Leonberg ein Mammutprojekt, das für die nächsten Jahre eine offene Wunde in die Landschaft rund um den 2006 eröffneten Aussichtspunkt „Eltinger Blick“ schlägt: Um das Grundwasser an der ehemaligen Leonberger Kreismülldeponie vor möglicherweise schädlichem Sickerwasser zu schützen, wird jetzt die Oberfläche der Halde versiegelt. Bis 2026 dauern die Arbeiten an der Deponie, in der zwischen 1963 und 1999 rund fünf Millionen Kubikmeter Müll eingelagert wurden. Mit dem Bau des Restmüllheizkraftwerks Böblingen wurde sie dann 1999 geschlossen und renaturiert. Sie war zuletzt gut bewachsen und als Mülldeponie nicht mehr erkennbar.

 

„Das konnte nicht von vornherein gemacht werden, weil sich der Müll auf der Deponie erst einmal setzen musste und das dauert etliche Jahre“, erklärt der Projektleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs, Thomas Schweizer. Das Problem ist zudem, dass damals die Basis des Müllbergs nicht zum Grundwasser hin abgedichtet wurde. „Heute würde man eine Deponie so nicht mehr planen, sondern unten an der Basis eine Wanne einbauen mit Möglichkeiten, das Sickerwasser und das entstehende Gas abzuleiten“, sagt Schweizer, „aber damals war die Technik noch nicht so weit.“ Auch ein komplettes Abtragen des Altmülls als Alternative zur Abdichtung wäre laut Schweizer technisch nicht vorstellbar. So bleibt als einzige Möglichkeit die Abdichtung von oben, damit weniger Wasser einfließen kann. Das ist aufwendig, langwierig und teuer. Das dafür notwendige Geld – mindestens 21 Millionen Euro – wurde in Rücklagen bereits angesammelt. Dass Folgekosten entstehen würden, war keine Überraschung. „Eine Deponie hat drei Lebensphasen“, erklärt Schweizer, „eine Einrichtungsphase, dann die Betriebsphase und schließlich die Nachsorge, für die allein um die 50 Jahre veranschlagt werden, aber im Prinzip bleibt eine Mülldeponie eine Altlast für die Ewigkeit.“

Lieferprobleme wegen Ukraine-Kriegs

Allerdings kommen jetzt aktuell durch den Krieg in der Ukraine höhere Preise für Baustoffe hinzu. Das betrifft insbesondere die benötigten Kunststoffbahnen, die aus Erdöl gefertigt werden, aber auch andere Baustoffe. „Wir müssen abwarten, was auf uns zukommt und wie wir mit diesen Problemen umgehen“, heißt es.

Im Juni des vergangenen Jahres begannen erste Vorarbeiten für eine langfristige Sicherung der Deponie. Die dort vom Bürgerverein Eltingen über viele Jahre aufwendig gepflegten Biotope sind bereits auf eine Ersatzfläche umgezogen, der Hang wurde gerodet und die aktuellen Erdarbeiten sind weithin sichtbar. In den nächsten vier Jahren wird ein über drei Meter starkes Dichtungspaket aufgebracht, das aus mehreren Schichten besteht. Ganz unten gibt es eine Ausgleichsschicht aus Recyclingmaterial, dann folgt eine Tonabdichtung und dann die Kunststoffdichtungsbahnen. Darauf wird eine textile Schutzschicht aufgebracht, schließlich folgt Schotter als Entwässerungsschicht und ganz am Ende eine zwei Meter dicke Rekultivierungsschicht.

Erfahrung damit hat man im Landratsamt bereits mit den Kreismülldeponien in Böblingen und Sindelfingen, Böblingen ist bereits seit zehn Jahren renaturiert, in Sindelfingen sind die Abdichtungsarbeiten 2016 abgeschlossen worden. Eine Besonderheit der Leonberger Mülldeponie im Vergleich zu ihren Schwestern ist, dass hier nicht einfach eine Senke verfüllt wurde, sondern, dass terrassenförmig in den Hang hinein die Deponie über die Jahre gewachsen ist.

Das verkompliziert nun die Abdichtungsarbeiten. Denn um die verschiedenen Schichten aufzubringen, muss der Hang eine gleichmäßige Neigung haben. Nur dann können die Kunststoffbahnen aufgebracht werden. Ein sehr aufwendiges Verfahren, denn jede Bahn muss mit der benachbarten Bahn verschweißt werden. Zudem können die Kunststoffbahnen nur bei Temperaturen ab acht Grad verlegt werden, also in der Regel von April bis Oktober.

Im nächsten Jahr könnte das erste Pflänzchen wieder anwachsen

Die ersten sechs Kunststoffbahnen liegen bereits auf dem Rübenloch. In wenigen Wochen könnte darauf der Rekultivierungsboden aufgebracht werden. Insgesamt muss eine Fläche von 14 Hektar abgedeckt und renaturiert werden. Der höchste Punkt auf der Deponiekuppe, der „Eltinger Blick“, wird voraussichtlich 2027 wieder eröffnet.